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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0030
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sehr schweren Kämpfen, während sich Regensburg und Pfalz-Neuburg zu scharfen Abwehrmaßnahmen
gezwungen sahen.
So brachte, was zur Erreichung der Einheit und zur Errettung der Hugenotten in Frankreich im
Gesamtprotestantismus begonnen worden war, die Zerstörung der religiösen Einheit im eigenen Lande
und im deutschen Protestantismus. Es kam in Kuroberpfalz zu Erscheinungen, die sich von den gleich-
zeitigen Vorgängen in Frankreich nur gradweise unterschieden - auf seiten des Landesherrn zum Bruch
feierlicher Versprechungen und Verträge, zur Entlassung lutherischer Beamter und lutherischer Geist-
licher, auf seiten der bedrängten Lutheraner zur Verweigerung der Huldigung, zu mancherlei Unruhen
im ganzen Land, zum Totschlag in Tirschenreuth. Ein Ende dieser Zustände kam erst, als beide - die
kalvinischen Bedrücker wie die lutherischen Dulder - vom gemeinsamen Gegner, der katholischen
Gegenreformation, vernichtet wurden.
Das geschah, als 1619 Friedrich V. - wieder unter dem Einfluß seiner Idee von der Rettung des
europäischen Gesamtprotestantismus - die ihm angetragene böhmische Königskrone annahm. Er verfiel
nach seiner Niederlage am Weißen Berg bei Prag der Reichsacht. Sein Land kam an Maximilian
von Baiern, der nun mit den schärfsten Mitteln die volle Gegenreformation durchführte.
Pfalz-Neuburg war schon vorher diesem Schicksal erlegen. Sein Erbprinz Wolfgang Wilhelm war 1614
zur katholischen Kirche übergetreten und hatte nicht gezögert, sein Land gewaltsam den gleichen Weg zu
führen. Nur das dabei entstehende Herzogtum Sulzbach und die Gemeinschaft Parkstein-Weiden konn-
ten evangelisch bleiben, auch das nur unter Simultanverhältnissen, die sie zu leidgeprüften Kirchen unter
dem Kreuz werden ließen.
Völlig vernichtet wurden infolge ihrer engen Verbindung mit der Oberpfalz auch die Ganerbschaft
Rothenberg und die schon längere Zeit in katholischer Hand - der Herren von Lobkowitz - befindliche Herr-
schaft Störnstein34. Auch in Neuburg am Inn hörten die Hausgottesdienste auf. 1627 fügte sich der
Besitzer dem Befehl seines Lehensherren, des Kaisers Ferdinand35.
Auch der Bischof von Bamberg führte nun (seit 1609) in seiner Stadt Vilseck die Gegenreformation
durch. 1615 wurde unter Entlassung des Stadtpredigers ( = Pfarrers) die Stadtkirche wieder katholisch.
In der Spitalkirche wurde aber bis 1621 noch evangelische Mitbenützung durch den Diakonus geduldet36.
Außer den simultanen Gebieten Sulzbach und Weiden entgingen nur die Reichsstadt Regensburg,
die Grafschaft Ortenburg und die Herrschaft Wolfstein, die 1740 an Kurbaiern fiel, dem Schicksal der
Gegenreformation. Sie wurden bei der Entstehung des Bayerischen Staates Glieder der sich nun bilden-
den bayerischen Landeskirche.
Dieser Staat verdankt seine Entstehung wesentlich den pfälzischen Gebieten. 1685 starb die kur-
pfälzische Linie der Wittelsbacher aus. Gebiet und Kurwürde fielen an Pfalz-Neuburg. 1742 erlosch auch
diese Linie. Ihre Erbschaft trat der Herzog von Sulzbach an. 1777 erlosch auch die Linie im alten
Herzogtum, dem späteren Kurfürstentum Baiern. Auch sie fiel an den Herzog von Sulzbach, den pfäl-
zischen Kurfürsten. 1799 starb auch er erblos. Die ganze reiche Erbschaft kam an die Linie Pfalz-Zwei-
brücken-Birkenfeld, die in Aussicht auf diese Erbschaft 1749 katholisch geworden war. Der Umstand,
daß der ganze Besitz dieser Linie sowie ein beträchtlicher Teil der alten Kurpfalz und des nieder-
rheinischen Besitzes Pfalz-Neuburgs, im Frieden von Campo Formio an Frankreich abgetreten worden
war, brachte dem neuen Kurfürstentum Baiern im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 als Ent-

34 Evang.-luth. Pfarramt Püchersreuth. Pfarrbeschreibung (MS). - Simon, EKGB 541. - Brenner-Schäfer
[ = Anm. 11] 54f.
35 Stieve, (= Anm. 18.) 1, 38f.; 2, 53. 95. — Simon, EKGB 400.
36Weigel, Vilseck 100-111.

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