Herzogtum. Pfalz-Neuburg
selbst bleiben, bis der pfarrherr neben andern ge-
breuchlichen ceremonien ein kurze predig oder ver-
manung tue vom gebet, dardurch das volk, fur krieg,
ungewitter, teurung und pestilenz ernstlich zu bit-
ten, angereizt werd. Darnach sollen sie die letanei
singen. Die sol dann der pfarherr mit einer teutschen
collecten, so darbei gesetzt, und mit der collecten
(umb geistlichen und zeitlichen segen), welch in der
ordnung der meß die eilft ist, unter einen beschluß
beschließen.
Und, wenn sich so geferliche zeit, ungewiters,
sterbens, teurung oder kriegs halben (da Got gne-
diglich vor sei) zutragen würden, das die letanei auch
zu andern zeiten und ofter dann bisher verordnet
ist, gehalten werden solt, so wirt man jedes mal,
wann, wie oft und wie lang dieselbig gehalten wer-
den sol, zeitlichen befelch und genugsame unter-
richt empfahen.
Dargegen sollen unterwegen bleiben
erstlich alle spectacula und schauspil, so man mit
bildern getriben hat7 als am Palmtag mit dem esel,
8 Salz- und Wasserweihe erfolgte durch den exorcis-
mus salis bzw. aquae jeden Sonntag früh. Die ent-
sprechenden Formulare stehen daher am Anfang
jedes mittelalterlichen Missales. Das geweihte Salz
wurde zur Weihung des Weihwassers und bei der
Taufe verwendet (Franz 1, 221-229. - LThK 9,
139. - Braun 307. - Bächtold 7, 908ff.). Das Weih-
wasser diente zu außerordentlich mannigfaltigen
Besprengungen (Franz 1, 61-220. - Braun 342f. -
LThK 10, 761ff. - Bächtold 3, 1684f.).
9 Eigentlich Kerzenweihe. Die Kerzen werden zu
mancherlei Zwecken (Abwehr von Gewitterschäden,
Sterbekerzen usw.) verwendet. (Agenda d - evj.
liij - lv. - Wetzer 7, 1970f. - Hartmann 690-698.
593f. - LThK 5, 935; 10, 707).
10 Die durch Verbrennung von Palmzweigen des Vor-
jahres gewonnene Asche wird nach Segnung am
Aschermittwoch den Gläubigen auf den Scheitel ge-
streut oder an die Stirn gestrichen (Braun 35f. —
LThK 12, 919. — Hartmann 699ff.).
11 Grüne Zweige werden am Palmsonntag zur Abwehr
von allerlei Schaden an Mensch und Tier, Haus und
Flur geweiht (Agenda fiij - ivj. - Hartmann 593f.
701 ff. - LThK 7, 908. - Franz 1, 470-507. -
Bächtold 6, 1365-1386).
12 Am Morgen des Karsamstags wird eine Kerze unter
Einfügung von 5 Weihrauchkörnern geweiht und am
neu geschlagenen Feuer entzündet. Sie wird bis
Himmelfahrt an den Sonntagen bei Messe und Vesper
als Sinnbild des Herrn Christus gebrannt (Braun
252. - Schmeller 1, 171. - Hartmann 744f., 758).
am Karfreitag mit dem crucifix und grab, am Oster-
tag mit umbtragen des bilds der urstend Christi, am
Auffartstag mit aufziehung desselben, am Pfingstag
mit herablassen der tauben, am Christag mit dem
kindlein wiegen und alles, was dergleichen allent-
halben oder an etlichen fordern orten im brauch
gewest ist.
Darnach sollen auch unterwegen bleiben alle pro-
cession und umbgenge umb die kirchen mit dem
weichwasser und mit dem heiligen sacrament in der
monstranzen.
Man sol auch nicht mer weihen oder segnen weih-
wasser und salz, wie alle sonntag beschehen8, noch
wachs zu Lichtmeß [2. Februar]9 noch aeschen am
Aschermitwoch10 noch palmen am palmtag* 11 noch
osterstock12 noch tauf13 noch feur14 am osterabent
noch fladen, eier, fleisch am Ostertag15 noch wurz
oder kreüter Assumptionis Mariae [15. August]16
noch wein an S. Johannis des evangelisten [27. De-
zember]17; dann solche segen sein dem wort Gottis
alle ungemeß und zuwider, zum teil auch abgöttisch
und dienen mer zu abeglauben dann zur gotselig-
13 Das Taufwasser wird am Karsamstag und in der
Pflngstvigil (Samstag vor Pfingsten) unter Verwen-
dung des vom Bischof geholten Chrisams geweiht
(Hartmann 523. 597ff. 753f.).
