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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0276
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frei2. Nach Weiden kam als Prediger Joh. Freysleben - ersichtlich wegen seiner evangelischen Gesinnung
und offenbar auf eine erst eigens für diesen Zweck gestiftete Stelle. Er hatte ja schon 1521 in Elbogen
evangelisch gepredigt. Nun predigte er - ganz wie es Zwingli 1519 in Zürich begonnen hatte - fortlaufend
über das Matthäusevangelium3. 1523 klagte der Abt von Waldsassen gar sehr über den großen Aufruhr,
den Luther und sein Anhang mit Predigen und Schreiben in die dem Kloster inkorporierten Pfarreien
brächten4. Der Augustinerprior von Schönthal wurde wegen seiner evangelischen Gesinnung nach
Regensburg zitiert und mußte dort widerrufen5. Der Weidener Prediger Freysleben, der inzwischen eine
Schrift gegen das Salve geschrieben hatte, wurde wegen seiner evangelischen Haltung angeklagt. Im
Dezember 1523 entzog er sich der drohenden Gefangennahme durch die Flucht. Im Februar 1524 stärkte
er seine Gemeinde durch einen Brief6 .
So verbot denn Kurfürst Ludwig am 16. Juni 1524, ,,nachdem die lutherische Lehre etwas hoch und
fest zugenommen, dadurch die Christgläubigen in zweifelhafte Meinung geführt, ... bei dem Wein oder
sonst zu disputieren“7. Als aber dann der Nürnberger Reichstag für den Herbst 1524 ein deutsches
Nationalkonzil beschloß und sich die Stände des Fränkischen Kreises durch Umfragen bei ihren Geist-
lichen darauf vorbereiteten, folgte Pfalzgraf Friedrich diesem Vorbild. Am 2. Sept. 1524 befahl er allen
Klöstern, Landkapiteln und Städten, bis zum 28. Oktober Gutachten über die strittigen Fragen vorzu-
legen. Er erhielt auch über 20 Schreiben. Darunter erklärte Amberg ganz evangelisch, man wisse nach
langen Aussprachen von keinem anderen Richter in diesen Fragen als der Heiligen Schrift. Ebenso
äußerte sich Weiden stark evangelisch. Neumarkt hielt eine Reformation für unvermeidlich, wenn nicht
eine Revolution ausbrechen sollte. Die Geistlichen aber standen fast ausschließlich auf der altgläubigen
Seite. Nur Pfarrer Andreas Flamm von Stöckelsberg reichte gegenüber dem Votum seines Kapitels Neu-
markt ein evangelisches Separatgutachten ein. Der Eifer war hier wie anderswo vergeblich. Schon am
15. Juli hatte der Kaiser das Nationalkonzil verboten8. Die Bewegung im Volk war dadurch natürlich
nicht gestillt. So erließ Friedrich auch 1525 einige Reformmandate - am 19. Juni ein allerlei Fragen
behandelndes, am 8. Juli noch eine gesonderte Feiertagsordnung und am 3. September eines gegen ver-
schiedene Unsitten, aber auch zur Abhaltung besonderer religiöser Veranstaltungen zur Abwehr des
göttlichen Zornes9. Sie liegen durchaus auf der Linie des Regensburger Reformationskonventes der päpst-
lichen Stände Süddeutschlands10 und können daher nicht als evangelische Kirchenordnungen gelten.
Doch wollte er auch nach einer Aussprache mit Markgraf Kasimir von Brandenburg in Auerbach am
16. Aug. 1525 dem Wunsch des Volkes nach evangelischer Predigt entgegenkommen, indem er -freilich
vergeblich - beim Kurfürsten ein Mandat erbat, das eine fortlaufende Schriftlesung anordnete11.
Solche Wassertropfen konnten freilich den Steppenbrand nicht löschen. Seit 1524 holte sich Cham
einen evangelischen Prediger um den andern. 1540 waren die Evangelischen im Besitz der Pfarrkirche.
Dem katholischen Pfarrherrn sperrten die Bürger so lange das Einkommen, bis er auch den Laien den
Kelch reichte12.
Natürlich war in Weiden nach Freyslebens Vertreibung keine Ruhe. Zwar fehlen Einzelnachrich-
ten. Doch war seit 1536 Heinrich Kunelt dort als evangelischer Prediger bis in die Zeit Ottheinrichs tä-
2 Simon, BPfB 951. 3 Simon, Freysleben.
4 Friedr. Lippert, Reformation und Gegenreformation in der Landgrafschaft Leuchtenberg, in: BbKG 8 (1902) 133.
5 Götz, Bewegung 43.
6 Siehe Anm. 3!
7 Götz, Bewegung 16. — Lippert, Reformation 10.
8 Lippert, Reformation 10-17.- Götz, Bewegung 16ff. - Suttner, Beiträge zur Geschichte des Protestantismus im
Bistum Eichstätt, in: Eichstätter Pastoralblatt 17 (1870) 11f. 54.
9 Götz, Bewegung 24f. — Lippert, Reformation 17ff. - Walter Müller 99. 110.
10 Gg. Pfeilschifter, Acta reformationis catholicae. 1 (München-Regensburg 1959) 294-393.
11 Wittmann 6ff. - Lippert, Reformation 20. - Götz, Bewegung 25f. - Walter Müller 108. 112.
12 Götz, Bewegung 74-77.

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