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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0043
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im Gesamtaufbau beachtliche Änderungen51. Der ungenannte Drucker war offensichtlich wieder Petrejus
in Nürnberg.
Im Herbst erschien dann eine neue Auflage des Buches aus der gleichen Druckerei - diesmal in
Oktavformat. Sie ist mit zahlreichen Holzschnitten von der Hand Matthias Gerungs geschmückt. In ihr
steht die neue Taufordnung mit dem Vermerk, daß die Taufordnung der 1. Ausgabe nur durch ein
Druckversehen stehengeblieben sei52.
Die Kirchenordnung wurde sogleich auch von der Pfarrei Weiden übernommen. Das ergibt sich
daraus, daß dort ein 1544 begonnenes Tauf- und Ehebuch vorhanden ist, die Führung solcher Bücher
aber in unserer Kirchenordnung vorgeschrieben wurde53. Wieweit sie sonst in der Gemeinschaft Park-
stein-Weiden Verwendung fand, hing von der Haltung der jeweiligen Geistlichen ab. Der andere Inhaber
des geteilten Hoheitsrechtes (Kurpfalz) hüllte sich ja noch in Schweigen, freilich nicht mehr lange.
Volle Übernahme konnte in der Gemeinschaft die neuburgische Kirchenordnung wohl finden, als
1547 eine Neuausgabe von ihr erschien54.
Ein deutlicher Beweis dafür, daß die Reformation den Wünschen des Volkes entsprach, ist auch
schon, daß Ottheinrich bei seiner sehr schwierigen Finanzlage55, die er bereits übernommen, durch seine
künstlerischen Neigungen aber noch erheblich verschlechtert hatte, nicht hätte wagen können, sie gegen
den Willen der Landstände vorzunehmen. Man darf im Gegenteil in ihnen die Förderer von Ottheinrichs
Maßnahmen sehen56. Wie sehr diese aber damit einverstanden waren, zeigte sich gleich im nächsten
Jahre, als sich der Pfalzgraf gezwungen sah, den Landständen die Regierung und die gesamten Ein-
nahmen des Landes zu überlassen, wofür diese dann die ganzen Schulden des Pfalzgrafen übernahmen57.
Die Religionspolitik aber blieb dabei völlig unangetastet und unangefochten.
Über die weitere Entwicklung des jungen Kirchenwesens ist Näheres um so weniger bekannt, als
kein auch nur einigermaßen zur Führung geeigneter evangelischer Geistlicher im Lande war oder ins
Land geholt werden konnte, so sehr sich Ottheinrich auch darum bemühte58. Adam Bartholomäi59, der

51 Sehling 11, 179ff. - Die Abweichungen sind aufgezeigt bei Höfling 2, 50-86.
52 Siehe unsere Nr. I 2 im textkritischen Apparat!
53 Ein weiteres Kirchenbuch aus jener ersten Zeit ist noch als Zeugnis für die Geltung dieser Ordnung in Sulzbach
erhalten. Die dortige Gegend erkaufte noch im Jahre 1546 die Kurpfalz (Max Piendl, Herzogtum Sulzbach
[ = Historischer Atlas von Bayern, Altbayern 10] München 1957. 10). So blieben ihre Pfarreien von der folgenden
Gegenreformation, der auch sonst noch angelegte Kirchenbücher zum Opfer fielen, verschont.
54 Siehe unten S. 25 und S. 260!
55 Diese Geldschwierigkeiten hatten Ottheinrich schon 1542 veranlaßt, seine Ämter Allersberg, Heideck und Hilpolt-
stein an Nürnberg zu verpfänden. Die Reformation in ihnen wurde daher seit November 1542 durch die Reichsstadt
durchgeführt (Heinz Dannenbauer, Die Nürnberger Landgeistlichen ... bis 1561, in: ZbKG 8 [ 1933] 227-230;
9, 40-51; 25, 107—151. — Klaus, Dietrich 202f. — Sehling 11, 481f.).
56 Ad. Hasenclever, Zur Geschichte Ottheinrichs von Pfalz-Neuburg 1544, in: ARG 1 (1903/04) 396-402.
57 Lipowsky 199ff. - Schottenloher, Ottheinrich 5. - von Reitzenstein 193. - Rall 12. - Vgl. auch den Schul-
denübernahmevertrag der Landstände im Jahre 1554 (Struve 37-42. - Lipowsky). Daß ihre Haltung nicht
ganz einheitlich war (Böhaimb 20, 56ff.), kann nicht wundernehmen.
58 Weber-Heider 16f.; 20, 43-47. — Traug. Schieß, Briefwechsel der Brüder Ambrosius und Thomas Blarer.
2 (Freiburg i. Br. 1910) 204.
59 Bartholomae (Bartlme), geb. Mattsies bei Mindelheim. - 1527 Heidelberg immatrikuliert, 1530 Magister. -153.
Lohrbach (LKr. Mosbach), 1533 Aschaffenburg Prediger, 1534 Brüssel Prediger und Chorherr, 1539 Bretten
Pfarrer, 1541 Heidelberg Magister legens, Lic. theol, 1542 Neuburg Hofprediger, 1546 Heidelberg Hofprediger des
Kurfürsten Friedrich II., 1549 Ulm Leiter des Kirchenwesens zur Einführung des Interims, Juni 1554 bei Wieder-
herstellung des evangelischen Kirchentums entlassen, Oktober 1554 (nach Widerruf seines Luthertums und Ent-
lassung seiner Ehefrau) München Frauenkirche Chorherr, bald auch Stiftsdekan, 1571 Ruhestand.
Er ging diesen Weg, obwohl 1546 in Neuburg sein Glaubensgenosse und Gastfreund (Rott 54) Juan Diaz
um seines Glaubens willen von seinem Bruder ermordet und der Mörder vom päpstlichen Gericht mehr einer Be-
lohnung als einer Strafe für würdig erklärt worden war (Friedr. Roth, Zur Verhaftung ... des ... Alfonso Diaz,

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