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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0345
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II 10. Mandatum de non calumniando (Schmähverbot)
vom 24. Nov. 1584.

Pfaltzgraff Johann Casimirs etc. | Vormunds vnd der Churfürst-|lichen Pfaltz
Admini-| stratoris etc. | Mandat vnd beuelch | die vnterlassung vnd abschaffung
des | ergerlichen, vnchristlichen vnd vnwar-|hafften bezüchtigens, condem- |
nirens vnnd lesterens be- | treffend etc.
[Wappen]
Gedruckt inn der Churfürstlichen / Statt Amberg durch Micha- / lem Mülmarckart /1584.

Wir, Johanns Casimir, von Gottes gnaden pfalz-
graf bei Rhein, vormund und der churfürstliehen
Pfalz administrator, herzog in Baiern etc.,
entbieten unserm vicetumb, canzler und räten,
auch allen und jeden prelaten, freien herren, rittern,
ober- und undern ambtleuten, landrichtern, pfle-
gern, schultheisen, landsässen, verwaltern, rent-
meistern, landschreibern, castnern, richtern, burger-
maistern, räten, gerichten, burgern, gemeinden,
auch pfarrherrn, predigern, kirchen- und schuldie-
nern, undertanen und verwandten, geistlichen, welt-
lichen, edlen und unedlen, in was stands oder we-
sens die seien, des obern fürstentumbs der chur-
fürstlichen Pfalz in Baiern unsern gönstigen und
gnedigen gruß
und geben euch hiemit zu vernemen, daß wir
nicht ohne bekümmernus in bestendigem bericht
soviel befunden, daß in dem gemelten obern zu der
churfürstlichen Pfalz gehörigen fürstentumb zu
Baiern auf den canzeln und in schulen allerhand
ärgerliche, unchristliche schmehung, lesterung und
verdammung weiland des hochgebornen fürstens,

Druckvorlage: Originaldruck (Papier, Quart,
6 Bl. [1. u. 6v leer]. - Amberg StA ORuR 79). — Siehe
oben S. 272!
1 So berechtigt Kasimirs Verwahrung gegen den Vor-
wurf des Zwinglianismus (siehe oben S. 9) war,
so wenig hatte er ein Recht, sich gegen den des Kal-
vinismus zu wehren. Friedrich III. hatte bewußt die
Abendmahlslehre Calvins übernommen und Schüler
Calvins für seine kirchliche Umgestaltung herbei-
geholt. Diese Verwahrung konnte nur in dem Sinne

pfalzgraf Friderichs, churfürsten, unsers freund-
lichen lieben herrn vaters christseliger gedechtnus,
und unserer christlichen in Gottes wort gegründten
confession und glaubensbekandnus unter den ver-
haßten namen calvinisten, zwinglianer1 unge-
scheucht vorgehen, indem wir und unsere kirchen-
diener bezüchtiget werden, als solten wir glauben
und lehren, Christi leib und blut sei nicht im nacht-
mal, sondern nur brod und wein, wir nemen den
rechten kern hinweg und lassen nur hülsen und
spreuer da und empfangen nur bloße zeichen des
weit, weit abwesenden leibs unsers Herrn Jesu
Christi, wir lügenstrafen unsern Herrn Jesum Chri-
stum und stümmeln ihm sein testament und, da er
sage: ,,Nemet hin! Das ist mein leib“, sagen wir:
Nein, wir empfangen nur zeichen seines leibs. Wir
berauben Christum seiner majestät, allmacht und
herrlichkeit und machen einen unmechtigen men-
schen aus ihm, den wir im himmel einschließen und
an ein gewiß ort anbinden, und sei derhalben unsere
und unserer kirchendiener lehr dem arianismo2 nahe
verwandt. Item wir machen zwei Christos, einen der
erfolgen, in dem auch Luther sich dagegen zur Wehr
setzte, daß man seine in der Heiligen Schrift gegrün-
dete Lehre als lutherisch bezeichnete.
2 nach Arius, Presbyterin Alexandrien (um 260-† 336).
- Gegen ihn hatte sich das Konzil von Nizäa (325)
mit dem Nizänischen Glaubensbekenntnis (Be-
kenntnisschriften 26f.) und Athanasius gewandt
(RE 2, 6ff. - RGG 13, 593f. 606. - LThK 12,
829f.). Wegen seiner Lehre von der bloßen Gott-
ähnlichkeit des Herrn Christus wiederholt entlassen,
aber auch wieder eingesetzt.

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