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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0062
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

ser allergnedigister herr, an im in disem fall nichts
hat lassen erwinden1, sonder, wie allen reichsstenden
unverborgen ist, auf etwo vil reichstagen und sonst
solchen keiserlichen, väterlichen und gnedigen ernst
zu einhelliger, fridlicher und christlicher verglei-
chung furgewendt, das wir und vileicht ander mehr
auf dergleichen ir majestat gutherzigen fleiß gewart
und verhofft haben, ir keiserlich majestat solt mit
verleihung götlicher gnaden in so langer zeit und
durch so manigfelig mühe und arbeit als ein gütiger
und milter keiser fur ander volg erlangt und zum
wenigsten durch keiserliche vilfeltige gedult, glimpfe
und gütigkeit dasjenig leichtlich ausgericht und ge-
funden haben, das billich all hoch und nider geistlich
und weltlich stend fur sich selbs mit ernstlichem und
herzlichem eifer, auch freidenreichem gemüt begeren
und annemen sollen.
Dieweil aber der babst und seine cardinäl durch
ire legaten und andere, so jenen zugeton und zu
disen handlungen geschickt und gezogen worden
sein, solchs bis anher nicht allein nicht haben ge-
furdert (aus was ursachen, ist einem jeden versten-
digen leicht abzenemen), sonder auch, wo sie es je
nicht lenger aufschieben und verhindern gemöcht,
doch also furgenommen und angegriffen, das kein
sondere frucht, vil weniger das rechtmeßig und got-
selig ende, darumb es fürnemlich begeret und anzu-
fangen gesucht worden ist, daraus het mögen erfol-
gen, derhalben dann zuletst auch keiserliche maje-
stat selbs das fürgeschlagen concilium als vordechtig
und zuvil vorteilisch aus christlichem, keiserlichem
gemüt, auch genugsamen, redlichen ursachen zu
recusirn ist gedrungen.2
Aus dem allem ist weiter erfolgt, das nicht allein
wir, sonder auch andere christliche stende mer den
gefehrlichen und verderblichen verzug und aufschub
der nötigen besserung in der christlichen religion
vermerkt und die hoffnung einer einhelligen gemei-
nen reformation, so wir bis anher getragen, aus not
haben müssen lassen fallen.
1 = fehlen, mangeln (Grimm 3, 1066. - Schmeller
2, 947).
2 Am 22. Mai 1542 hatte Papst Paul III. endlich das
Konzil nach Trient ausgeschrieben - aber zu einem
Zeitpunkt, der dem von äußeren Schwierigkeiten
schwer bedrängten Kaiser (Karl Brandi, Kaiser
Karl V. München 19413. 400-410) äußerst ungelegen

Dieweil wir aber als ein christlicher fürst nicht
allein fur unser selbs, sonder auch unser lieben ge-
treuen untertanen seligkeit (darzu wir uns auch
schuldig erkennen) ernstlich sorgen und betrachten,
wie ubel sie bis anher in Gottis wort und dem rechten
weg der seligkeit unterrichtet, wie unrueig und
zweifenlich sie durch die schwebenden spaltung
und lose geschwetz der verfürischen sofisten ge-
macht, auch, wie begirig sie der gewisen selig-
machenden warheit sein, sehen darzu vor augen und
empfinden den ernstlichen und untreglichen zorn
Gottis, so der welt sünd und undankbarkeit (das sie
sein wort aus der acht gelassen und, nachdem es
jetzo widerumb offenlich fürgetragen wirt, nicht mit
allem gehorsam fürderlich wider annimmt, sonder
vilmer veracht und aufs greulichst verfolgt) mit aller-
lei plagen, teurung, pestilenz, krieg, aufrur, bluot-
vergießen und sonderlich mit dem greulichen erb-
feind christlichs namens, dem Türken3, heimsucht,
straft und richtet,
sein wir nicht unzeitlich bewegt worden, in solcher
großen und hochdringenden gefahr beide, leibs und
seelen, unser selbs und unser lieben getreuen unter-
tanen bestes zu suchen und, wie der sachen geholfen
möcht werden, zu bedenken, sonderlich, dieweil aller
verzug und aufschub in diser sachen von wegen des
kurzen und ungewisen lebens der menschen nicht on
große gefahr der seligkeit steen kan.
Und haben demnach fleißig zu herzen gefürt
erstlich, das einem jeden christen in sonderheit,
er sei hohes oder niders stands, zugehört und gebo-
ten ist, sich vor falscher lehr und vor falschem gots-
dienst oder abgötterei zu hüten und von denjenigen,
so mutwilliglich und halsstarriglich darin verharren,
sich abzusondern, dann Christus spricht: Matthei
[7, 15]: Hütet euch vor den falschen propheten, die
in schafkleidern zu euch kommen, inwendig aber
reißende wölf sein! Und Johannes in seiner ersten
epistel [5, 21]: Fliehet die abgötterei! Und in der
war (Egelhaaf 2, 438). Es wurde daher auch wieder
vertagt und begann erst 1545 (LThK 10, 276).
3 Sultan Suleiman hatte am 22. Aug. 1541 das kaiser-
liche Heer in Ungarn versprengt und am 29. Aug.
die Marienkirche in Ofen (= Buda in Buda-Pest) zur
Moschee gemacht (Egelhaaf 2, 398).

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