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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0261
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I 22. Eheordnung des fürstentumbs Neuburg.
[2. Jan. 1577]

Von Gottes gnaden, wir Philips Ludwig, pfalzgraf
bei Rhein, herzog in Bayrn, graf zu Veldenntz und
Sponhaim entbieten allen und jeden unsern und
unsers furstentumbs gaistlichen und weltlichen sten-
den von prälaten, ritterschaft, stetten und merkten,
auch statthaltern, hofmeistern, eherichtern, reten,
landvögten, ober- und underambtleuten, bevelhha-
bern, superattendenten, pfarrern, predigern, kir-
chendienern und allen andern unsern undertonen,
angehörigen und verwandten unser gnad und fuegen
euch zu wissen:
Nachdem wir nicht unzeitlich zu gemut und her-
zen gefurt und mit sondern ernst betrachtet haben,
welchergestalt der allmechtig Gott uber die un-
ordenliche vermischung und unzucht der menschen
zu gerechtem zorn bewegt wurd und zum oftermaln
von solcher sünd und ubertretung wegen gegen lan-
den und leuten ganz grimmige strafen furgenommen
und gebraucht habe,
und wir aber uns unsers gottlichen anbevolhenen
ambts der landsfurstlichen oberkait halben schuldig
und pflichtig erkennen, solchen verbotenen, unrech-
ten und Gott mißfelligen leiblichen vermischungen,
die sich aus der welt leichtfertigkait und boser nai-
gung teglich zutragen mogen, mit sonderm großen
und angelegenem ernst zu begegnen und dargegen
guete ordnung, durch welche der gotlich, christlich,
geburlich ehestand in wirden bestendiglich erhalten
und alle blutsschand, unerbarkait und unzucht, sovil
immer muglich, verhuetet werde, mit hochstem
vleiß anzustellen und durch ernstliche strafen darob
zu halten,
daß wir aus disen und andern mehr wichtigen ur-
sachen nicht umbgehn sollen oder wollen, nach-
volgende eheordnung begreifen und dieselbig des
jars zwaimal, namlich sontags nach Ostern und son-
Druckvorlage: Originalentwurf vom 20. Februar
1576 mit Korrekturen der endgültigen Fassung vom
2. Januar 1577 (Papier, Folio, 21 Blätter. — Auf der
zweiten Seite des ersten Blattes einschlägige Kanzlei-
vorschläge; letztes Blatt leer. — Neuburg StA
Grasseggersammlung 14326). — Abschrift der end-

tags nach Michaelis [29. September] (wie dan zuvor
durch unsere pfarrer solches zeitlich verkunt und
alt und jung darzu zu komen zum hochsten ermanet
werden sollen) offentlich in jeden unsern kirchen
unsers furstentumbs furlesen zu lassen, damit sich
niemand in so großer und wichtiger sachen ainicher
unwissenhait zu entschuldigen, sonder sich aller-
dings von unrechtmeßiger vermischung, unzucht
und leichtfertiger unerbarkait genzlich zu verhueten
und zu enthalten habe bei vermeidung gotlichs zorns
und unser hochsten straf und ungnad.
Und anfenglich, sovil die in gotlichen und welt-
lichen rechten verbotene gradus oder glid der bluts-
freundschaft und schwegerschaft belangt, wiewol
wir in unser kirchenordnung und vorigem eheman-
dat die gemaine ordnung setzen und einverleiben
lassen, zu welchen personen ainem jeglichen verbo-
ten sei, sich zu verheiraten (darvon wir gleichwol
hierinnen nichts anders endern, dann, daß wir den
driten grad absteigender seiten gleicher und un-
gleicher linien der bluts- und schwegerschaft inclu-
sive itzt auser1 erheblichen ursachen auch verboten
haben wollen), so hat es sich doch manigfaltiglich
zugetragen, daß der gemaine man solche ordnung
nicht verstanden und deswegen oft darob in Gottes
zorn und unser als des landsfursten ungnad und
straf gefallen wer, wo man nicht sunst zeitliche ab-
wendung geton und die verbotene ehehendel fur-
kummen2 het. Also wollen wir deshalben hernach-
volgend in etlich figuren austrucklich mit namen
kurz setzen, welche personen sich von den andern
aller eheverlubtnus und vermischung durchaus zu
enthalten, neben anzaigung, wie man sich auch bei
etlichen underschidlichen fellen in ehesachen ent-
lich richten und erzaigen solle.
gültigen Fassung (Papier, Quart, 25 Blätter. -Wei-
ßenburg Stadtarchiv Nr. 4596). Siehe oben S. 35!
1 = aus (Grimm 1, 1030).
2 = vorkommen, verkommen = verhüten, verhindern
(Schmeller 1, 1248. - Grimm 4 1 1, 760).

16 Sehling, Bayern III

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