fort mit den entsprechenden Änderungen auch in den gottesdienstlichen Formen. 1563 brachten der
Heidelberger Katechismus und die aus Straßburger und württembergischen Elementen aufgebaute
Heidelberger Kirchenordnung den vorläufigen Abschluß3. Diese gestand - neben anderen Änderungen -
das Taufrecht nur den Geistlichen zu und unterband dadurch die Nottaufe.
Jetzt setzte sich die bisher verschonte Oberpfalz zur Wehr. In ihr war ja nicht erst wie dort (wo es
aber auch harte Widerstände gab) vor ein paar Jahren einem bis dahin von der reformatorischen Be-
wegung wenig berührten Lande eine neue Kirchenordnung übergestülpt worden. Hier hatten sich die
Gemeinden in teilweise jahrzehntelangem Kampf gegen geistliche und weltliche Obrigkeit ihr Luthertum
erkämpft. Und die Vertreter dieses Landes mußten sich nun, als sie ihrem Landesherrn bei seiner An-
wesenheit in Amberg die Bitte vortrugen, mit solchen Änderungen verschont zu werden, von diesem sagen
lassen, daß über die Religion allein er zu bestimmen habe. Zu den an sich schon bedeutsamen Wesens-
unterschieden zwischen der unteren und der oberen Pfalz kam jetzt noch ein besonders tiefer: der kirch-
lich-religiöse.
Friedrich III. hatte aber auch sonst mit solchem Vorgehen in der Oberpfalz eine schlechte Aus-
gangsstellung. Sein Statthalter in der Oberpfalz war sein Bruder Ludwig4 und dieser war entschieden
lutherisch. Dazu hatte dieser zwei starke Bundesgenossen in zwei verhältnismäßig selbständig gewordenen
Landesteilen. In dem geschlossenen Besitz des Klosters Waldsassen, dem Stiftsland, saß als Administra-
tor der dritte Bruder, Richard5, und Neumarkt samt den umliegenden Ämtern war das Wittum der Kur-
fürstinwitwe Dorothea6 7. Richard und Dorothea waren nicht weniger lutherisch. In diesen drei Personen
hatten die Gemeinden mit ihren Pfarrern sehr starke Hilfen. Diese wandten sich auch an den Kaiser und
erreichten hier einen Brief an den Kurfürsten, worin sehr scharf darauf hingewiesen wurde, daß der
Religionsfriede von 1555 nur den Anhängern des Augsburger Bekenntnisses gelte. So unterblieb zu-
nächst ein schärferes Eingreifen. Was aber geschah - besonders die Vorbereitungen für die Errichtung
eines kalvinischen Pädagogiums in Amberg -, erregte so viel Mißstimmung im Volk, daß Pfalzgraf
Richard die Landstände zusammenkommen lassen wollte, was der Kurfürst aber unter Mißachtung
ihres Rechtes verbot7.
Da brachte 1566 der Reichstag zu Augsburg eine Änderung. Friedrich III. nahm die Confessio
Augustana als Rechtsgrundlage für seine Kirche in Anspruch. Gleichzeitig aber erklärte er durch die
Bezeichnung ,,reformiert“ für diese, daß er im übrigen die Kirchen der Augsburgischen Konfession noch
3 Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort reformierten Kirche (herausgeg. von Wilh. Nie-
sel). München 1936. 136ff. — Sehling 14 Nr. 31. — Nur anmerkungsweise sei die 1563 im Druck — auch in einem
besonderen Druck für die Oberpfalz - veröffentlichte Eheordnung vom 30. Juli 1562 (Sehling 14 Nr. 27,—Richter
2, 256f.) erwähnt. Sie gehört streng genommen nicht zu den Kirchenordnungen. Sie ist — wie die Ehegerichtsordnung
von 1563 (Sehling 14 Nr. 29) — ein rein staatliches Gesetz, das Theologen nicht einmal als Gutachter kennt. Eine
gleichzeitig erlassene Polizeiordnung (Sehling 14 Nr. 26) konnte in der Oberpfalz nicht eingeführt werden. In
diese gleiche Gruppe reiner Polizeiverordnungen gehört auch ein - ebenfalls für die Oberpfalz in besonderen Drucken —
1575 erlassenes, oft erneuertes Mandat gegen Blutschande, Notzucht, Raub oder Entführung, außerehelichen Bei-
schlaf und Hurerei (Sehling 14 Nr. 56f.).
4 Geb. 1539. — 1563 Amberg Statthalter der Oberpfalz, 1576 Heidelberg Kurfürst — † 1582 (Häußer 2, 85-131. —
ADB 19, 577-580. - Struve 293-381. - Schottenloher 32 236-32 254).
5 Geb. 1521 - 15 .. Domherr in Speyer, bald auch in Mainz, Köln und Straßburg, 1559 Köln (und Straßburg) Dom-
propst (bis 1562), 1560 Tirschenreuth Administrator des Stiftslandes Waldsassen (bis 1571), 1569 Simmern
Regent - † 1597 (ADB 28, 418ff. - Götz, Kalvinismus 54f. — Lippert, Reformation 103ff. — Matth. Simon,
Die Entstehung des Liedes ,,Herzlich lieb hab ich dich“, in: ZbKG 24 [1955] 27. 32). - Schottenloher 32 328-
32 333).
6 Tochter des Königs Christian II. von Dänemark. - Geb. 1520, seit 1535 Gemahlin des (nachmaligen) Kurfürsten
Friedrichs II. von der Pfalz, seit 1556 Witwe in Neumarkt i. d. Opf. — † 1580 (Lippert, Reformation 101ff. -
Ad. Hasenclever. — Götz, Kalvinismus 69. — Weigel, Ordination 105f.)
