Lehre des Flacius, der der reinste Nachfolger Martin Luthers sein wollte, geworden. Der entscheidende
Streitpunkt in der späteren Zeit war die von ihm aufgestellte Behauptung, daß das Wesen des Menschen
seit der Erbsünde völlig (in der Substanz) verdorben und sündig sei. Daneben war im Flazianismus
allerdings auch noch immer ein besonderes Selbständigkeitsstreben der Kirche gegenüber dem Staat. Im
Jahre 1573 kam es nun zu einer sehr ernsten Auseinandersetzung unter den Geistlichen in Regensburg.
Dabei mußten einige, darunter vor allem der Superintendent Opitius, als Flazianer weichen5. Dafür
spielt ein Gutachten des schwäbischen Theologen Jakob Andreä6, der damals auf der Höhe seiner Be-
mühungen um eine Einigung des deutschen Gesamtprotestantismus stand, eine entscheidende Rolle. Er
wurde nun für Regensburg der führende Mann.
Es war nun auch selbstverständlich, daß der Rat der Stadt Regensburg das Konkordienbuch unter-
schrieb und es auch durch seine Geistlichen und Lehrer unterzeichnen ließ7.
Im Jahre 1576 scheinen Zensur und Konsistorium miteinander verbunden worden zu sein. Auf alle
Fälle einigten sich damals Stadtregiment und Kirchenregiment über ein bestimmtes Verfahren beim
Ausschluß eines Gemeindegliedes vom Heiligen Abendmahl. Diesen durfte nur das Konsistorium ver-
fügen. Dieses Verfahren wurde ausführlich und eingehend der Gemeinde im Gottesdienst klargelegt. Da-
von, daß es dabei zu Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und den Geistlichen gekommen war,
spricht die nicht zur Veröffentlichung bestimmte Vorbemerkung8. Ganz klar wird allerdings nicht, worum
es ging; denn ein gleiches Verfahren kannte ja auch schon die Kirchenregimentsordnung von 1572.
Der Ernst, der aus diesen feierlichen Formen spricht, ist nicht zu verkennen, freilich auch nicht der
Unterschied gegenüber der Anwendung des gleichen biblischen Wortes (Matth. 18, 18) in den nürn-
bergischen Landpfarreien9, den pfalz-neuburgischen Gemeinden10 oder in den schwäbischen Reichsstäd-
ten11. Was dort brüderlich begann und nur zum Pfarrer oder höchstens zur kirchlichen Zensurbehörde
führte, begann hier gleich kirchenregimentlich und endete erst bei einer Stelle, in der alle drei Stände ver-
treten waren.
Eine am 19. September 1580 erlassene Heiratsordnung regelt eigentlich nur Fragen des ehelichen
Güterrechtes. Sie darf daher in dieser Ausgabe übergangen werden12.
Als 1588 erneut ein ernster Streit über die Frage, ob man für ausgeliehenes Geld auch nur 5 %
Zinsen nehmen dürfe, ausbrach, wurde Andreä nach Regensburg gebeten. Der gleichfalls berufene Hof-
prediger des Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Jakob Heilbrunner13, mußte sogar bis
Ostern 1588 bleiben14.
Diese Zeit benützte die Stadt, sich von beiden Männern ihre Kirchenregimentsordnung überarbeiten
und eine Konsistorialordnung ausarbeiten zu lassen.
Für die Konsistorialordnung, die als Grundlage für die Kirchenregimentsordnung zuerst erstellt
wurde, diente natürlich in erster Linie die im Jahre 1580 geschaffene sächsische Konsistorialordnung15
5 Simon, EKGB 327. — Dollinger, Evangelium 316ff— Loy, Der Flazianische Streit. - Dollinger, Regensburg
und Pfalz-Neuburg 192.
6 Siehe oben S. 32 Anm. 15! - Dollinger, Evangelium 150-153.
7 Bekenntnisschriften 17. - J. T. Müller 785. - Dollinger, Evangelium 322f.; Regensburg und Pfalz-Neu-
burg 194.
8 Unsere Nr. III 20.
9 Sehling 11, 524ff.
10 Siehe oben S. 179 ff. und die kurpfälzische Presbyterienordnung (S. 352-359)!
11 Sehling 12, 249-252.
12 MHStA Reichsstadt Regensburg Lit. 394 um f. 145.
13 Siehe oben S. 272 Anm. 12!
14 Loy, Wucherstreit. - Simon, EKGB 329. - Dollinger, Evangelium 354ff.; Regensburg und Pfalz-Neuburg
200f. 15 Sehling 1, 130-135. 359-457.
