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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0419
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III 3 Vermahnungen vor der Beichte. 1542. 1544. 1567

unwirdig, so braucht ers nit zu seinem nutz und zur
vergebung seiner sunden, sondern zu seinem gericht
und schaden. Darumb soll für das dritte von nöten
sein: So jemand will zur vergebung seiner sunden
komen, das er glaub, das im die sünde umb nichte
denn allein umb Christi willen und von wegen seines
bittern leidens und sterbens erlassen und vergeben
werden.
Das vierde stuck, so hierher gehört, ist, das, nach-
dem einer glaubt, das im seine viel und unzeliche
sunde durch Christum verziehen werden, er wider-
umb verzeihe seinem nehisten, so der wider in getan
hat, und, wo er jemand unbillich beleidiget hat, sich
mit demselben versöne und ja keinen grol und haß,
auch kein unchristliche rachgirikeit in seinem herzen
wider irgenteinen menschen behalte; dan, so er sei-
nem nehisten nicht von herzen vergibt, so ist es ein
gewisses zeichen, das er seine sünde, wider Gott ge-
tan, nicht erkennet und den teuren schatz der ver-
gebung der sunden, der doch Christum viel gestan-
den1, schmälich verachtet und also keinen rechten
glauben hat, und künen im derhalben seine sunde
nicht vergeben werden. Dan Christus Matthäus am
6. und 18. gestraks absaget vergebung der sunden
denen, die irem nehisten nit von herzen wollen ver-
geben, darüber niemand kein auszug2 noch beschö-
nung seiner gerechtigkeit oder billiches zorns helfen
wirt.
Zum fünften: Weil die zum reich Christi gar nicht
gehören, die do mutwilliglich in sunden beharren
und dem teufel damit sein reich vorsetziglich helfen
sterken (denn die do Christi wollen sein, müssen dem
teufel und der sund abgesagt haben), so müssen, die
do begeren durch vergebung irer sunden und emp-
fahung des sacraments, das Christus in inen sei und
sie in Christo, solche, sage ich, müssen einen ernsten
fursatz haben, ir leben von tag zu tag nach irem
höchsten vermögen durch Gottes genad zu besseren
und vor allem dem sich zu hueten, das wider die lieb
Gottes und des nehisten ist, darzu sie dan auch son-
derlich ursachen söll, die uberschwenkliche genad,

1 einen viel gestehen = einem teuer zu stehen kom-
men, einen viel kosten (Schmeller 2, 713).

die inen von Christo widerfehret, das er inen in sei-
ner christlichen gemain auf erden durch einen men-
schenmund gewisse vergebung aller irer sunden
(welche vergebung er mit seinem unschuldigen tod
verdienet) lest zusagen, ja selber zusagt und auch zu
meerer versicherung ires glaubens inen seinen leib
zu essen und sein blut zu trinken gibt. Solche und
andere unzeliche woltat, so uns von Gott in Christo
und durch Christum täglich widerfahren, sollen
jederman billich bewegen, Gott, unsern Herrn,
widerumb zu lieben und zu loben, im herzlich zu ver-
trauen, in seiner furcht zu wandeln, sein wort zu
ehren und, wie uns Christus gedienet hat, das wir
auch unserm nehisten also dienen und brüderliche
liebe beweisen, in summa: das ein jeder seines stan-
des, darein in Gott gesetzt hat und darin haben will,
treulich auswarte und endlich auch allerlei creuz und
anfechtung nach dem exempel Christi gedultig leide
und trag.
Zum sechsten und letzten, (welches man umb des
gar rohen willens hinzusetzen muß; dan bei Christen
solte es billich sollicher vermanung nit bedörfen) so
sollen die, weliche zum sacrament geen wöllen und
zur beicht itzo komen, auch die gemeinen stuck
können, so ein jeder christ wissen solle als nemlich:
die zehen gepot,
den glauben,
das vaterunser,
die einsetzung und den gebrauch der tauf,
des ampts und gewalts der schlüssel
und des hochwirdigen sacrament des leibs und
bluts Christi.
In welchen stucken als summen vast das ganze
christenlich tun und wesen begriffen wird.Wo sie aber
solche stuck nit können und durch seumlichkeit der
seelsorger oder irer eltern und herrn (wie es leider
bishere in der kirchen und unter den christen zu-
gangen ist) entweder gar nit oder je nit recht geleret
worden sind, das sie doch allen möglichen fleis fur-
wenden, solche stuck noch zulernen, und es an ihnen
ja nit mangeln lassen, zu gewissen, und zimlicher maß
2 = Ausflucht; in der Rechtssprache = exceptio
peremptoria, bei der die Hauptsache beiseite ge-
schohen und von einem Nebenumstand geredet
wird (Schmeller 2, 1098).

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