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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0430
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Reichsstadt Regensburg

Das sie zuvor aufs wenigst zween suntag nachein-
ander ausgerufen werden.
Das sie sich offentlich in der pfarrkirchen zusam-
gehen lassen und gewisse stunden33 darzu genomen
werden.
Krank leute.
Das die kranken bei tag den kirchendiener forde-
ren und sich besuchen lassen mit dem hochwirdigen
sacrament und nit sparen die sach bis in die nacht -
ausgenommen, so ein gesunder plötzlich in der nacht
krank wird und gefar des lebens da sein wolt. Das
alsdan der custer durch jemand aus dem haus er-
sücht werde und die zween darnach mit dem diacon
in das haus und nachmals mit im widerümb heim-
gehen.
Das sünst verordnet werden seelfrauen34, auch
manspersonen, die zu den kranken, wu man ir begert,
sich gebrauchen lassen und der sterbenden warten.
Und solche sollen ein christlichen verstand haben,
das sie die sterbenden allein auf das verdinst Christi
weisen, nicht auf eigen verdinst oder fürpitt der
heiligen 35, inen das vaterunser und den glauben für-
sprechen und, wus zeit hat, gegründete36 psalm und
geseng, als: Aus tiefer not schrei ich zu dir etc., In
fried und freud ich far dahin, Nun freut euch, lieben
christen gemein, von der tauf37, vom sacrament des
leibs und bluts etc.38, nicht alte, irrige gebet und
spruch.
Hebammen.
Das zu hebammen auch gebraucht werden weiber,
die zu dem, das sie eines erbaren, nüchternen lebens

33 Siehe oben Anm. 31!
34 Wie schon der Umstand, daß sie verordnet wurden,
zeigt, handelt es sich hier nicht um Glieder einer reli-
giösen Gemeinschaft (der Beginen), sondern einfach
um Krankenpflegerinnen. Sie trugen ihren Namen
nach den Insassinnen der Seelhäuser. Das waren
fromme Stiftungen für solche Frauen, die zum
Seelenheil des Stifters gemacht worden waren
(Sehling 11, 320).
35 Am Rande eine unleserliche Bemerkung (von Hilt-'
ners Hand?).
36 nämlich in der Heiligen Schrift, also = schriftgemäß.

sein und sich nit voltrinken bei den geberenden,
auch ein christlichen verstand haben und, wu sie
solchen nit haben, sich unterrichten lassen, wie sie
die weiber in kindsnöten mit dem wort Gottes er-
manen und inen geistlich zusprechen sollen.
Item: Wu es darzu kompt, wie sie die kindlein in
der not jachtaufen sollen, wen sie volkumlich gebo-
ren sein und nit ee 39, mit rainem wasser, welches sie
albeg40 auf ein fürsorg zuhand haben sollen, und, wu
die kinder also getauft von inen, das sie dasselb an-
zeigen, wen sies darnach gen kirchen pringen, damit
sie nit noch ains getauft, welchs nit sein soll, sondern
allein der christlichen gemein bevolhen durch ain
form, die dan darzu gestellet ist in dem agendbüch-
lein.41
Wu die kinder aber nit volkomlich geboren sein,
das sie sich des jachtaufens enthalten und, so gefahr
des lebens verhanden, durch ir und der anderen, so
dabei sein, herzlich gebet, beed kind und mutter
Gott dem Almechtigen bevelhen, welcher solche gebet
erhoren und annemen wil etc.

Begrebnus.
Das mit den verstorbenden, wu es nit in fehrlichen
lauften als zu sterbenszeiten, nit so balde zum be-
grebnis geeilet werde, sondern aufs wenigst ein
stund fünfzehen, sechzehen im haus gehalten wer-
den; den oft erfahren, das leut in ainer onmacht ge-
legen, das man gemeinet, sie weren gestorben, und
sich darnach dennoch widerumb ermanet42 haben -
etlich, indem sie zum grab getragen worden.
Das angezeigt werde, so jemand verstorben, und
das begräbnis gesücht und begert werde.
37 Luthers Lied ,,Christ, unser Herr“.
38 wohl Jesus Christus unser Heiland oder Gott sei ge-
lobet und ...
39 Damit ein Kind nicht ohne Taufe des ewigen Heiles
verlustig gehe, erklärt es die katholische Kirche für
schwere Pflicht, ein Kind notfalls auch vor vollende-
ter Geburt noch im Mutterleibe zu taufen (Wetzer
11, 1270). Dieses Verfahren hatte z.B. schon das
Agendbüchlein Veit Dietrichs 1543 (Sehling 11,
506) verboten.
40 Mundartlich = allweg.
41 Sehling 11, 506ff. 42 = ermannet.

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