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Streitpunkt in der späteren Zeit war die von ihm aufgestellte Behauptung, daß das Wesen des Menschen
seit der Erbsünde völlig (in der Substanz) verdorben und sündig sei. Daneben war im Flazianismus
allerdings auch noch immer ein besonderes Selbständigkeitsstreben der Kirche gegenüber dem Staat. Im
Jahre 1573 kam es nun zu einer sehr ernsten Auseinandersetzung unter den Geistlichen in Regensburg.
Dabei mußten einige, darunter vor allem der Superintendent Opitius, als Flazianer weichen5. Dafür
spielt ein Gutachten des schwäbischen Theologen Jakob Andreä6, der damals auf der Höhe seiner Be-
mühungen um eine Einigung des deutschen Gesamtprotestantismus stand, eine entscheidende Rolle. Er
wurde nun für Regensburg der führende Mann.
Es war nun auch selbstverständlich, daß der Rat der Stadt Regensburg das Konkordienbuch unter-
schrieb und es auch durch seine Geistlichen und Lehrer unterzeichnen ließ7.
Im Jahre 1576 scheinen Zensur und Konsistorium miteinander verbunden worden zu sein. Auf alle
Fälle einigten sich damals Stadtregiment und Kirchenregiment über ein bestimmtes Verfahren beim
Ausschluß eines Gemeindegliedes vom Heiligen Abendmahl. Diesen durfte nur das Konsistorium ver-
fügen. Dieses Verfahren wurde ausführlich und eingehend der Gemeinde im Gottesdienst klargelegt. Da-
von, daß es dabei zu Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und den Geistlichen gekommen war,
spricht die nicht zur Veröffentlichung bestimmte Vorbemerkung8. Ganz klar wird allerdings nicht, worum
es ging; denn ein gleiches Verfahren kannte ja auch schon die Kirchenregimentsordnung von 1572.
Der Ernst, der aus diesen feierlichen Formen spricht, ist nicht zu verkennen, freilich auch nicht der
Unterschied gegenüber der Anwendung des gleichen biblischen Wortes (Matth. 18, 18) in den nürn-
bergischen Landpfarreien9, den pfalz-neuburgischen Gemeinden10 oder in den schwäbischen Reichsstäd-
ten11. Was dort brüderlich begann und nur zum Pfarrer oder höchstens zur kirchlichen Zensurbehörde
führte, begann hier gleich kirchenregimentlich und endete erst bei einer Stelle, in der alle drei Stände ver-
treten waren.
Eine am 19. September 1580 erlassene Heiratsordnung regelt eigentlich nur Fragen des ehelichen
Güterrechtes. Sie darf daher in dieser Ausgabe übergangen werden12.
Als 1588 erneut ein ernster Streit über die Frage, ob man für ausgeliehenes Geld auch nur 5 %
Zinsen nehmen dürfe, ausbrach, wurde Andreä nach Regensburg gebeten. Der gleichfalls berufene Hof-
prediger des Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Jakob Heilbrunner13, mußte sogar bis
Ostern 1588 bleiben14.
Diese Zeit benützte die Stadt, sich von beiden Männern ihre Kirchenregimentsordnung überarbeiten
und eine Konsistorialordnung ausarbeiten zu lassen.
Für die Konsistorialordnung, die als Grundlage für die Kirchenregimentsordnung zuerst erstellt
wurde, diente natürlich in erster Linie die im Jahre 1580 geschaffene sächsische Konsistorialordnung15
5 Simon, EKGB 327. — Dollinger, Evangelium 316ff— Loy, Der Flazianische Streit. - Dollinger, Regensburg
und Pfalz-Neuburg 192.
6 Siehe oben S. 32 Anm. 15! - Dollinger, Evangelium 150-153.
7 Bekenntnisschriften 17. - J. T. Müller 785. - Dollinger, Evangelium 322f.; Regensburg und Pfalz-Neu-
burg 194.
8 Unsere Nr. III 20.
9 Sehling 11, 524ff.
10 Siehe oben S. 179 ff. und die kurpfälzische Presbyterienordnung (S. 352-359)!
11 Sehling 12, 249-252.
12 MHStA Reichsstadt Regensburg Lit. 394 um f. 145.
13 Siehe oben S. 272 Anm. 12!
14 Loy, Wucherstreit. - Simon, EKGB 329. - Dollinger, Evangelium 354ff.; Regensburg und Pfalz-Neuburg
200f. 15 Sehling 1, 130-135. 359-457.
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