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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0412
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Reichsstadt Regensburg

Nach endung der letanei singet der priester ein
collecten9 anstat10 der ganzen kirchen.
Darauf fehet dann der schulmaister den introit an
nach gelegenheit der zeit und singet darnach die
Kyrie eleyson, wie sich gebürt.
Nach disem singet der priester das Gloria in ex-
celsis Deo und der schulmaister darauf das Et in terra.
Auf solchs wirdet dann weiter durch den priester
widerumb ein collecten gesungen und unter der
collecten das buch durch den epistler auf das pult,
so fur dem altar steet, gelegt, welcher epistler nach
endung der collecten die epistel, wie sich jedesmals
nach gelegenheit der zeit gepürt, aus dem gemelten
buch offenlich teutsch list.
Nachdem singet der schulmaister einen sequenz11
oder sunsten einen gegrünten12 lateinischen text aus
dem gradual.13
Darnach list der evangelier das evangelion auf
dem gemelten pult fur dem altar auf teutsch.
Unter dem wescht der priester seine hende, geust
den wein in den keleh und berait die partikl nach an-
zal14 derjenigen, die gespeist werden sollen, so vil
sich derselben den abent darvor, wie obsteet, ange-
zaigt und gebeicht haben.
Nachdem dann das evangelion ist verlesen wor-
den, so fehet der priester an, das Credo in unum
Deum, und der schulmaister darauf, das Patrem
omnipotentem zu singen.
Unter dem Patrem verordnet der epistler die leute,
so man speisen soll, fur den altar und nemlich die
menner auf die rechten seiten und die weibsperson
auf die linken des altars15, das si zu ende des Patrem
doselbst niderknien.
So nun das Patrem ausgesungen ist, alsdann tritt

9 Wohl das Gebet Aufer a nobis der Messe, nicht mehr
aber das evangelisch unmögliche sich daran an-
schließende Oramus te. Man sollte daher annehmen
dürfen, daß das Gebet nicht lateinisch und auch
nicht, wie es in der Messe vorgeschrieben ist, „secre-
to“ gesprochen wurde. Dieses oder überhaupt ein
entsprechendes Gebet an dieser Stelle hat von süd-
deutschen Kirchenordnungen (außer der frühen Am-
berger Form [siehe oben S. 285!]) allein Regensburg
beibehalten. 10 = im Namen
11 Gemeint ist wohl nicht ein im technischen Sinn Se-
quenz (siehe oben S. 71 Anm. 7) genannter Gesang,
sondern der jeweils fällige Gradualgesang (aaO.
Anm. 5). 12 = schriftgemäß

der evangelier widerumb fur das pult und list ein
teutsche vermanung an die communicanten, die man
speisen soll, darin uns die woltat unsers Herrn Jesu
Christi mit seinem leiden und sterben wirdet fur-
gehalten, desgleichen auch die fruchte und der
rechte gebrauch dises hochwirdigen abentmals, und
tut darauf ein gemeine offenliche beicht.16
Nachdem dann auch dise vermanung also ge-
schehen ist, fecht der priester an, den ersten tail der
wort unsers Herrn Jesu Christi, domit er dises abent-
mal und sacrament eingesetzt hat, offenlich teutsch
zu singen, und hebt nach demselben alsbald das brot,
so der leib Christi ist, auf und, so er es wider hat auf
den altar nidergelegt, hebt er an, den andern tail von
der gemelten einsetzung zu singen, und hebt darnach
den kelch auf und setzt ine dan auch wider auf den
altar nider.
Welches aufheben aber gleichwol nit geschicht zu
einer anzaigung eines opfers oder, das solchs werk
ein opfer sei, sonder allein (dieweil Got der Herr ge-
wonlich zu allen seinen verhaisungen und zusagung
und zu einer sterk und versicherung derselben zu-
sagung eußerliche zaichen verordnet und geben hat),
domit wir sehen, was Gott zu der zusagung, so bei
disem herlichen abentmal geschicht, fur zaichen hat
verordnt, so werden dieselben zaichn, mit den au-
gen anzusehen, aufgehabn [!] und gezaiget, auf das
neben den worten, so wir mit den oren hören, auch
durch das eußerlich sehen der augen unsere herzen
erinnert werden der großen unaussprechenlichn
gnaden und woltat, so uns durch das verdienst des
leidens und sterbns unsers Herrn Jesu Christi wider-
farn und aldo in disem nachtmal zu emtpfahen an-
geboten und ausgespendet wirdet.
13 Das Buch, das die Meßgesänge enthält.
14 Siehe oben S. 73 Anm. 9!
15 Vorausgesetzt ist wohl die Blickrichtung zum Altar.
Dann entsprach diese Übung der herkömmlichen
Form, nach der die nördliche Seite des Schiffes einer
geosteten Kirche die Frauenseite, die südliche die
Männerseite war (Braun 116. 202). - Die Trennung
der Geschlechter bei der Kommunion (wie überhaupt
im Gottesdienst) war schon mittelalterlicher Brauch
(J. B. Götz, Die kirchliche Festfeier in der Eich-
städter Diözese am Ausgang des Mittelaltars, in:
ZbKG 9 [1934] 142). - Ebenso hielt man es in Augs-
burg (Sehling 12, 94) und Nördlingen (aaO. 312).
16 Unsere Nr. III 4.

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