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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0023
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Das Werden evangelischer Kirchen und ihre äußeren Schicksale
In diesem letzten bayerischen1 Band werden die Kirchenordnungen vorgelegt, die im baierischen
Reichskreis entstanden. Dieser2 deckte den ganzen Ostraum des heutigen Bayern (mit Ausnahme seines
nördlichsten Teiles), stieß aber in Pfalz-Neuburg auch bis an seine Westgrenze vor. Er hatte seinen
Mittelpunkt im Herzogtum Baiern, das erst kurz vor Beginn der Reformationszeit aus Baiern-München
und Baiern-Landshut zu einem einheitlichen Staate zusammengewachsen war, dabei aber auf einen
Teil von Baiern-München hatte verzichten und diesen als Herzogtum Pfalz-Neuburg entstehen lassen
müssen. Neben dieser ,,Jungen Pfalz“ gehörte noch ein Teil der alten Pfalz, der Kurpfalz, zum Baie-
rischen Kreis - die Kuroberpfalz. Eine einzige Reichsstadt lag in ihm - Regensburg. Ebenso waren
lediglich eine Landgrafschaft - Leuchtenberg - und zwei Grafschaften - Haag und Ortenburg - Glieder
des Kreises. Der Adel war fast durchweg landsässig gemacht. Im Süden hatte sich nur die Herrschaft
Hohenwaldeck der Herren von Maxlrain gehalten. Im Norden lagen die Herrschaften Störnstein und
Sulzbürg-Pyrbaum. Außerdem gelang es hier der Ganerbschaft Rothenberg, ziemliche Unabhängigkeit
zu gewinnen. Innerhalb von Pfalz-Neuburg hielten sich ebenso Bächingen und Haunsheim frei.
Zahlreicher war dagegen die Geistliche Bank besetzt. Neben dem Erzstift Salzburg, den Hochstiften
Freising, Passau und Regensburg, die aber alle innerhalb des baierischen Raumes keinen sehr großen
Besitz hatten, war da noch eine Beihe kleinerer Herren, wie etwa die Propstei Berchtesgaden, die Abtei
St. Emmeram und die Damenstifte Obermünster und Niedermünster. Das Stift Waldsassen wurde eben
von Kurpfalz unter seine Botmäßigkeit gebracht. So stand es der Reformation offen. Die übrigen geist-
lichen Territorien blieben ihr verschlossen.
Als Einsprengsel lag in diesem sonst dem baierischen Kreis eingegliederten Raum die dem zum
Fränkischen Reichskreis gehörigen Bischof von Bamberg zustehende Stadt Vilseck.
Alle weltlichen Gebiete, die von der evangelischen Bewegung so stark ergriffen werden konnten, daß
es hier zum evangelischen Kirchenwesen kam, haben rein äußerlich miteinander gemein, daß sie alle in
irgendeiner Weise Randgebiete waren und daß sie alle unter dem dunklen Schatten des Herzogtums
Baiern lagen.
Das gilt zunächst für Kuroberpfalz. Als Randgebiet des wittelsbachischen Landblockes in Bayern
wurde sie, die damals freilich noch nicht den späteren Umfang hatte, 1329, als Kaiser Ludwig der Baier im
Hausvertrag von Pavia die ganzen baierischen Lande mit seinem Bruder Rudolf teilte, mit der Rhein-
pfalz und der Kurwürde der rudolfinischen Linie zugeteilt3. Sie erhielt jetzt als der höher gelegene Teil
der Pfalz den Namen Oberpfalz. Sie lag nun erst recht am Rande; denn zwischen den am nächsten bei-
einander gelegenen Grenzen der unteren und der oberen Pfalz dehnten sich gut 150 Luftkilometer.
Einer Randlage verdankt auch die Junge Pfalz ihre Entstehung. Ihr Gebiet war der Nordwestteil
des früheren Herzogtums Baiern-München, das seit 1449 noch allein von den Zweigen des ludwigischen
Astes der Wittelsbacher neben Baiern-Landshut stand. 1503 beim Tod Georgs des Beichen von Landshut
standen beide Teile wieder vor dem völligen Zusammenschluß. Da bestimmte nun dieser in Widerspruch
zu älteren Rechten testamentarisch, daß sein ganzer Besitz nicht dorthin, sondern an seine Tochter
Elisabeth und deren Gemahl Rupprecht, einen jungen pfälzischen Prinzen, fallen sollte. Darüber ent-

1 Um sonst unausbleibliche, ständige Unklarheiten zu verhüten, wird das Land Bayern (seit 1803) mit y, dasfrühere
Herzogtum Baiern mit i geschrieben und dementsprechend bayerisch und baierisch geschieden.
2 Karl Zeumer, Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung ... Tübingen 1913. 327. - C.
W. von Lancizolle, Übersicht der deutschen Reichsstandschaftsverhältnisse. Berlin 1830. 12. 15f. - Zu den
evangelischen Gebieten: Simon, Atlas, Stichworte und Blatt 1580.
3 Riezler 2, 389f.

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