Der abschließende Ausbau unter den Pfalzgrafen Wolfgang und Philipp Ludwig
Mit Ottheinrichs kinderlosem Tode fiel 1559 Pfalz-Neuburg - getrennt von Kuroberpfalz - an
Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken1.
Wolfgang war bewußt lutherisch. Das zeigte sich sofort auch auf dem Gebiet der Kirchenordnung.
Was er in Neuburg vorfand, war ihm zu nüchtern. Das wird dann aber nicht ausgesprochen. Als Gründe
für die Einführung einer neuen Ordnung nennt später ihre Einleitung vor allem die mangelhafte Durch-
führung der bisherigen Ordnung, die Erzielung einer größeren Einheitlichkeit und die bessere Anleitung,
die die neue Ordnung bringe. Er wollte daher seine Zweibrückener Kirchenordnung (von 1557)2 nach
Neuburg übertragen. Diese war eine Mischung aus Stücken der Mecklenburger Kirchenordnung Me-
lanchthons3 mit solchen der Neuburger von 1554 4 ( = gleich der württembergischen von 1553) und enthielt
vor allem - wie schon die Neuburger - im Unterschied von der württembergischen statt des dort verwendeten
Katechismus des J. Brenz den Kleinen Katechismus Luthers. Sie war das persönliche Werk des bedeu-
tenden Kanzlers Ulrich Sitzinger5, der jetzt in dieser Eigenschaft nach Neuburg kam. An der Ordnung
war aber auch Wolfgangs Hofprediger Hieronymus Rauscher6 beteiligt gewesen. Lediglich um sich ihrer
Zustimmung zu dieser Ordnung zu versichern, lud jetzt der Pfalzgraf die Superintendenten zu einer Be-
ratung darüber für den 11. August 1559 nach Neuburg. Am 26. November 1559 folgte noch einmal eine
ausführliche Aussprache in Burglengenfeld, dessen Superintendent Faber7 offenbar der Führer des
Widerstandes war. Der Herzog nahm wieder persönlich teil. Die Bedenken richteten sich vor allem
gegen das in eine Rüsthandlung zugleich auch für die Gemeinde umgeformte Confiteor der Messe, bei
dem in Landgemeinden der Mesner die Gemeinde vertreten und für den Pfarrer Absolution erbeten
mußte, gegen die vielen lateinischen Gesänge, die neue aus der mecklenburgischen Ordnung übernommene
Abendmahlsvermahnung, die Wiederholung der Absolution (zumal nach einer Privatabsolution), gegen
den Wegfall einer besonders beliebten Danksagung nach der Kommunion und gegen die weitere Bei-
behaltung des Chorrocks. Die Haltung der Superintendenten wurde ungnädig aufgenommen. Sie wand-
ten sich daher hilfesuchend an Melanchthon. Obwohl sich ihre Einsprüche vor allem gegen Stücke aus
der mecklenburgischen Ordnung, die ja weithin auf Melanchthon zurückgeht, richteten, stimmte er ihnen
doch zu. Er brachte auch seinerseits noch neue Bedenken bei8 . Aber alles war vergeblich. Obwohl die
Geistlichen bei ihrer Ablehnung blieben, wurde die Kirchenordnung gedruckt9.
1 Siehe oben S. 9.- ADB 44, 76-82. - RE 21, 466-472; 24, 656. - Gack 177-182. - Medicus 1, 422-428; 2,
32-39. - Ney. - Beitelrock 2, 1-17. - Schottenloher 32 338-32 365.
2 Richter 2, 194-197. - Struve 55-59. - Ney 36f. - Waldenmaier 93f. - Althaus, Quellengeschichte 59f. -
Joh. Schneider, Der Entwurf der Zweibrücker Kirchenordnung von 1557, in: Zeitschrift für Kirchenrecht. 19
(1884). 440ff. - Walter Koch, Die Vorgeschichte der Zweibrücker Kirchenordnung von 1557, in: Blätter für
pfälzische Kirchengeschichte 24 (1957) 75-104. - Wolfgang Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes
in der Pfalz. 1 (Grünstadt 1959) 19—30.
3 Sehling 5, 161-219. - Richter 2, 115-128. - Waldenmaier 92ff.
4 Siehe oben S. 26!
5 Sitzinger von Holnstein. Geb. 1525 Worms. Nach Studium in Wittenberg (Schüler Melanchthons) 1551 Zweibrücken
Rat Herzog Wolfgangs, 1555 Kanzler, 1558 Neuburg Kanzler, 1562 Sulzbach Landrichter und Pfleger - † 1574
(ADB 34, 424-429. - Ney 36. 115. Anm. 46. - Sein Epitaph [KDB Sulzbach 90. - Evang. Gemeindeblatt
Sulzbach 4, 81] jetzt in der evangelischen Kirche. - Eine Monographie über ihn ist von Dr.Walter Koch in Zwei-
brücken zu erwarten).
6 Siehe oben S. 30!
7 Siehe oben S. 26.
8 Neuburg StA PfNA 6267f. 1-76; Rep. 13 Nr. 2138. - Wilh. Hartmann, Drei Briefe Ph. Melanchthons in
Sachen der Kirchenordnung, in: HVNeuburg 84 (1919) 30—38. — Weigel, Rauscher 164f. — Schottenloher,
Ottheinrich 85.
