[II 1] Ordnung der kirchen,
wie man dieselben zu Amberg im spital pflegt zu halten.
[1544].
Zum ersten, soe der priester in seinem habitu nach
altem gebrauch der kirchen1 uber den altar tritt,
singt2 unser schulmeister mit den knaben das latei-
nisch Veni, Sancte..., darauf der priester ein deut-
sche collecten3 sampt dem versikel4, umb gnad des
Hailigen Gaistes bittende.
Nachmals singt der chor den introitum missae de
S[ancta] Trinitate5 oder sonst de tempore und die
Druckvorlage: Vorlage der Geistlichen mit Kor-
rekturen seitens der Stadt (Papier, Folio, 2 Blätter -
Amberg StadtA, Administration: Kirchenwesen,
Fasc. 1, 2. Teil Bl. 54f. - Abschrift der korrigierten
Reinschrift: Amberg StadtA, Administration: Kir-
chensachen, Fasc. 1, 2. Teil f. 52. 53. 56. 57. 52r Über-
schrift [wie 53], 52v leer, 56 leer, 57 leer bis auf eine
nicht einschlägige Anrede). — Die Korrekturen, mit
denen der Bericht der Regierung vorgelegt wurde, wer-
den in den Fußnoten unter II gebracht. - Götz, Be-
wegung 106. — Siehe oben S. 259!
1 = im Meßgewand.
2 Was hier in diesem beachtenswerten Versuch als
Rüsthandlung für die Gemeinde anstatt des Stufen-
gebetes (mit dem Confiteor) als einer Rüsthandlung
des zelebrierenden Geistlichen vor den Introitus ge-
setzt ist, ist wahrscheinlich eine Form des Akzesses.
Dieser ist die erste der drei vorgeschriebenen Rüst-
handlungen des Geistlichen. Diese war nicht - wie
die auf ihn folgende Praeparatio ad missam (u.a.
mit den Gebeten bei Anlegung der einzelnen Be-
standteile der Meßkleidung) und die dann schon in
der Messe selbst in Gestalt des Stufengebetes - im
Meßbuch ihrer Form nach genau vorgeschrieben,
konnte daher örtlich und persönlich durchaus ver-
schieden sein und auch die Form einer Andacht, mit
der Priester sich gemeinsam auf die Feier der Messe
vorbereiteten, annehmen (Jungmann 1, 357. —
B. Klaus, Die Rüstgebete, in: Leiturgia 2, 528).
Eine Anweisung dazu in überaus reicher Form bot
der um die Wende des 15. und 16. Jahrhunderts ge-
druckte und - offenbar aus Amberger Bestand — in
der Bibliothek des dortigen Gymnasiums erhaltene
Ordo misse secundum morem ecclesie Ratisponensis
(abgedruckt bei Anton Beck, Kirchliche Studien und
Quellen. Amberg 1903. 257-273 [Der Akzeß selbst
259 ff.]). In ihm finden sich unter anderem alle hier
drei Kirie mit sampt dem Et in terra - alles latei-
nisch, wie hievor in der kirchen gehalten worden.
Darauf der priester ob dem altar wider ein collecten
und die epistel, so allenthalben sonst auch gewön-
lich der zeit nach gesungen wurdet, teusch pflegt zu
singen. Zu end desselben singet der chor das Alleluja
sampt dem sequenz6 oder für denselben ainen teu-
schen psalm. Alsdann singt der priester ob dem altar
genannten oder vermuteten Stücke. - In ähnlicher
Weise war - mit dieser Form im Aufbau ganz über-
einstimmend - ein solches Stück von Luther seinen
im Gemeindegottesdienst (nach dem Meßschema) in
Anschluß an die Predigt erfolgenden Ordinationen
vorgesetzt worden (WA 38, 424). Eine ähnliche Form
als Gottesdiensteingang verwendete die Kirchen-
ordnung des Hochstiftes Verden von 1606 ( Sehling
7 I 155 f.). Das beweist doch wohl, daß diese Form
des Akzesses in Deutschland weit verbreitet war.
