Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0409
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung von 1579

haißung von vergebung der sünden, ewigen leben und
gerechtigkait ist nit ein licht, uns von der natur an-
geboren, sonder ein wunderbarer rat Gottes, uber
und außer aller creaturen verstand. Darumb ist der
anfang der christlichen lehre vom lesen etc. und
2. Petri. 1 [18] ist also geschriben: Ir tuet recht dar-
an, das ir vleiß tuet in der propheten schrift und
euch da.ran halten als zum liecht im finstern etc.
Daraus dann offenbar und wol zu verstehen, das
Gottes ernstlicher will und bevelch ist, das etliche
menschen seien, die im lesen, schreiben, sprachen,
künsten andere underweisen und lehren, und hin-
wider etliche besondere zuhörer, die da lernen und
zu erhaltung der büecher, sprachen und christlichen
lehr und künsten dienen.
Und ist dises beeden, den lehrern und zuhörern,
tröstlich, daß si wissen, das dise ir arbait von Gott
gepoten und Gott gefällig ist und das Gott darbei
sein und wölle verstand und gnaden geben, wölle
auch sonst für si sorgen, wie er zue den leviten ge-
sagt hat: Ich bin euer erbe etc. [5. Mose 10, 9].
Dise erinnerung soll man mit gebürender andacht
bedenken, auch dem gemeinen volk fürhalten und
bekannt machen, die gottsfürchtige dardurch zu
ermahnen, das si nit allein ire kinder geren lernen
lassen, sondern auch desto lieber und milter die
schuelen helfen befürderen und erhalten, wie
Paulus zue Tito [3, 1] geschriben hat: Die unsere
sollen lernen, daß si zue regierung in gueten werken
tüchtig seien, Item zu den Ephesern [6,4]: Ir väter
solt eure kinder ufziehen in göttlicher zucht und
underweisung etc.
Machdem nun alle verstendige wissen, das nit
allein kinderschuelen, darin man die lateinisch

38 Rich. Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechts-
geschichte (Berlin 19226) 249. - Kaiser Lothar I.
840-855.
39 Schon unter Superintendent Runtzler zwischen 1560

grammaticam und catechismum lernen mueß, notig
sein, sondern man muß auch die sprachen hebräisch
und griechisch erhalten, item die prophetische und
apostolische schriften auslegen, item historias und
mathematica wissen, als welches alles zue geist-
lichen und weltlichen regimenten notwendig. So be-
darf man auch sonsten zum menschlichen leben den
schönen schatz der arznei, darvon man auch nichts
wüßte, wann Gott nicht etliche erweckt hette, die
für die nachkommen gearbaitet und dieselbe lehre
in büecher gefaßt hetten.
Weiter ist auch Gottes will, das man in landen und
stetten gewisse vernünftige recht hab, wie dann der
hochlöblichist kaiser Lotharius sonderbar verordnet
und gepoten, das die alte wolgeschribne römische
recht wider und in gemein gebraucht und gelesen
werden sollen38. Derowegen haben auch wir craft
uns von dem Allmechtigen anbevolhenen ampts vor
der zeit die lateinische schuel nach gelegenheit und
notturft diser stat lassen reformirn und uf ein ge-
wisse ordnung fundiren39. Die gedenken wir noch-
malen vermittelst göttlicher gnaden zu erhalten,
darbei auch alles das miltiglich darzustrecken, was
die gebur und notturft erfordern und nutzlich sein
würd.
Ist demnach unser ernstlicher will und bevelch,
das nit allein obberüerte schuelordnung mit vleiß
gehalten, sondern das auch die lateinische schuel zu
gewissen und ungewissen zeiten durch die darzue
verordnete visitirt und, was sowohl in der schuel-
ordnung zu bössern als auch in andere weg zu endern,
mit gesambten rat getreulich und vleißig beratschla-
gen, fürnemen und in das werk richten etc.

und 1564 (Geyer, Kirchenordnungen 58). Ihr Text
folgt in der hier als Vorlage benützten Handschrift
unmittelbar hinter diesem Teil. Er wird aber dem
Plan dieser Ausgabenreihe gemäß nicht abgedruckt.

393
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften