Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0196
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Herzogtum Pfalz-Neuburg

solche kost wol erspart werden mag, so soll jeder
pfarrer und kirchendiener, so ihme anderst sein
selbst und seiner pfarrkinder seelenhail und seligkait
mit ernst angelegen, über die jetztermelte buecher
ihme fur sich selbst kaufen, nemblich: confessionem
augustanam, anno 1530 kaiser Carolo dem funften
ubergeben, und derselben apologiam, auch die bibl,
wie si doctor Osiander mit kurzer doch grundlicher
erklerung nach anleitung der h[eiligen] schrift und
reiner lehr ausgefueret.14
Da aber der kirchendiener einer oder mer so arm,
daß er dergleichen buecher nicht ze kaufen hette,
soll ihme sovil gelts von der kirchen dargestreckt
und jerlichen etwas an seiner competenz bis zu
völliger bezalung abgezogen und innenbehalten
werden.
V.
Wie die kirchendiener offentliche laster
in ihren predigten uf der canzl strafen
sollen.
Es sollen auch die pfarrer und kirchendiener in
ihrem ambt sich aller schmechwort enthalten, die
laster ingemain strafen, niemand insonderhait uf der
canzl offentlich ausmaln, schmehen oder zu einem
exempl setzen, sunder, da si ein ergerliche person in
ihrer gemain haben, dieselbige
erstlich für sich allain erfordern und,
wann solche vermanung nichts verfahen, zum
andern mal fur die censur weisen.
Im fall si sich nicht bessern, dem superintenden-
ten anzeigen, der si nachmals ermanen und in syno-
dum berichten soll, damit andern zum schrecken
gebürender ernst furgenommen werden möge.
14 Gleb. 1534 in Nürnberg als Sohn des Andreas
Osiander (vgl. oben S. 20!). Nach verschiedenen
Kirchendiensten in Württemberg seit 1567 Hof-
prediger in Stuttgart, seit 1593 (- † 1604) in anderen
Stellungen. Seine siebenbändige Biblia latina, ad
fontes hebraicae textus emendata cum brevi ... ex-
plicatione illustrata war damals erst im Erscheinen
begriffen (RE 14, 509-512).
15 Phil. Kas. Heintz. Über die Zeit, in welcher der
lutherische Katechismus in ... Bayern eingeführt
worden ist (Erlangen 1832) 39, erwähnt ein Exem-
plar der Generalvisitationsartikel, in dem bei dieser
Stelle gesagt sei, daß dieser Befehl wegen des Wider-
spruchs, den er fand, wieder zurückgenommen und

VI.
Vom catechismo und, das die pfarrer,
kirchendiener, schuelmaister denselben
mit höchstem vleiß üben, treiben und
leeren sollen.
1. ⌜Damit der catechismus von pfarrern und kir-
chendienern fruchtbarlich und nutzlich gelert und
gepredigt werde und bedes die alten und jungen sich
darzue desto geflißner finden, so soll in dises fursten-
tumbs kirchen und schuelen in stetten, märkten,
dörfern und flecken einerlai catechismus als D. Mar-
tini Lutheri15 inhalt der publicirten kirchenordnung
durchaus gehalten und getriben werden.
2. Es sollen auch die pfarrer und kirchendiener
under dem jungen volk niemand zum hochwürdigen
sacrament zulassen, der nicht sein catechismum ge-
lernet und aus demselben seines glaubens notturf-
tige rechenschaft geben kan.
3. Da si auch in den ehestand sich begeben, die-
selbige beede, so lang nicht verkundiget oder ein-
gesegnet werden sollen, bis si die sex haubtstuk
christlicher lehr wol gelernet haben.1
4. Als man auch pfarrer findet, sunderlich uf dem
land, welche die kinderlehr nutzlich oder erbeulich
nicht predigen noch sich darein schicken können und
als an ihnen sowol als dem gemainem volk nicht ge-
ringer mangl erscheint und dann die hohe notturft
erfordern will, daß dise lehr oft und mit sunderm
vleiß geuebt und getriben werde,
so soll demnach hinfuro keiner mehr zu kirchen-
diener ufgenommen werden, er könne dann den
catechismum nützlich und wol predigen.
5. Es soll auch die predig des catechismi uber ein
erst nach 10-12 Jahren durchgefülnt wurde. Tat-
sächlich war nach der Rekatholisierung mit der
Kirchenordnung von 1554 der Brenzsche Katechis-
mus nach Neuburg gekommen. Die Kirchenordnung
Wolfgangs hatte dann aber schon 1557 (f. 84v-92v) -
1560 (f. 84v-92v) und wieder 1570 (f. 83v-92) den
lutherischen Katechismus pflichtmäßig eingeführt.
Auchdie Generalvisitationsanweisung von 1566 (oben
S. 136) hatte den lutherischen Katechismus fest
eingeschärft. Anderseits wurde z.B. in Monheim
tatsächlich der brenzische Katecbismus gebraucht
und erst 1576 durch den lutherischen ersetzt (Kug-
ler, Kirchenvisitationen 51).

176
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften