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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0416
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Reichsstadt Regensburg

sünde furchten, an allen iren tuen und werken frum
und gerecht zu werden verzagen und allein der gnad
und barmherzigkait Gottes begern), denen ist zu-
gesagt, das sie sollen erfult werden (das ist: Sie sollen
die gnade Gottes und vergebung irer sünden, dar-
nach sie hungert und durstet, überkomen). Die
reichen aber (das ist: die do vermainen, das sie umb
irer selb aigen werk willen vorhin frome und gerecht
seien, oder irer sünden nit achten noch der gnaden
Gottes begern), die sollen lere gelassen werden (das
ist: sie sollen kein gnade bei Gott finden noch zur
vergebung irer sünden komen und, wen sie sich nit
bekern, ewig verdambt werden) Luce. 1 [53]. Im fall
aber, do jemants sein sünde so gar herzlich laid nit
weren, auch so große begierde nach der vergebung
seiner sünden in ihme nit fulete, als sichs wol ge-
purte und billig were, der soll ihme doch solchen sei-
nen mangl und gebrechen lassen laid sein und gnade
begern, so vil ihme möglich ist. So wirdet alsdann
Christus das verstoßen ror nit zerbrechen, auch das
glueende tacht nit gar ausleschen, das ist: Er wirdet
einen solchen menschen, der ihne allein suecht und
seiner gnade von herzen begert (wie gering auch das-
selbig sehnen oder begern ist), nit verwerfen, sonder
ihne genediglich aufnemen und erhalten, wie ge-
schrieben steet Esa. 42 [3].
Zum dritten, so müssen sie auch festiglich glauben,
das inen ire sünde durch kein ander werk oder ver-
dienst vergeben werden dann allain durch das bitter
leiden und sterben unsers lieben Herrn Jesu Christi
und desselben verdienst, als der fur uns arme, sün-
dige menschen am creuz ist gestorben und sein teu-
res bluet zur vergebung unserer sünden vergossen,
durch welches er dann on allen unsern selb aigen ver-
dienst der strengen gerechtigkait Gottes fur unsere
sünde genug getan und uns mit Gott versönet hat
(Roma. 3 [21-26] und 5 [1. 18]).
Zum vierten, so sollen und müssen sie sich auch
mit denen, wider welche sie geton haben, versönen,
desgleichen auch denen, die wider sie geton, von
herzen verzeihen und vergeben; dann Christus
(Math. 6 [14f.]) stracks absagt vergebung der sünden

1 Das sind die 6 Hauptstücke des Kleinen Katechis-
mus Luthers (Bekenntnisschriften 507—521). Sie
wurden damals allerdings noch als 5 Hauptstücke

denen, die iren negsten nit wöllen vergeben noch sich
mit ihnen versönen.
Zum fünften, so müessen sie auch einen ernsten
fursaz haben, mit der hilf Gottes ir leben von tag zu
tag nach irem höchsten vermögen zu bessern und
sich fur allen dem zu hueten, das wider die lieb Got-
tes und des negsten ist; dann were keinen fursaz hat,
sein leben zu bessern und von seinen sünden abzu-
steen, sonder an seinen sünden ein wolgefallen hat
und muetwillig darin zu verharren gedenkt, der sol
wissen, das ihme die absolucion und das sacrament
nit nuze sein noch zur vergebung seiner sünden di-
nen, sonder das er als ein verächter götlicher gnaden
in Gottes zorn und ungnade stecken, bleibt ob ergleich
durch die diener absolvirt wirdet und das sacrament
entpfecht, wie geschrieben steet Luce. 13 [1-9].
Zum sechsten und lezten, so sollen sie auch die
gemainen stuck der christlichen leer (welche ein je-
der christ wissen soll) können als nemlich:
Die heiligen zehen gebot Gottes,
den heiligen christlichen glauben,
das heilige Vater unser,
die einsazung und den gebrauch der taufe,
die einsazung des ambts oder gewalts der schlus-
seln oder absolution und entbindung von sünden,
die einsazung des hochwirdigen sacraments des
leibs und bluets Christi im abentmal,
in welchen stucken1 als summen fast das ganze
christenliche tun und wesen begriffen ist.
Im fall aber, do jemand dise stuck nit könte, der
soll doch möglichen fleis furwenden, dieselbigen noch
zu lernen und zimlicher maß zu versteen.
Daraus volgt nun:
Welche sich nit fur sünder erkennen noch reu und
laid über ire sünden haben, vergebung derselben nit
herzlich begern oder an Christus nit glauben, das er
allein sei die genugtueung fur unsere sünde, iren
negsten nit wöllen verzeihen noch sich mit inen ver-
sönen noch willens sind, ir leben in besserung zu
stellen, sonder in iren sünden zu beharren gedenken,
auch keinen willen oder fleis haben, die gemainen
und dem Beichtunterricht gezählt (Joh. Mich. Reu,
Luthers Kleiner Katechismus. München 1929. 40
his 44).

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