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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0047
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wähnt - wenigstens in Weiden selbst vor dem Schmalkaldischen Krieg Ottheinrichs damalige Kirchen-
ordnung gebraucht worden war19.
Als selbständige Veröffentlichungen erschienen gleichzeitig und zusammen mit der Kirchenordnung
eine Eheordnung und eine Schulordnung. Letztere entfällt für die Aufnahme in diese Ausgabe schon
nach deren ganzem Plan. Erstere ist überhaupt keine eigentliche Ordnung, sondern nur ein Bedenken,
das vor allem das Recht des Staates zur Regelung des Eherechtes betont — also erst recht keine Kirchen-
ordnung darstellt - und beschränkt sich auf die Aufstellung bestimmter Grundsätze, für die dann eine
volle Eheordnung in Aussicht gestellt wird. Von einer Aufnahme wird daher abgesehen20.
Zeigt sich in der Kirchenordnung schon deutlich die Abkehr von der sehr konservativen Haltung
Ottheinrichs bei der 1. Reformation, so wird das gleich noch deutlicher bei weiteren Maßnahmen. Ohne
laute Veröffentlichung wurde am 12. August 1555 eine Änderung äußerer gottesdienstlicher Formen
durchgeführt - der Bildersturm. Schon Brenz hatte in seinem Bedenken 1553 empfohlen, den Altar in
Neuburg so zu verändern, daß der Geistliche ihn bei der Konsekration zwischen sich und dem Volk
haben könne21. Im Juli 1555 hatte der Pfalzgraf dann in den Städten Lauingen, Gundelfingen und Höch-
städt a.d.D. die Beseitigung der Bilder befohlen22. Jetzt regte sein Rat Georg Fröhlich23 in Lauingen an,
daß alle Bilder und Feldkapellen im ganzen Land in großen Aktionen vernichtet werden sollten. Der
Pfalzgraf ging sofort darauf ein, schränkte den Plan aber sehr ein24. Die Form, in der die Beseitigung
erfolgen sollte, läßt vermuten, daß man bei der Bevölkerung nicht viel Gegenliebe für sie erwartete. Es
wird aber nirgends etwas von Widerspruch oder Unruhe laut25.
Für die geregelte Durchführung der Kirchenordnung wurde das Land wieder in Superintenden-
turen eingeteilt. Es geschah in der früheren Weise, daß in die großen, voneinander getrennten Gebiete,
die sich mit den Landgerichten deckten, Superintendenten gesetzt wurden. 1554 geschah das für Lauingen
( = Landgericht Höchstädt a. D.), Monheim ( = Landgericht Graisbach) und Neuburg a.D. ( = Land-
gericht Neuburg)26. Für den großen Nordgau wurde 1555 Johann Faber als Superintendent aufgestellt -
anscheinend mit etwas größeren Befugnissen und größerer Selbständigkeit, als sie sonst Superintenden-
ten zukam, was bei der Entfernung und Größe seines Sprengels durchaus verständlich ist27. Von dieser
Bestellung wurde jede einschlägige Pfarrei verständigt.

19 Siehe oben S. 23!
20 Beide Ordnungen sind bequem benützbar bei Hauß-Zier 99—113. — Dazu: Richter 2,146f. — Hauß-Zier 122f.—
Beide in der Ausgabe für Kurpfalz 1556, auch Sehling 14 Nr. 8 u. 9.
21 KGLA 4277f. 28v. 22 KGLA 4277f. 75.
23 Aus Lemnitz (Thüringen). - Nürnberg Stadtschreiber, 1536 Augsburg Stadtschreiber, 1548 nach dem Schmal-
kaldischen Krieg entlassen, 1552 nach dem Fürstensieg Augsburg Stadtadvolcat, 1553 nach der Verfassungsänderung
entlassen, 1553 Lauingen pfaIz-neuburgischer Rat - † 1576 (Max Radlkofer, Leben und Schriften des Gg. Frö-
lich, in: HVSchw 27 [1900] 46-132. - Friedr. Roth, Augsburger Reformationsgeschichte. München 2, 3 und 4
[1901-1911] [Reg.]). — Hans von Schubert, Lazarus Spengler und die Reformation in Nürnberg (=Quellen
und Forschungen zur Reformationsgeschichte 17). Leipzig 1934. 360.
24 Unsere Nr. I 6.- KGLA 4277f. 78f., 81-84. - Wenn in einem Sonderfall am 8. Dez. 1555 befohlen wurde, die
Bilder sollten „gar hinweggetan, zerschlagen und dermaßen verwüstet werden..., daß man sie ferner nit aufstellen
oder gebrauchen mög“, so erklärt sich das daraus, daß hier in einer der Landeshoheit nach umstrittenen Kirche
(Hohenthan) die von Pfalz-Neuburg entfernten Bilder von der Gegenseite (Stift Waldsassen) erneut aufgestellt
worden waren (MHStA, Stift Waldsassen, Fasz. 5 Nr. 34. - Brunner, Waldsassen 58f. - Neckermann 8. -
Götz, Bewegung 169f.).
25 Weber-Heider 70ff.
26 KGLA 4277f. 49. 97.- Zur Lage der Superintendenturen: Simon, Atlas. - Daß tatsächlich alle diese Superinten-
denturen schon damals errichtet wurden, steht nicht sicher fest, Rabus wird hier zwar nur für das Amt Graisbach
(samt Reichertshofen) ernannt; 1556 wird aber für das ganze Gebiet an der Donau nur er erwähnt (KGLA 4277
f. 108). - Kugler 46. 27 Siehe unsere Nr. I 7.

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