3 Gemeint ist gewiß die von Luther verwendete Kol-
lekte des Pfingstsonntags, wobei lediglich das zu an-
derer Zeit unpassende „hodierna die“ ausgeschieden
wurde, also: Deus, qui corda fidelium Sancti Spiritus
illustratione docuisti, da nobis in eodem Spiritu
recta sapere et de ejus semper consolatione gaudere,
per Dominum nostrum Jesum Christum, filium tuum,
qui tecum vivit et regnat in unitate ejusdem Spiritus
Sancti, Deus per omnia saecula saeculorum. Amen. Das
Gebet ist in der Pfingstkollekte der brandenburgisch-
nürnbergischen Kirchenordnung von 1533 (Sehling
11, 193) verarbeitet. Vielleicht ist diese hier gemeint.
4 Der Versikel wurde nicht, wie es hier scheinen könnte,
nach, sondern vor dem Gebet gesungen. - Luther ver-
wendet den Versikel: Cor mundum crea in me, Deus,
et spiritum rectum innova in vesceribus meis [Ps. 51,
12]! (WA 38, 424). — Der Anm. 2 genannte Ordo
kennt hier nicht einen einzelnen Versikel, sondern
eine Reihe, darunter Ps. 51, 12ff. (Beck 260).
5 In einfacheren Kirchen wurden im Mittelalter statt
der sonntäglich wechselnden Bestandteile der Messe
gewöhnlich immer die der Messe des Dreifaltigkeits-
sonntags verwendet (Jungmannl,— Bernh. Klaus,
Die Nürnberger Deutsche Messe 1524, in: Jahrbuch
für Liturgik und Hymnologie 1 [Kassel 1955] 9). Aus
ihr ist hier aber nur der Introitus übernommen
(Sehling 11, 40).
6 Siehe oben S. 71 Anm. 7!
wie man dieselben zu Amberg im spital pflegt zu halten.
[1544].
Zum ersten, soe der priester in seinem habitu nach
altem gebrauch der kirchen1 uber den altar tritt,
singt2 unser schulmeister mit den knaben das latei-
nisch Veni, Sancte..., darauf der priester ein deut-
sche collecten3 sampt dem versikel4, umb gnad des
Hailigen Gaistes bittende.
Nachmals singt der chor den introitum missae de
S[ancta] Trinitate5 oder sonst de tempore und die
Druckvorlage: Vorlage der Geistlichen mit Kor-
rekturen seitens der Stadt (Papier, Folio, 2 Blätter -
Amberg StadtA, Administration: Kirchenwesen,
Fasc. 1, 2. Teil Bl. 54f. - Abschrift der korrigierten
Reinschrift: Amberg StadtA, Administration: Kir-
chensachen, Fasc. 1, 2. Teil f. 52. 53. 56. 57. 52r Über-
schrift [wie 53], 52v leer, 56 leer, 57 leer bis auf eine
nicht einschlägige Anrede). — Die Korrekturen, mit
denen der Bericht der Regierung vorgelegt wurde, wer-
den in den Fußnoten unter II gebracht. - Götz, Be-
wegung 106. — Siehe oben S. 259!
1 = im Meßgewand.
2 Was hier in diesem beachtenswerten Versuch als
Rüsthandlung für die Gemeinde anstatt des Stufen-
gebetes (mit dem Confiteor) als einer Rüsthandlung
des zelebrierenden Geistlichen vor den Introitus ge-
setzt ist, ist wahrscheinlich eine Form des Akzesses.
