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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0097
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I 2 Kirchenordnung von 1543

Vom tagampt on communicanten,
wie es soll gehalten werden.30
Dieweil auch die meß mit dem brauch des abend-
mals on communicanten31 nicht mag gehalten wer-
den und dannoch sich zutragen und begeben mag,
das auf etlich fest und sontag nicht communicanten
vorhanden, damit alsdann die gemein nit vergeblich
zusammenkomm, so sol der priester nit in gewon-
lichem meßgewand32, sonder in einem chormantel33
oder nur in seinem chorrock34 für den altar treten
und es aller ding halten, wie oben gesetzt ist bis auf
die gemeinen predig.
Nach der predig aber sol man die gemein lita-
nei34* singen mit einer collecta pro pace und dann
mit dem Benedicamus Domino und gemeinem
segen beschließen
oder aber, wann die gelegenheit der zeit die litanei
nit erfordert, so sol der chor anstat derselben ein
guten chorgesang lateinisch oder, wo kein chor ist,
das volk ein gut geistlich gesang teutsch singen und
der priester ein collecten daraus, die sich zur gele-
genheit der zeit am besten füget und dann mit dem
segen beschließen.
[Wochengottesdienst]
Am werktag aber, wo ein anzal priester oder ein
schuol ist, da sol man anstat des tagamts zwen oder
drei psalm (nach dem sie lang oder kurz sein) mit
einer antiphona35 lateinisch singen anfahen, wie
man in horis canonicis36 pflegt: Deus in adjutorium
etc. [Psalm 70, 2], Domine, ad adjuvandum etc.
[Psalm 70, 2] Gloria Patri etc.
30 Nach 1540 (Sehling 3, 71).
31 Vgl. oben S. 68!, nämlich unter Kommunion des
Geistlichcn allein (Privatmesse).
32 Dessen Hauptstück die Casula ist, ein meist reich ge-
schmückter, vorne geschlossener, aber an den beiden
Seiten offener, ärmelloser Umhang (Braun 156ff. -
Braun, Gewandung 148—247. — Eisenhofer 101).
Sie wurde als das liturgische Obergewand über der
Alba, dem hemdartigen Unterkleid, getragen.
33 Das Pluviale, ein bis zu den Füßen reichender Um-
hang aus Seide, meist mit reicher Stickerei, der zu
feierlicher Handlungen außer der Messe getragen
wird (Braun 269f. — Braun, Gewandung 306—358).
34 Das Superpelliceum (Ton auf dem i), ein weißes
hemdartiges Gewand mit weiten Ärmeln aus Lein-
wand, das zu Amtshandlungen außer der Messe ge-
tragen wird (Braun 331f. - Braun, Gewandung

Darnach ein ganz capitel teutsch aus den episteln
nach der ordnung, wie in der messe gemeldet ist, und
dann abermals zwen oder drei psalmen mit einer
antiphona,
darnach ein ganz capitel teutsch aus einem evan-
gelisten, auch nach ordnung, darnach eins ex canti-
cis majoribus als Te Deum laudamus oder Benedic-
tus Dominus Deus Israel oder ein hymnum oder
sequent37de tempore und dann mit einer teutschen
collecta und Benedicamus Domino beschlossen.
Des gleichen in den dörfern sol man aufs wenigst in
der wochen zweimal, nemlich am mitwoch und am
freitag, zu einer gelegnen stund in die kirchen zu-
samenkommen und das volk erstlich ein gut teutsch
geistlich gesang singen, darnach der priester ein
teutsch capitel aus einem buch der bibel, das dem
volk zu unterricht am aller dienstlichsten ist, nach
ordnung lesen und dann mit einer teutschen col-
lecta beschließen.
Ordnung allerlei chorgesanges
et de horis canonicis.1
Wo man in stiften, klöstern und pfarren etliche
oder alle horas canonicas pflegt zu singen, es sei
gleich alle tag oder nur zu etlichen festen, da sollen
dieselben noch zur zeit wie bis anher gehalten wer-
den, doch mit der maß, das man zur metten nicht
homilias2 lese, sonder lectiones aus der biblia.
Die mögen in den stiften und clöstern, da man
teglich metten singt, also geordnet werden, das,
wann man novem lectiones helt, drei aus den
historischen büchern der bibel als Mose, Josua,
Judicum, Ruth, Samuel, der Könige und Chronica,
135-148). — Es ist das später so umstrittene Chor-
hemd.
34* Siehe unten S. 83 f.!
35 Der auch in der evangelischen Liturgie wieder ein-
geführte Leitvers, ein zur Angabe der Tonart, in der
der Psalm gesungen werden soll, diesem vorgehen-
des, aber auch wieder folgendes kurzes Gesangstück
(Braun 30).
36 Die Stundengebete, wie sie im Brevier zusammen-
gestellt sind (LThK 12 679—684). — Herm. Goltzen,
Der tägliche Gottesdienst, in: Leiturgia 3, 99 bis
296).
37 Vgl. S. 71 Anm. 7!
1 Vgl. oben Anm. 36!
2 Wie sie im Brevier zu den einzelnen Stundengebeten
stehen.

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