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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0106
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

gemeinen gestelten form andrer bessern ordnung
nach sich wissen zu richten nach gelegenheit zu ver-
kürzen oder auszubreiten und nach gelegenheit des
gebrechens den leuten rätig zu sein, darzu inen kein
andrer weg und maß anzuweisen und zu geben ist,
dann das sie sich mit fleiß im götlichen wort uben,
das sie auch aus andern der gelerten schriften und
sonst sich befragen und erkunden und des warne-
men, damit sie die betrübten gewissen trösten sollen.
So nun ein kranker genugsam unterricht, die hei-
lig absolution und das hochwirdig sacrament be-
geret, sol im das zu keiner zeit oder stund geweigert
werden (sofern es anderst möglich, im dasselbig mit-
zuteilen) nach einsetzung des Herren und anderst
nicht; dann es ist besser, ganz unterlassen, dann
wider den willen des Herrn und sein einsatzung ge-
handelt. Und so ein kranker aus sonderer schwacheit
sich hierinne nicht schicken noch das heilig sacra-
ment ordenlicher weis empfangen und vernießen
möchte, sol er fleißig, das im solchs nicht schade, so-
ferne er sonst im glauben bestendig bleib, unter-
richtet und mit Gottis wort dester fleißiger ermanet,
getröstet und gesterket werden.2
Es sollen auch die prediger das volk oft und dick
in der predig unterrichten, das sie in obgemeltem
fal oder so ein kranker des priesters und hochwirdi-
gen sacraments bei zeit ernstlich begeret und doch
in der eil nicht haben möcht, das sie darumb nicht
verzagen, sonder gedenken, dieweil sie es begern und
der priester es inen auch gern gebe, wo es der zeit
und statt halben sein könt, das sie es im geist schon
haben, und sollen derhalben die wort des Herrn
fleißig bedenken und iren glauben fest darauf grün-
den und es also im glauben geistlich nießen und sich
darmit in des Herren hende befelhen. Und damit
das dester fruchtbarlicher geschehe, sollen sie in ge-
mein, wie ein jeder, in solcher letsten not seinen
nechsten unterrichten, trösten und sterken mög,
fleißig und oft lehren.
Es wil aber aus vilen wichtigen ursachen nicht
gelegen sein, das heilig, hochwirdig sacrament uber
2 Siehe Anm. 1!
3 eine Sache furkommen = einer Sache zuvorkommen,
sie verhüten (Schmeller 1, 1248, — Grimm 4 I 1,
760 f.).

die gassen und uber land tragen zu lassen; denn
erstlich sein die straßen etwo gar unwegsam, tief
und kotig, das man je zuweilen uber böse, faule steg
gehn und uber zeun und gehecke steigen muß. Es
haben auch etliche pfarren zugehörige dörfer oder
filial, darinnen nicht kirchen sein, die ein halb oder
ganz meil wegs von einander gelegen sein. So sein
auch nicht eins jeden orts priester gleicher fürsich-
tigkeit und vermügens zu gehn und zu tragen, haben
auch nicht allweg leut bei der hand, die mit in gehn
bevorab, wo es in der nacht fürfiel, als sich oft in
sterblicher zeit und sonst auch zutregt.
So wolt sichs auch vil weniger schicken, das der
priester in der nacht oder bei tag mit dem conse-
crirten sacrament von einem dorf zum andern reiten
oder faren solt; dann vil zufellig fehrlicheit, erger-
nus und hindernus daraus folgen möchten. So könt
sich auch wol begeben, dieweil der priester in der
kirchen das sacrament consecriret, das dem kran-
ken solche zufell begegnet, das ers nicht könt genie-
ßen.
Darurnb, solche und andre mehr ungeschicklicheit
zu furkommen3 und damit auch nicht neue und
ergerliche mißbreuch einreisen, sol das hochwirdig
sacrament bei den kranken in den heusern, wann sie
in die kirchen zu gehn nicht vermögen, consecrirt
und dem kranken alsbald gereicht werden.
Ordnung der communion der kranken.
4Wann nun der priester zum kranken kompt, so
bereite man erstlich (wo es nicht zuvor schon ge-
schehen ist) den tisch ehrlich mit einem reinen wei-
ßen tuoch und angezündtem licht etc. Und so es des
kranken gelegenheit erleiden wil, mag der priester
ine auf folgende weis unterrichten und trösten.
Lieber freund! Dieweil euch unser lieber Herr
Gott mit schwachheit euers leibs heimgesucht und
angriffen hat, damit irs dester gedultiger leidet und
seinem götlichen willen all euer creuz und anligen
gehorsamlich heimstellet, so solt ir wissen:
4-12 Nach 1540 (Sehling 3, 79f.) (wo die Herzog Hein-
rich Agende von 1539 [Sehling 1, 269] benutzt
wurde).

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