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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0257
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I 21 Konsistorialordnung von 1576

welchen tag si gewißlich audienz haben und uf ihr
suplicirn bescheid erlangen mögen. Woferr auch
außerhalb bemelter zweier täge notwendige sachen
fürfielen und die theologen darzu erfordert wurden,
ob die schon nit gar ecclesiasticae oder scholasticae,
sonder derselben anhengig und mixtae werden, sol-
len si gleichergestalt erscheinen, doch wöllen wir,
das dieselben extraordinarigeschefte ihrenthalben
dermaßen angestelt werden, damit es ihnen an ihren
ordinaripredigten unverhinterlich sei.
Was aber mere politica sind, die sollen durch den
directorem und andere unsere politische kirchenräte
verricht werden.
So sollen alle bevelch in kirchensachen in unserm
oder unser abwesend in unsers stadthalters und räte
namen gefertiget werden und ausgehen. Woferr sich
auch zuetrüge, daß der verordneten kirchenräte ei-
ner nit beiden gescheften und beratschlagungen sein
kündte, sollen die andern, so entgegen, in den gemei-
nen expeditionibus nichts desto weniger fortschrei-
ten und, wo was beschwerlichs fürfiele, volgends
nach gelegenheit den abwesenden darüber anhören.
Ferners wöllen und ordnen wir auch, das in un-
serm kirchenrat oder consistorio unter den dreien
politischen räten ein director seie, welcher alle ge-
schefte dirigirn, ansagen lassen und uf alle personen
des consistorii - theologen und politische räte - sein
vleißig ufsehen haben und mit allem vleis dahin
arbeiten solle, damit keine sachen in die lenge ufge-
zogen, sonder sovil müglich befürdert und schleunig
ausgerichtet werde.
Desgleichen auch in allen beratschlagungen, da er
abwesend, der vornembste politicus nach ihme die
umbfrag haben und vota colligirn, auch darob und
dran sein solle, damit zuvorderst die reine lehr
Gottes worts in unsern kirchen erhalten, dieselbige
mit tauglichen dienern bestelt und über ihnen wie
auch der christlichen zucht gehalten und in disem
fall niemand verschont werde,
derwegen dann aus sondern, uns darzu bewegen-
den ursachen unser will und meinung, daß hinfüro
kein pfarrer, diaconus, kirchen- oder schueldiener

5 Examen ordinandorum Philipp Melanchthons (vgl.
S. 26 Anm. 16.).

durch die theologen allein, sonder alzeit in beiwesen
der politischen räte examinirt werden sollen,
in welchem examine ihnen nit alein die quaestio-
nes aus den getruckten lateinischen oder teutschen
examinibus theologicis5 fürgehalten, sonder auch
und vornemblich, was si in heiliger schrift alten und
neuen testaments studirt und wie si die haubtstuck
christlicher lehr verstehen, dieselbig der gemein
auch verstendlich wissen vorzetragen und falschen
lehrern zu widersprechen, mit besonderm vleiß er-
kundigen. Und sollen sich in dem die theologen
sonderlich der vermanung S. Pauli an Timotheum
vleißig erinnern: Ne cui cito manus imponas!6
Indem si dann niemand verschonen, sondern al-
zeit mehr der kirchen notturft dann besonderer per-
sonen elend und zeitliche wolfahrt ansehen, auch
darauf vornemblich bedacht sein, da in unserm
fürstentumb vor diser zeit ungeschickte oder erger-
liche kirchendiener ufgestelt, daß dieselbige zu gro-
ßem vleiß und unergerlichem leben angehalten oder
nach und nach ausgeschaffet und ihr stadt widerumb
mit rechtschaffnen, gottsfürchtigen, gelerten, lehr-
haftigen, unergerlichen pfarrern und kirchendienern
versehen werden und deshalben nicht billiche clagen
fürkommen mögen.
Es soll auch unser director sambt ihme zugegeb-
nen politischen räten und theologen darob und daran
sein, damit den kirchen und ihren dienern nichts ent-
zogen, sonder, was einmal zu der kirchen verordnet,
auch bei derselbigen zu unterhaltung der pfarrer,
kirchen- und schueldiener, auch kirchengepeu und
zu andern milten breuchen erhalten werde. Nichts
desto weniger sollen si auch die fürsehung tun, damit
die ordenliche jährliche visitation und synodus nit
eingestelt, sondern zu seiner gebürenden und be-
stimbten zeit gewißlich und unnachlessig gehalten
werden.
Da si auch irgent ein unvleiß oder untreu an den
superintendenten - einem oder mehr - vermerkten,
das si zue nachteil und schaden der kirchen un-
tüchtige, ungelerte, ergerliche kirchendiener über
6 1.Tim. 5,22.

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