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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0330
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Nördlingen

Der catechismus.
Alle freitag soll umb zwai nachmittag bis auf
dreue der claine catechismus, wie ich den in truck
geben wellt40, fur die ganze jugend in und außer-
halben der schulen gehalten werden, also daß ein
jeder schulmaister - teutsch und lateinisch - seine
catechumenos, das ist: schuler, die noch an dem teu-
schen catechismo lernen, herein in die kirchen bringe,
selbs verhöre in meiner gegenwärtigkeit als des su-
perattendenten und pfarrers, auf daß ich wisse, wie
meine pfarrkindlin im glauben underwisen werden.
Die aber nicht in die schulen gen, sollen durch die
helfer geleret und underwiesen, auch verheret dazu-
mal werden.
Darzu wellen sonderiiche stelle41 in der kirchen
und benklein von noten sein, die man kan alwege
nach der lere und verhere des catechismo wegnehmen
und auf einen ort legen.
Von den schulen.
Dieweil auch mein amt erfordern will, ein fleisig
aufsehen auf den schulen ze haben, so wil ich hiemit
euere erbare weisheit hiemit guter meinung und
underteniglich ein großen merklichen gebrechen an-
gezaigt haben, den ich an den schulen hie hab, und
gebeten, daß euere erbare weisheit welle auf wege
und mitel denken, damit solchs mit der zeit gewan-
delt werd, so will ich auch meinem muglichen fleiß
furwenden. Nemlich sund der teuschen schulen zu
vil und das volk ist mehr genaigt zu den teuschen
schulen den der lateinischen mit großem verderb-
lichen schaden nicht allein ihr selbs und irer kinder,
sondern auch diser und andern gemeine Gottes auf
erden, da das das greste ist, zu merklichem abbruch
göttlicher ehrn, welches alles die leute wol möchten
vorkommen42, wen si ihre kinder, wo nicht alle,

40 Eine erste Ausgabe von Löners Katechismus war
schon 1529 erschienen (Cohrs 3, 463-480. - Reu,
Quellen 1, 627-640). Er erschien unter dem Titel
,,Der klaine Catechismus das ist ein kurzer under-
richt der christlichen jugent... in gesprächs- und
gesangsweise“. Ohne Druckort und -jahr (Wacker-
nagel 1 S. 42lf. - Reu, Quellen 435f. - Ein Stück
in der Kirchenbibliothek Nördlingen). - Er sollte
den Katechismus von Kantz von 1542 ersetzen
(Reu, Quellen 1, 433ff. 597- 627).
41 Stal = Ort zum Stehen und Sitzen (Lexer 1130),

doch das merer tail und die, so dazu geschickt be-
funden wurden, ließen in die lateinische schul gen,
darin si doch dasselbig, so si in den teuschen lernen,
ebensowol lernen möchten als schreiben, lesen und
rechnen und über das noch die sprachen, sonderlich
das latein, die musica und anders meer, so große
gaben Gottes seind, die auch die leute hohe herfur-
bringen for der welt, oft armer leut kinder zu gro-
ßen güetern und ehrn, zu dem, das dieselbigen auch
zur kirchen ghalten werden und fur andern Gott
dienen, loben und preisen, auch der gemaine Gottes
nicht ein geringe ehr seind, wie das gegenspil nicht
ein geringe unehre.
Ich zwar als pfarrer und superatendent will nicht
allein ein fleisigs aufsehen haben auf die lateinischen
schulen sonderlich, sondern auch selbs darin leren,
das sunder zweifel der jugend nutz soll sein, guter
zuversicht, euere erbare weisheit werden sonder
zweifel auch darzu helfen und darob halten, wie nur
widerstand ob solchem meinem vleiß geschen wollt.
Wie und wen die taufe gereicht
sol werden.
Mein gut bedunken und bedenken ist, daß man die
kindlein zur taufe bringen, wen die gemeine Gottes
versamlet ist oder wen aufs wenigst das amt vor
oder nach mittag gehalten wird, daß die taufe ehr-
lich gehandelt und mit gesingen und durch die glau-
bigen furbitt den kindern der taufe nutze zu empfa-
hen desto stattlicher geholfen werd. Dazu ist auch
mein bit, euere erbare weisheit wöllen den taufstein43
umbgittern und ziern lassen. So will ich den dienern
der kirchen die form zum taufe stellen und auch eine,
wie si es mit den jackgetauften kindlein halten
sollen44, auch die ammen, weh- oder hebmutter fur
mich fordern, von in erlernen, wie sie mit den ge-
besonders auch Chorstuhl in einer Stiftskirche
(Braun 324).
42 = verhindern, ihm zuvorkommen (Schmeller 1,
1248. - Grimm 4 I 760ff.).
43 Aus dem Jahre 1492 (KDB Nördflngen 89. 101
Abb. 63).
44 Die Naumburger Ordnung enthält weder das eine
noch das andere. Die dann von Löner vorgelegte,
aber nicht erhaltene Form schloß sich, wie sich aus
dem Bedenken der Ratskommission ergibt, ganz an
die Nürnberger Ordnung an, enthielt also insbeson-

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