7 Götz, Kalvinismus 35-42. 62ff.
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Heidelberger Katechismus und die aus Straßburger und württembergischen Elementen aufgebaute
Heidelberger Kirchenordnung den vorläufigen Abschluß3. Diese gestand - neben anderen Änderungen -
das Taufrecht nur den Geistlichen zu und unterband dadurch die Nottaufe.
Jetzt setzte sich die bisher verschonte Oberpfalz zur Wehr. In ihr war ja nicht erst wie dort (wo es
aber auch harte Widerstände gab) vor ein paar Jahren einem bis dahin von der reformatorischen Be-
wegung wenig berührten Lande eine neue Kirchenordnung übergestülpt worden. Hier hatten sich die
Gemeinden in teilweise jahrzehntelangem Kampf gegen geistliche und weltliche Obrigkeit ihr Luthertum
erkämpft. Und die Vertreter dieses Landes mußten sich nun, als sie ihrem Landesherrn bei seiner An-
wesenheit in Amberg die Bitte vortrugen, mit solchen Änderungen verschont zu werden, von diesem sagen
lassen, daß über die Religion allein er zu bestimmen habe. Zu den an sich schon bedeutsamen Wesens-
unterschieden zwischen der unteren und der oberen Pfalz kam jetzt noch ein besonders tiefer: der kirch-
lich-religiöse.
Friedrich III. hatte aber auch sonst mit solchem Vorgehen in der Oberpfalz eine schlechte Aus-
gangsstellung. Sein Statthalter in der Oberpfalz war sein Bruder Ludwig4 und dieser war entschieden
lutherisch. Dazu hatte dieser zwei starke Bundesgenossen in zwei verhältnismäßig selbständig gewordenen
Landesteilen. In dem geschlossenen Besitz des Klosters Waldsassen, dem Stiftsland, saß als Administra-
tor der dritte Bruder, Richard5, und Neumarkt samt den umliegenden Ämtern war das Wittum der Kur-
fürstinwitwe Dorothea6 7. Richard und Dorothea waren nicht weniger lutherisch. In diesen drei Personen
hatten die Gemeinden mit ihren Pfarrern sehr starke Hilfen. Diese wandten sich auch an den Kaiser und
erreichten hier einen Brief an den Kurfürsten, worin sehr scharf darauf hingewiesen wurde, daß der
Religionsfriede von 1555 nur den Anhängern des Augsburger Bekenntnisses gelte. So unterblieb zu-
nächst ein schärferes Eingreifen. Was aber geschah - besonders die Vorbereitungen für die Errichtung
eines kalvinischen Pädagogiums in Amberg -, erregte so viel Mißstimmung im Volk, daß Pfalzgraf
Richard die Landstände zusammenkommen lassen wollte, was der Kurfürst aber unter Mißachtung
ihres Rechtes verbot7.
Da brachte 1566 der Reichstag zu Augsburg eine Änderung. Friedrich III. nahm die Confessio
Augustana als Rechtsgrundlage für seine Kirche in Anspruch. Gleichzeitig aber erklärte er durch die
Bezeichnung ,,reformiert“ für diese, daß er im übrigen die Kirchen der Augsburgischen Konfession noch
3 Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort reformierten Kirche (herausgeg. von Wilh. Nie-
sel). München 1936. 136ff. — Sehling 14 Nr. 31. — Nur anmerkungsweise sei die 1563 im Druck — auch in einem
besonderen Druck für die Oberpfalz - veröffentlichte Eheordnung vom 30. Juli 1562 (Sehling 14 Nr. 27,—Richter
2, 256f.) erwähnt. Sie gehört streng genommen nicht zu den Kirchenordnungen. Sie ist — wie die Ehegerichtsordnung
von 1563 (Sehling 14 Nr. 29) — ein rein staatliches Gesetz, das Theologen nicht einmal als Gutachter kennt. Eine
gleichzeitig erlassene Polizeiordnung (Sehling 14 Nr. 26) konnte in der Oberpfalz nicht eingeführt werden. In
diese gleiche Gruppe reiner Polizeiverordnungen gehört auch ein - ebenfalls für die Oberpfalz in besonderen Drucken —
1575 erlassenes, oft erneuertes Mandat gegen Blutschande, Notzucht, Raub oder Entführung, außerehelichen Bei-
schlaf und Hurerei (Sehling 14 Nr. 56f.).
4 Geb. 1539. — 1563 Amberg Statthalter der Oberpfalz, 1576 Heidelberg Kurfürst — † 1582 (Häußer 2, 85-131. —
ADB 19, 577-580. - Struve 293-381. - Schottenloher 32 236-32 254).
5 Geb. 1521 - 15 .. Domherr in Speyer, bald auch in Mainz, Köln und Straßburg, 1559 Köln (und Straßburg) Dom-
propst (bis 1562), 1560 Tirschenreuth Administrator des Stiftslandes Waldsassen (bis 1571), 1569 Simmern
Regent - † 1597 (ADB 28, 418ff. - Götz, Kalvinismus 54f. — Lippert, Reformation 103ff. — Matth. Simon,
Die Entstehung des Liedes ,,Herzlich lieb hab ich dich“, in: ZbKG 24 [1955] 27. 32). - Schottenloher 32 328-
32 333).
6 Tochter des Königs Christian II. von Dänemark. - Geb. 1520, seit 1535 Gemahlin des (nachmaligen) Kurfürsten
Friedrichs II. von der Pfalz, seit 1556 Witwe in Neumarkt i. d. Opf. — † 1580 (Lippert, Reformation 101ff. -
Ad. Hasenclever. — Götz, Kalvinismus 69. — Weigel, Ordination 105f.)
7 Götz, Kalvinismus 35-42. 62ff.
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