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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0327
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Kirchenordnung Kaspar Löners 1544

hen alter6 ordenlich - die man sampt iren söhnen
und knechten zur rechten und die weiber sampt
iren töchtern und magden zur linken7. Da sollen sie
entweder durch mich oder meiner mitdiener einen
erstlich aufs kurzest unterrichtet, mit vermahnet
und darnach absolviret werden, wie aufs wenigst
solchs alles hoch von nöten ist.
Wies an sontagen und festen soll
gehalten werden:
An sontagen und festen solte früe im somer umb
funf ore und im winter umb sechse ein kurzes frue-
ambt furnemlich fur die ehehalten8 und das gesinde
gehalten werden. Dem solt dazumal ein kurze ver-
mahnung geschehen nach einem psalm und mit dem
gebet geschlossen werden anstatt der metten.
Unter9 oder von stund an auf dis ambt solte auf
dem berg10 oder,wie bequemer were, in dem kloster11,
dafür auch in dem spital dem volk das evangelium
und nichts anders gepredigt und darauf das sacra-
ment gereicht werden, also daß der helfer, so den
berg versorgen soll, fertig were und kunde in der ho-
hen pfarrkirchen helfen das abendmahl handeln, die

6 Vgl. Anm. 4.
7 Blick auf den Altar! Diese Verteilung der Geschlech-
ter im Kirchenraum ist schon in altkirchlicher Zeit
üblich geworden und hat sich auch anderwärts
im evangelischen Gemeindeleben lange erhalten
(Braun 116f. 202.- Sehling 11, 713. 736).-Siehe
auch oben S. 94!
8 Die in die Hausgemeinschaft aufgenommenen
Dienstboten (Schmeller 1, 8).
9 Im Sinn von unmittelbar nach (infolge der üblichen
Verwechslung mit hinter [Schmeller 1, 115. 1136]
und unter dem Einfluß des lateinischen sub).
10 In der Emmeramskirche (vgl. Einleitung S. 273).
11 = Karmeliterkloster. 12 = Nähermemmingen.
13 In der Vorlage steht hier als offenbares Versehen
,,gesport“. - Löner war hier noch nicht recht im
Bilde. Von Nähermemmingen war der näher bei
Nördlingen gelegene Teil immer nach Nördlingen
eingepfarrt. Der andere bildete eine eigene Pfarrei,
deren Patronat 1367 an das Spital in Nördlingen ge-
kommen war und seither von der Stadt ausgeübt
wurde. Das etwas entfernter liegende Utzmemmin-
gen gehört zur Grafschaft Oettingen-Wallerstein und
blieb deshalb katholisch (Steichele 3, 1262—1265).
Die Pfarrei Nähermemmingen war damals also nicht
besetzt, sondern wurde von Nördlingen aus versehen

epistel oder das ewangelium lesen. So solt auch der
ander helfer, so Memingen12 versorgen soll, bei dem
ambt sein, welches meins versehens wol kunt ge-
schehen, dieweil dasselbige dorf, wie ich höre, in ein
anders - Utzmemingen - gepfarrt13 ist und aus
mangel eines cristenlichen pfarrers, den man wol be-
kumen kunt, durch den helfer diser kirchen versorgt
muß werden.
Das hohe tagampt, so bisher die meß genannt ist
worden, soll gehalten werden von siben uren an im
sommer bis auf neune, im winter aber von achte an
bis auf zehene wie volget:
An hohen festen soll der pfarrer selbs das hohe
ampt halten, an den andern aber und suntagen der
alte pfarrer14 in seiner geburlichen kleidung15 fur den
alter kumen, alda die absolution von einem seiner
mitdiener empfahen auf sein Confiteor16 hin.
Indes sollen zwen chore - einer der schulen, der
ander des volks - an hohen festen singen umb ein-
ander Kum, hailiger Geist, alle drei gesetze aus. An
andern festen aber und sonntagen Nun bitten wir den
Heiligen Gaist mit allen seinen gesetzen.
Wen das aus ist, sol der celebrant sich zu dem
volk wenden oder, so man je wollt im chor bleiben,

(der bei Dolp 102f. für diese Zeit aufgeführte
Pfarrer K. Degen war nur Diakonus in Nörd-
lingen). 1546 wurde die Stelle wieder besetzt
mit Melchior Piscator (Gg. Buchwald, Witten-
berger Ordinierten Buch 1 [Leipzig 1894] Nr. 778. -
Das Ordinationszeugnis in Nördlingen, Stadtbiblio-
thek [Abb. in: Friedr. Baum und Chr. Geyer,
Kirchengeschichte für das evangelische Haus. Mün-
chen 19023. Bei S. 587]).
14 Johannes Übel (vgl. Einleitung S. 277 f.).
15 Also im Meßgewand.
16 Also in der Form, wie sie später im Ordo missae
festgelegt wurde. — Hiemit ist also eine nur für den
Geistlichen und seinen Ministranten bestimmte
Rüsthandlung gemeint wie Brandenburg 1540 (Seh-
ling 3, 67f.) und Pfalz-Neuburg 1542 (Richter 2,
27) oder - auf den Geistlichen beschränkt — Branden-
burg-Nürnberg 1533 (Sehling 11, 188) und in V.
Dietrichs Agendbüchlein 1543 (Sehling 11, 495).
Ob sie sich nur auf das Confiteor und das Misereatur
samt dem Indulgentiam im engsten Sinn bezieht
oder ob damit das ganze Stufengebet, das übrigens
in den Meßbüchern vor 1570 nicht enthalten ist,
sondern anderweit bekannt sein muß (Braun 324),
der Messe gemeint ist, läßt sich nicht entscheiden
(Klaus, Rüstgebete, in: Leiturgia 2, 544ff.).

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