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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0403
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Scheint also der Gemeindegesang eine etwas dürftige Rolle gespielt zu haben, so erreichte dafür der
Kunstgesang - einstimmig und mehrstimmig (als die oft erwähnte Figuralmusik) - in Regensburg doch
eine Höhe von gesamtdeutscher Bedeutung durch Andreas Raselius48.
Sehr interessant ist auch der ausführliche Katechismus, der eingefügt wird. Er besteht im allgemei-
nen in Umschreibungen Martin Luthers, ohne sich aber immer und fest an diese zu halten. Er scheint
auch nicht unmittelbar zur Vorlesung, sondern lediglich für die Vorbereitung des Geistlichen bestimmt
gewesen zu sein. Als Verfasser muß wohl Gallus angesehen werden.
Das äußere Aussehen der gottesdienstlichen Handlungen in dieser Zeit zeigen die Gemälde auf dem
Altar der Neupfarrkirche, die Michael Ostendorfer schuf49, sowie die Holzschnitte des gleichen Künst-
lers zum Katechismus von 1546.
Auch diese Kirchenordnung enthielt keine Zusammenstellung der Gebete und Vermahnungen, wie
sie in Agenden enthalten sind. Eine Agende war also daneben noch nötig. Es war das Agendbüch-
lein Veit Dietrichs, auf das die Kirchenordnung wiederholt verweist.
Von einer gelegentlich erwähnten Zuchtbehörde - den Censores - war bereits die Rede50.

Der verfassungsrechtliche Abschluß
Die rechtliche Organisation des Regensburger Kirchenwesens erfolgte allmählich und in organischer
Weise, indem zunächst einfach jeweils die aufkommenden Bedürfnisse befriedigt wurden. Das geschah
zunächst schon 1542 durch die Bestellung von zwei Kirchenpröpsten. 1545 und dann wieder 1555 wurde
ein Ehegericht unter dem Namen eines Konsistoriums eingerichtet. Es sollte - wie die älteren evangeli-
schen Konsistorien1 überhaupt - in keiner Weise ein Kirchenregiment sein, sondern eine neben dem
geistlichen Amt stehende Schlichtungsstelle für Ehestreitigkeiten. Daneben trat 1555 eine Kirchen-
zuchtsbehörde in den wiederholt genannten Censores, über die aber nichts Genaues bekannt ist2.
1572 wurde eine Neubearbeitung der Kirchenregimentsordnung von 1556 vorgenommen3. Sie trägt
zwar selbständigen Charakter, bewegt sich aber durchaus in der Bahn ihrer Vorgängerin. Als Theologe
war an ihr der Nachfolger des 1570 verstorbenen Gallus, Josua Opitius 4, der sie vielleicht auch veranlaßt
und entworfen hat, beteiligt.
Der volle Ausbau der Regensburger Kirchenverfassung geschah in Zusammenhang mit einer tief-
greifenden theologischen Umstellung. Regensburg war durch Nikolaus Gallus zu einem Hauptsitz der

48 * um 1562 Hahnbach bei Amberg als Pfarrersohn. - 1584 Kantor in Regensburg, 1600 Hofkapellmeister in Heidel-
berg-† 1602 (MGG 11, 1ff. - AD B 27, 321f. - Geyer, Gesangbücher 71-76.- Dollinger, Evangelium 306f.).
49 Heute im Stadtmuseum. - KDB Regensburg 2, 204. - Dollinger, Evangelium 220; Abb. 454ff.
60 S. 380!
1 K. Müller, Die Anfänge der Konsistorialverfassung im lutherischen Deutschland, in: Historische Zeitschrift 102
(1908) 1—30 (= K. Müller, Aus der akademischen Arbeit. Tübingen 1930. 175-191). — Heinr. Gürsching,
Die Entstehung des Ansbacher Konsistoriums, in: ZbKG 4 (1929) 13ff.
2 Siehe etwa unten S. 448, 486! 3 Unsere Nr. III 21 im Apparat.
4 * Neukirchen an der Pleiße 1542, † Büdingen 1585. - 1565 Burckhardsdorf, (1568 [nach Vertreibung als Flazia-
ner]?) Gera Diakonus, 1570 Regensburg Diakonus, 1571 Pfarrer und Superintendent, 1574 als Flazianer ent-
lassen, Wien Landschaftsprediger, 1578 vom Kaiser ausgewiesen, 1581 Büdingen — † (Serpilius 35-39. -
Raupach 132-136.- ADB 24, 369f.- Kirchengalerie der fürstlich preußischen Länder. 1 (Dresden 1841) 46.
83. 84. — Viktor Bibl, Das österreichische Reformationsdekret von 1578, in: JGGPÖ 23 [1902] 9-13. - Witz-
Oberlin, Opitiana, in: JGGPÖ 23 [1902] 22-45. - Reinhold Grünberg, Sächsisches Pfarrerbuch. Freiberg i. S.
1939/1940. 1, 73. 2, 657.-J.K.Mayr,Wiener Protestantengeschichte ..., in: JGGPÖ 70 [1954] 68-76; Der luth.
Landhausprediger J. O., ebenda 71 [1955] 9-13; [Über die] Leichenpredigt auf J. O., ebenda 68-72.)

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