Dieser ist die erste der drei vorgeschriebenen Rüst-
handlungen des Geistlichen. Diese war nicht - wie
die auf ihn folgende Praeparatio ad missam (u.a.
mit den Gebeten bei Anlegung der einzelnen Be-
standteile der Meßkleidung) und die dann schon in
der Messe selbst in Gestalt des Stufengebetes - im
Meßbuch ihrer Form nach genau vorgeschrieben,
konnte daher örtlich und persönlich durchaus ver-
schieden sein und auch die Form einer Andacht, mit
der Priester sich gemeinsam auf die Feier der Messe
vorbereiteten, annehmen (Jungmann 1, 357. —
B. Klaus, Die Rüstgebete, in: Leiturgia 2, 528).
Eine Anweisung dazu in überaus reicher Form bot
der um die Wende des 15. und 16. Jahrhunderts ge-
druckte und - offenbar aus Amberger Bestand — in
der Bibliothek des dortigen Gymnasiums erhaltene
Ordo misse secundum morem ecclesie Ratisponensis
(abgedruckt bei Anton Beck, Kirchliche Studien und
Quellen. Amberg 1903. 257-273 [Der Akzeß selbst
259 ff.]). In ihm finden sich unter anderem alle hier
drei Kirie mit sampt dem Et in terra - alles latei-
nisch, wie hievor in der kirchen gehalten worden.
Darauf der priester ob dem altar wider ein collecten
und die epistel, so allenthalben sonst auch gewön-
lich der zeit nach gesungen wurdet, teusch pflegt zu
singen. Zu end desselben singet der chor das Alleluja
sampt dem sequenz6 oder für denselben ainen teu-
schen psalm. Alsdann singt der priester ob dem altar
genannten oder vermuteten Stücke. - In ähnlicher
Weise war - mit dieser Form im Aufbau ganz über-
einstimmend - ein solches Stück von Luther seinen
im Gemeindegottesdienst (nach dem Meßschema) in
Anschluß an die Predigt erfolgenden Ordinationen
vorgesetzt worden (WA 38, 424). Eine ähnliche Form
als Gottesdiensteingang verwendete die Kirchen-
ordnung des Hochstiftes Verden von 1606 ( Sehling
7 I 155 f.). Das beweist doch wohl, daß diese Form
des Akzesses in Deutschland weit verbreitet war.
3 Gemeint ist gewiß die von Luther verwendete Kol-
lekte des Pfingstsonntags, wobei lediglich das zu an-
derer Zeit unpassende „hodierna die“ ausgeschieden
wurde, also: Deus, qui corda fidelium Sancti Spiritus
illustratione docuisti, da nobis in eodem Spiritu
recta sapere et de ejus semper consolatione gaudere,
per Dominum nostrum Jesum Christum, filium tuum,
qui tecum vivit et regnat in unitate ejusdem Spiritus
Sancti, Deus per omnia saecula saeculorum. Amen. Das
Gebet ist in der Pfingstkollekte der brandenburgisch-
nürnbergischen Kirchenordnung von 1533 (Sehling
11, 193) verarbeitet. Vielleicht ist diese hier gemeint.
4 Der Versikel wurde nicht, wie es hier scheinen könnte,
nach, sondern vor dem Gebet gesungen. - Luther ver-
wendet den Versikel: Cor mundum crea in me, Deus,
et spiritum rectum innova in vesceribus meis [Ps. 51,
12]! (WA 38, 424). — Der Anm. 2 genannte Ordo
kennt hier nicht einen einzelnen Versikel, sondern
eine Reihe, darunter Ps. 51, 12ff. (Beck 260).
5 In einfacheren Kirchen wurden im Mittelalter statt
der sonntäglich wechselnden Bestandteile der Messe
gewöhnlich immer die der Messe des Dreifaltigkeits-
sonntags verwendet (Jungmannl,— Bernh. Klaus,
Die Nürnberger Deutsche Messe 1524, in: Jahrbuch
für Liturgik und Hymnologie 1 [Kassel 1955] 9). Aus
ihr ist hier aber nur der Introitus übernommen
(Sehling 11, 40).
6 Siehe oben S. 71 Anm. 7!