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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0147
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I 14 Kirchenordnung von 1560

ter und verstendiger theologen dahin entschlossen,
das wir solche unsere zuvor ausgegangene kirchen-
ordnung auch in disem unserm neuburgischen für-
stentum und in desselbigen zugehörigen landen
publiciren, ausgehen und verkünden lassen wollen,
und ist bei uns diese meinung gar nicht, das wir
durch publication solcher kirchenordnung die zu-
vor ausgegangene ordnungen zu verdammen oder zu
verwerfen gedenken; denn, wie oben gemelt, so ist
die lehr in beiden kirchenordnungen und das funda-
ment ganz gleichförmig, wie denn in derselben kein
engel im himel, vil weniger ein mensch auf erden
etwas zu endern hat, so sind die verrichtung und
ceremonien der hochwirdigen sacramenten, der gött-
lichen einsatzung in allweg gemeß und ist in den an-
dern mittelceremonien3 kein sondere ungleichheit,
welche doch, wie ein jeder christ weis, ir freiheit
haben und jeder zeit also angericht werden sollen,
damit es in der christlichen kirchen ordentlich, er-
baulich und unergerlich zugehe,
sonder wir suchen allein ordenliche, gottselige und
christliche gleichheit, einigkeit zwischen unsern
kirchendienern in beiden fürstentumen und ab-
wendung der ergernussen, so im etwann das gemein
volk, da es solche ungleichheit sicht, one unterschied
einbildet.
Wir verachten auch dardurch keinswegs andere
kirchen, welche das fundament und die artikel
christlicher lehr mit uns gleich halten, ob schon die
mittelceremonien, daran die kirch nicht gebunden,
etwas ungleichheit auf sich tragen möchte.

3 Die sog. Adiaphora (= Mitteldinge), d.h. Dinge, die
von Gott weder geboten noch verboten, daher an
sich weder recht noch unrecht sind, sondern nach
den jeweiligen besonderen Verhältnissen beurteilt
werden müssen. Über solche Dinge im kultisch-reli-

Dieweil denn disem allem also und ir aus diser un-
serer schrift, die ursachen unserer publication, als
gottselige lehrer und glider der kirchen verstendig-
lich abzunemen und zu ermessen habt,
so gelangt dem allem nach an euch samt und son-
ders unser gnedigs gesinnen und ernstlicher bevel, ir
wollet solche unsere kirchenordnung als diejenige,
so der heiligen göttlichen, apostolischen und pro-
phetischen schrift gemeß und vor diser zeit mit zeit-
lichem rat und zutun gottseliger und gelerter lerer
der kirchen bedacht und verfast ist, gutwillig an-
nemen, euer lehr, predigt und administration der
heiligen sacramenten, auch alle kirchen- und schul-
emter darnach dirigiren und richten, desgleichen
auch euer leben, wesen und wandel, und mit höch-
stem fleiß daran sein, das euer lehr und leben, so vil
in diser menschlichen schwachheit immer möglich,
miteinander gleich stimmen und euer exempel der
christlichen gemein fürleuchte.
Daran tut ir zu forderst Gott dem allmechtigen,
welcher fried und einigkeit seiner kirchen zum
höchsten bevolen, ein angenem, wolgefelliges werk
und geschicht daran unser ernstlicher wil und mei-
nung, welchen wir, gegen euch samt und sonders in
gnaden und allem guten zu erkennen, geneigt sein
wollen.
Datum zu Neuburg an der Thonau, den zweiten
Januarii nach Christi unsers einigen mittlers und er-
lösers geburt im jar 1560.

giösen Raum war im Zusammenhang mit dem In-
terim ein ernster, lange währender Streit vor allem
zwischen Melanchthon und Flacius ausgebrochen
(RE 1, 168-179. - RGG 1 3, 93-96).

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