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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0225
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I 20 Generalartikel von 1576

XXXIX.
Von schutz und schirm der witwen, wai-
sen und andern armen, elenden personen.
「Nachdem durch das ganze furstentumb große
klag, daß, obwoln den waisen vormunder verordnet,
ihnen doch kaine geburende rechnungen geton wer-
den wöllen oder, da es beschicht, bei ufnemung der-
selben großer unkost ufgewendet und die armen
waisen höchlich übernommen werden,
sollen die superintendenten furohin deshalben
insunderhait vleißig erkundigen, wie es im grund
und eigentlich damit geschaffen und ein gelegenhait
habe, und alsdann zum consistorio umb ferrere
nachrichtung und verordnung willen berichten.¬
xxxx.
Von den kirchengeschwornen, kirchen-
pflegern oder kirchenvätern, zehentpröb-
sten, kirchenbröbsten oder, wie si in der-
gleichen ämbtern genennt werden, daß
si als fursteer der gemainen kirchengue-
ter und gotteskasten ir ambt treulich ver-
walten und davon ordenlich järliche re-
chenschaft tuen sollen.
「Es sollen bei jeder kirchen feine, ehrliche, gotts-
furchtige und redliche leut, die vor der gemain ein
gueten namen haben, der kirchen zum besten durch
die gemein oder, wie es an jedem ort ordenlich her-
kommen, erwölet werden, die alles einkommens,
auch einnemens und ausgebens ordenliche, richtige
register halten und davon auch järlich vor irer obrig-
kait, pfarrherrn und etlichen eltisten aus der ge-
main richtig und redliche rechnung tuen.
Als man auch aus der visitationsrelation befun-
den, daß an etlichen orten solche mißbrauch ein-
gerissen, daß die ambtknecht (villeicht aus uber-
sehen und nachgeben der ambtleut), die kirchen-
bröbst oder kirchenvater ohne einige vorgeende
waal namhaftige ze machen understanden, so soll
solches hinfurter genzlich abgeschaft sein und die-

19 = Ungelegenheit, Nachteil (Schmeller 2, 795).

selbig nit anderst dann, wie oben vermeld, ge-
wölet werden.
Es sollen auch die kirchenbröbst mit vleiß darob
halten, daß alle register bei der pfarr und kirchen
behalten, und daran sein, daß si kain pfarrer oder
kirchenvater in seinem abziehen oder, wann er
sonst vom ambt kombt, mit hinwegfuere.
Wann auch jerlich rechnung geschicht, wie dann
dasselbige kain jar underlassen werden solle, als an
vilen orten bis anhero geschehen, und wol kirchen-
bröbst gefunden werden, die in 10, 20, 30 jaren kein
rechnung geton, so soll der pfarrer und andere, die
bei der rechnung sein, vleißig ufmerken und nach-
forschung haben, ob und was noch ausstee, auch,
wer es schuldig, und dasselbig mit ernst einfordern,
auch im fall der not ihre herrschaft und ambtleut
umb hülf anruefen, die ihnen auch unverzüglich, es
treffe an, was es wölle, mitgetailt werden solle.
Si sollen auch nicht allain treulich und fursichtig-
lich mit den kirchenguetern und -einkommen hand-
len, sunder auch mit einnemung und einforderung
der schulden, extanzen oder retardaten sich fleißig
und unverdrossen erzeigen und nicht scheuen, ob si
schon derhalben jemands ungunst uf sich laden
möchten, in betrachtung, daß si solches ihren
pflichten nach und der kirchen zu nutz als in einem
allgemeinen werk ze tuen schuldig, auch den schul-
digern selbst damit gedienet wurde, wann si zu rech-
ter, geburender zeit zur abzahlung angehalten wer-
den, dann si hernacher die uneingebrachte haubt-
summa, gült oder zins, da si uf ein höhere summa
wechst und ufsteiget, mit irem und irer erben großen
unstatten19 und schaden bezalen und ablegen mues-
sen.
Wann auch etwas von gülten, zinsen oder haubt-
summa stecken bleibe oder strittig wurde, sollen si
solches uf das allerfurderlichst an geburenden orten
suechen, auch im falle der not, wie vorgemelt, der
obrigkait hilf anruefen, welche ihnen auch an19* alle
waigerung dermaßen verhelven solle, damit die gült
oder die zins widerumb ganghaft gemacht und der
ausstand ohne nachlassen oder ufzug entricht werde.
Es soll auch zu irem gefallen nicht steen, den
schuldigen ohn vorwissen des superattendenten,
19* = ohne (Schmeller 1, 84).

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