14 Am Karsamstag wird durch Schlagen aus dem Stein
oder mit Hilfe eines Brennglases neues Feuer er-
zeugt, das dann geweiht wird (LThK 42, 108f. -
Franz 1, 507-518. — Hartmann 742f.).
15 An Ostern wird ein Speisekorb geweiht. Ein Be-
standteil von ihm ist ein ohne Sauerteig hergestelltes
flaches Backwerk, der Osterfladen (Schmeller 2,
882. - LThK 7, 814. - Franz 1, 507-594. - Braun
323, - Bächtold 6, 1311-1363).
16 Im Hochamt von Mariä Himmelfahrt (15. Aug.) ge-
weihte Kräuter sollen vor allerlei Schäden bewahren
(Agenda pij, - Wetzer 4, 1420f. - Franz 1,
393-421. - LThK 6, 235. — Braun 181.-Bächtold
5, 440-446.).
17 Das geschah im Gottesdienst. Der Wein wurde so-
gleich in der Kirche zum Trinken gereicht, aber auch
zum Genuß zu Hause mitgegeben. Er sollte nicht nur
allerlei irdischen Segen vermitteln, sondern auch die
Gewinnung der ewigen Seligkeit erleichtern (Agen-
da cij. - Wetzer 4, 1484. - Julius Smend, Kelch-
spendung und Kelchversagung. Göttingen 1898.
77-81. - Franz 1, 286ff. - Braun 146 [Johannis-
minne, -wein]. - Bächtold 2, 805; 4, 745-760; 5,
1702; 6, 241f. 375-380. 1245f. - Joh. Holhaussen,
Nürnberger Doppelkopfgefäße in: Norica (Fest-
schrift für Fr. Bock). Nbg. 1961, 29. 33f.).
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selbst bleiben, bis der pfarrherr neben andern ge-
breuchlichen ceremonien ein kurze predig oder ver-
manung tue vom gebet, dardurch das volk, fur krieg,
ungewitter, teurung und pestilenz ernstlich zu bit-
ten, angereizt werd. Darnach sollen sie die letanei
singen. Die sol dann der pfarherr mit einer teutschen
collecten, so darbei gesetzt, und mit der collecten
(umb geistlichen und zeitlichen segen), welch in der
ordnung der meß die eilft ist, unter einen beschluß
beschließen.
Und, wenn sich so geferliche zeit, ungewiters,
sterbens, teurung oder kriegs halben (da Got gne-
diglich vor sei) zutragen würden, das die letanei auch
zu andern zeiten und ofter dann bisher verordnet
ist, gehalten werden solt, so wirt man jedes mal,
wann, wie oft und wie lang dieselbig gehalten wer-
den sol, zeitlichen befelch und genugsame unter-
richt empfahen.
Dargegen sollen unterwegen bleiben
erstlich alle spectacula und schauspil, so man mit
bildern getriben hat7 als am Palmtag mit dem esel,
8 Salz- und Wasserweihe erfolgte durch den exorcis-
mus salis bzw. aquae jeden Sonntag früh. Die ent-
sprechenden Formulare stehen daher am Anfang
jedes mittelalterlichen Missales. Das geweihte Salz
wurde zur Weihung des Weihwassers und bei der
Taufe verwendet (Franz 1, 221-229. - LThK 9,
139. - Braun 307. - Bächtold 7, 908ff.). Das Weih-
wasser diente zu außerordentlich mannigfaltigen
Besprengungen (Franz 1, 61-220. - Braun 342f. -
LThK 10, 761ff. - Bächtold 3, 1684f.).
9 Eigentlich Kerzenweihe. Die Kerzen werden zu
mancherlei Zwecken (Abwehr von Gewitterschäden,
Sterbekerzen usw.) verwendet. (Agenda d - evj.
liij - lv. - Wetzer 7, 1970f. - Hartmann 690-698.
593f. - LThK 5, 935; 10, 707).
10 Die durch Verbrennung von Palmzweigen des Vor-
jahres gewonnene Asche wird nach Segnung am
Aschermittwoch den Gläubigen auf den Scheitel ge-
streut oder an die Stirn gestrichen (Braun 35f. —
LThK 12, 919. — Hartmann 699ff.).
11 Grüne Zweige werden am Palmsonntag zur Abwehr
von allerlei Schaden an Mensch und Tier, Haus und
Flur geweiht (Agenda fiij - ivj. - Hartmann 593f.
701 ff. - LThK 7, 908. - Franz 1, 470-507. -
Bächtold 6, 1365-1386).
12 Am Morgen des Karsamstags wird eine Kerze unter
Einfügung von 5 Weihrauchkörnern geweiht und am
neu geschlagenen Feuer entzündet. Sie wird bis
Himmelfahrt an den Sonntagen bei Messe und Vesper
als Sinnbild des Herrn Christus gebrannt (Braun
252. - Schmeller 1, 171. - Hartmann 744f., 758).
am Karfreitag mit dem crucifix und grab, am Oster-
tag mit umbtragen des bilds der urstend Christi, am
Auffartstag mit aufziehung desselben, am Pfingstag
mit herablassen der tauben, am Christag mit dem
kindlein wiegen und alles, was dergleichen allent-
halben oder an etlichen fordern orten im brauch
gewest ist.
Darnach sollen auch unterwegen bleiben alle pro-
cession und umbgenge umb die kirchen mit dem
weichwasser und mit dem heiligen sacrament in der
monstranzen.
Man sol auch nicht mer weihen oder segnen weih-
wasser und salz, wie alle sonntag beschehen8, noch
wachs zu Lichtmeß [2. Februar]9 noch aeschen am
Aschermitwoch10 noch palmen am palmtag* 11 noch
osterstock12 noch tauf13 noch feur14 am osterabent
noch fladen, eier, fleisch am Ostertag15 noch wurz
oder kreüter Assumptionis Mariae [15. August]16
noch wein an S. Johannis des evangelisten [27. De-
zember]17; dann solche segen sein dem wort Gottis
alle ungemeß und zuwider, zum teil auch abgöttisch
und dienen mer zu abeglauben dann zur gotselig-
13 Das Taufwasser wird am Karsamstag und in der
Pflngstvigil (Samstag vor Pfingsten) unter Verwen-
dung des vom Bischof geholten Chrisams geweiht
(Hartmann 523. 597ff. 753f.).
14 Am Karsamstag wird durch Schlagen aus dem Stein
oder mit Hilfe eines Brennglases neues Feuer er-
zeugt, das dann geweiht wird (LThK 42, 108f. -
Franz 1, 507-518. — Hartmann 742f.).
15 An Ostern wird ein Speisekorb geweiht. Ein Be-
standteil von ihm ist ein ohne Sauerteig hergestelltes
flaches Backwerk, der Osterfladen (Schmeller 2,
882. - LThK 7, 814. - Franz 1, 507-594. - Braun
323, - Bächtold 6, 1311-1363).
16 Im Hochamt von Mariä Himmelfahrt (15. Aug.) ge-
weihte Kräuter sollen vor allerlei Schäden bewahren
(Agenda pij, - Wetzer 4, 1420f. - Franz 1,
393-421. - LThK 6, 235. — Braun 181.-Bächtold
5, 440-446.).
17 Das geschah im Gottesdienst. Der Wein wurde so-
gleich in der Kirche zum Trinken gereicht, aber auch
zum Genuß zu Hause mitgegeben. Er sollte nicht nur
allerlei irdischen Segen vermitteln, sondern auch die
Gewinnung der ewigen Seligkeit erleichtern (Agen-
da cij. - Wetzer 4, 1484. - Julius Smend, Kelch-
spendung und Kelchversagung. Göttingen 1898.
77-81. - Franz 1, 286ff. - Braun 146 [Johannis-
minne, -wein]. - Bächtold 2, 805; 4, 745-760; 5,
1702; 6, 241f. 375-380. 1245f. - Joh. Holhaussen,
Nürnberger Doppelkopfgefäße in: Norica (Fest-
schrift für Fr. Bock). Nbg. 1961, 29. 33f.).
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