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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0347
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II 10 Schmähverbot von 1584

irrige, falsche lehr ungütlich und fälschlich zugelegt
wird und dann Gottes wort selbs höchlich verbeüt,
uber seinen nechsten falsch zeugnus zu geben, wir
auch als der churfürstlichen Pfalz administrator
tragenden ampts und. administration wegen uns
schuldig erkennen, sowol in dem drobigen fürsten-
tumb zu Bayern als hieunden am Rhein alle calum-
nien, lesterungen, schmehunge und unzeitige ver-
dammungen reiner und unverfelschter lehr abzu-
schaffen und ernstlich zu strafen in ansehung, daraus
anders nichts denn noch weitere verwirrung des ge-
meinen manns und trennungen in der kirchen Gottes
entstehen können,
als gebieten wir hiemit ernstlich und wöllen, daß
meniglich, wer der auch sei, insonderheit aber die
schuldiener in den schulen und die kirchendiener
auf den canzlen und sonst allenthalben sich obange-
zogener und anderer falschen bezüchtigung, leste-
rungen, schmehungen und verdammungen genz-
lichen enthalten, in verrichtung ihres ampts ihrer
preceptorn und lehrer4 namen nicht mißbrauchen
noch deren ansehen Gottes wort vorziehen, sonder-
lich aber ihre privat- und eigene affecten auf ein ort
setzen, das wort Gottes rein, lauter und unverfelscht
predigen, sich alles schendens, lesterns und schme-
hens allerdings müßigen, einer den andern mit
treuen meinen, einander für brüder und glieder eines
leibs in Christo erkennen und halten, die heilige
biblische schrift der gemein Gottes getreulich für-
tragen, ire zuhörer zur ehre, forcht und lieb Gottes
und des nechsten anweisen und vermahnen und für
ihre person selbs ihrer anbefolhenen herd mit gottes-

4 Damit kann praktisch nur Luther gemeint sein.
Melanchthon und seine Freunde waren für die Ultra-
lutheraner schon Kalvinisten (siehe unten S. 379.

forcht, guten exempeln, heiligem, unsträflichem
leben und wandel fürleuchten und ein fürbild sein,
inen auch nicht höhers angelegen sein lassen als ihre
zuhörer, so für christen gerümbt und gehalten sein
wöllen, dahin durch vermanung, bitt und betrö-
wung zur rechten zeit und zur unzeit ernstlich wei-
sen, daß sie ihrem beruf nach, wie christen gebürt,
würdiglich und unstreflich wandlen, ir leben bessern,
ihnen selbs und allem gottlosem wesen, auch welt-
lichen lüsten absagen, meßig, nüchtern, gerecht und
gottselig leben und unsern Herrn und Heiland
Jesum Christum, der die lebendigen und toten rich-
ten und einem jeden nach seinen werken vergelten
wird, aus dem himmel erwarten,
und bevelhen demnach euch obgedachten unserm
vicetumb, canzlern, räten, ober- und unterampt-
leuten, verwaltern und bevehlhabern bei den pflich-
ten, damit sie uns verwandt sind, daß sie uber die-
sem unserm christlichen edict steif und fest halten,
die verbrecher desselben ernstlich strafen, auch, wo
von nöten, an uns gelangen lassen, so lieb ihnen ist,
unsere ungnad zu vermeiden.
An dem allem geschicht, was Gott dem Allmech-
tigen gefellig, dem nechsten erbaulich und unser
ernstliche will und meinung ist.
Zu urkund haben wir unser secret hie zu ende auf-
drucken lassen.
Gegeben zu Amberg, den vierundzweinzigsten
tag des monats Novembris im jar nach Christi un-
sers seligmachers geburt eintausentfünfhundert und
im vierundachzigsten.

494), und ihre Wortführer genossen im lutherischen
Raum nur teilweise Anerkennung.

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