9 Waldenmaier 93f. - Althaus, Quellengeschichte 59f.
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Mit Ottheinrichs kinderlosem Tode fiel 1559 Pfalz-Neuburg - getrennt von Kuroberpfalz - an
Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken1.
Wolfgang war bewußt lutherisch. Das zeigte sich sofort auch auf dem Gebiet der Kirchenordnung.
Was er in Neuburg vorfand, war ihm zu nüchtern. Das wird dann aber nicht ausgesprochen. Als Gründe
für die Einführung einer neuen Ordnung nennt später ihre Einleitung vor allem die mangelhafte Durch-
führung der bisherigen Ordnung, die Erzielung einer größeren Einheitlichkeit und die bessere Anleitung,
die die neue Ordnung bringe. Er wollte daher seine Zweibrückener Kirchenordnung (von 1557)2 nach
Neuburg übertragen. Diese war eine Mischung aus Stücken der Mecklenburger Kirchenordnung Me-
lanchthons3 mit solchen der Neuburger von 1554 4 ( = gleich der württembergischen von 1553) und enthielt
vor allem - wie schon die Neuburger - im Unterschied von der württembergischen statt des dort verwendeten
Katechismus des J. Brenz den Kleinen Katechismus Luthers. Sie war das persönliche Werk des bedeu-
tenden Kanzlers Ulrich Sitzinger5, der jetzt in dieser Eigenschaft nach Neuburg kam. An der Ordnung
war aber auch Wolfgangs Hofprediger Hieronymus Rauscher6 beteiligt gewesen. Lediglich um sich ihrer
Zustimmung zu dieser Ordnung zu versichern, lud jetzt der Pfalzgraf die Superintendenten zu einer Be-
ratung darüber für den 11. August 1559 nach Neuburg. Am 26. November 1559 folgte noch einmal eine
ausführliche Aussprache in Burglengenfeld, dessen Superintendent Faber7 offenbar der Führer des
Widerstandes war. Der Herzog nahm wieder persönlich teil. Die Bedenken richteten sich vor allem
gegen das in eine Rüsthandlung zugleich auch für die Gemeinde umgeformte Confiteor der Messe, bei
dem in Landgemeinden der Mesner die Gemeinde vertreten und für den Pfarrer Absolution erbeten
mußte, gegen die vielen lateinischen Gesänge, die neue aus der mecklenburgischen Ordnung übernommene
Abendmahlsvermahnung, die Wiederholung der Absolution (zumal nach einer Privatabsolution), gegen
den Wegfall einer besonders beliebten Danksagung nach der Kommunion und gegen die weitere Bei-
behaltung des Chorrocks. Die Haltung der Superintendenten wurde ungnädig aufgenommen. Sie wand-
ten sich daher hilfesuchend an Melanchthon. Obwohl sich ihre Einsprüche vor allem gegen Stücke aus
der mecklenburgischen Ordnung, die ja weithin auf Melanchthon zurückgeht, richteten, stimmte er ihnen
doch zu. Er brachte auch seinerseits noch neue Bedenken bei8 . Aber alles war vergeblich. Obwohl die
Geistlichen bei ihrer Ablehnung blieben, wurde die Kirchenordnung gedruckt9.
1 Siehe oben S. 9.- ADB 44, 76-82. - RE 21, 466-472; 24, 656. - Gack 177-182. - Medicus 1, 422-428; 2,
32-39. - Ney. - Beitelrock 2, 1-17. - Schottenloher 32 338-32 365.
2 Richter 2, 194-197. - Struve 55-59. - Ney 36f. - Waldenmaier 93f. - Althaus, Quellengeschichte 59f. -
Joh. Schneider, Der Entwurf der Zweibrücker Kirchenordnung von 1557, in: Zeitschrift für Kirchenrecht. 19
(1884). 440ff. - Walter Koch, Die Vorgeschichte der Zweibrücker Kirchenordnung von 1557, in: Blätter für
pfälzische Kirchengeschichte 24 (1957) 75-104. - Wolfgang Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes
in der Pfalz. 1 (Grünstadt 1959) 19—30.
3 Sehling 5, 161-219. - Richter 2, 115-128. - Waldenmaier 92ff.
4 Siehe oben S. 26!
5 Sitzinger von Holnstein. Geb. 1525 Worms. Nach Studium in Wittenberg (Schüler Melanchthons) 1551 Zweibrücken
Rat Herzog Wolfgangs, 1555 Kanzler, 1558 Neuburg Kanzler, 1562 Sulzbach Landrichter und Pfleger - † 1574
(ADB 34, 424-429. - Ney 36. 115. Anm. 46. - Sein Epitaph [KDB Sulzbach 90. - Evang. Gemeindeblatt
Sulzbach 4, 81] jetzt in der evangelischen Kirche. - Eine Monographie über ihn ist von Dr.Walter Koch in Zwei-
brücken zu erwarten).
6 Siehe oben S. 30!
7 Siehe oben S. 26.
8 Neuburg StA PfNA 6267f. 1-76; Rep. 13 Nr. 2138. - Wilh. Hartmann, Drei Briefe Ph. Melanchthons in
Sachen der Kirchenordnung, in: HVNeuburg 84 (1919) 30—38. — Weigel, Rauscher 164f. — Schottenloher,
Ottheinrich 85.
9 Waldenmaier 93f. - Althaus, Quellengeschichte 59f.
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