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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0098
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

darnach drei aus den propheten und der letsten
dreier die ersten zwo aus den episteln, die dritte und
letsten aber aus dem evangelio gelesen werden.
Wo man aber nur drei lectiones helt, so soll die
erst aus den historien, die ander aus den propheten,
die drit aus dem neuen testament genomen werden
und sollen also aufeinander gehn, daß, wo man heut
aufhöret, da sol man morgen wider anheben und
also die heiligen schrift ordenlich nacheinander le-
sen3, alweg ein zimlich lange lection, wie bis anher
der brauch gewest ist. Doch mag man auf die hohen
fest aus diser ordnung gehn und lesen, was sich
zum fest am allermeisten schickt.
Desgleichen sol man die capitula in der prim, terz,
sext, non und complet4 alle aus dem neuen oder al-
ten testament nemen und ordenlich lesen, also das,
wo man in der prim aufhöret, da soll man in der terz
wider anheben und also durchaus durch alle horas
und sollen die capitula auch nicht zu kurz sein, son-
der aufs wenigst ein ganzen und volkommenen sen-
tenz, soferne er aneinander hengt, in sich schließen.
Die vesper in den pfarren sol auch gewohnlicher-
weis gehalten werden, doch also, das ein ganzes
teutschs capitel aus dem neuen testament anstatt
des lateinischen gelesen und mit einer teutschen
collecten beschlossen werden. Also sol es auch in
allen andern horis, die man in den pfarkirchen singt,
gehalten werden, das die lectiones und capitula
sambt den collecten umb des volks willen in teut-
scher sprach gehalten werden.
Und dieweil die ganz biblia diser zeit fleißig ver-
teutscht, zuvor aber der psalter dermaßen an tag

3 Also in der in der Reformationszeit weithin üblich
gewordenen lectio continua.
4 Das sind die sogenannten kleinen Horen: Prim = bei
Tagesbeginn, Terz = Vormittagsgebet, Sext = Mit-
tagsgebet, Non = Nachmittagsgebet, Complet =
Nachtgebet (Eisenhofer 332-335).
4* 6.Febr. — In der Sequenz des Meßgottesdienstes an
diesem Tage (Psallat concors symphonia...) heißt es
im vorletzten Vers, an den Osiander hier wohl ganz
besonders dachte:
Pugil Christi, Dorothea,
tua nos virtute bea!
Cor in nobis mundum crea,

gebracht, das er im teutschen liechter ist dann in
andern sprachen, so sollen die frauen in den klöstern
lernen teutsch psallirn in gewonlichem ton, wie sie
lateinisch pflegen, und ire lectiones, capitula und
collecten teutsch lesen, damit sie dester mer ge-
bessert und zu reichlicher erkantnus Gottis worts
mögen kommen.
Fürnemlich aber soll in aller diser ordnung der
messe und alles andern chorgesanges vermitten
werden, das man kein lateinisch gesang sing, das
nicht aus der heiligen schrift genomen oder ja der
heiligen schrift gemeß und aller der ungegründten
lehr frei sei, so diser zeit mit heiliger, gotlicher
schrift angefochten und als unchristlich uberzeuget
werden, dermaßen ist unter andern unzelichen vilen
der sequent von S. Dorothea, in welchem unter an-
dern unchristlichen worten auch dise gotslesterliche
bit begriffen ist: Sancta Dorothea, cor mundum in
me crea !4* Das ist zu teutsch: O heilige Dorothea, er-
schaffe in mir ein neues herz! So doch in der ganzen
heiligen christenheit einhelliglich bekant wirt, das
creare oder erschaffen allein der göttlicher majestat
zugehöret und on abgötterei und gotslesterung kei-
ner blosen creatur mag zugelegt werden. Solche un-
christliche geseng aber wirt ein jeder, so vorgehen-
den unterricht von der christliche lehr fleißig hat ein-
genomen, wol wissen zu urteilen und zu vermeiden.
Volgen die collecten und gebete,5 die man in
allerlei gottisdienst soll gebrauchen.
1.6
Umb die rechten lehr und geistreiche prediger.
O almechtiger, gutiger Got und vater unsers Herrn
ut associemur bea-
tis condigno premio!
(Bamberger Missale f. lxxxv). — Die Umadres-
sierung des Psalmgebetes: „Schaffe in mir, Gott, ein
reines Herz!“ (Ps. 51, 12) ist unüberhörbar. - Cle-
mens Blume S. J., Liturgische Prosen zweiter
Epoche auf Feste der Heiligen (= Thesauri hym-
nologici prosarium 2 II). Leipzig 1922, 135ff. hat
trotz reichster Lesartenzusammenstellung gerade
diese Textform nicht. Sie scheint eine Bamberger
Sonderbildung zu sein.
5 Zu diesen Kollekten im allgemeinen: Paul Althaus.
6 Aus 1540 (Sehling3, 73) = 1533 (Sehling 11, 190).

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