Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0453
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III 18 Warum die leviten- und meßgewand abgetan werden. 1554

gewesen und nur das böse in der kirchen Christi, so
man weis und bessern kan, darumb nit imerdar blei-
ben, sondern auf vorgehenden, gnugsamen bericht
entlich abgeschafft werden.
Und derhalben ist dieser bericht von der can-
zel mehrmals zu verlesen verordnet, auf das den
einfeltigen ferner damit gedienet werde. So auch
jemands noch weiter unterrichts von nöten were,
dem sol er auf sein anzeigen von uns alzeit christlich
und freundlich widerfahren. Die feinde des worts
aber lassen wir sich imerhin ergern und lestern, weil
wir wissen, das Gottes wille und wolgefallen ist, so
wir mit waren gehorsam gegen sein heiliges wort
solche leut sampt dem Teufel aufs heftigst reizen
und erzürnen.
Doch lassen wir leviten- und meßgewand also fal-
len, das wir noch zur zeit den chorrock4 lassen blei-
ben, wie wir ihn bisher haben behalten aus freiem
willen weder umb des bapstes oder interims willen
noch, das er ichts5 zum gottesdienst nötig sein sölte,
sondern allein zu unterscheid der diener, dieweil sie
da im ampt stehen und zwischen der andern gemeine,
daneben zum exempel christlicher freiheit von we-
gen etlicher, so uns möchten eine sünde draus ma-

chen wollen, und, wie wir ihn von wegen solcher ur-
sachen itzt lassen bleiben, also sind wir daran nit
gebunden. Es möchten dermaßen andere ursachen
einfallen, das wir ihn gleich dem meßgewand auch
passirn6 ließen.
Hiemit haben e[ure] l[iebden] abermals erklerung,
warumb die leviten- und meßgewand hinfort in un-
ser kirchen nit mehr sein sollen. Achten, alle ver-
stendige christen werden solchs mit uns gleich ge-
sinnt sein.
Wie nu unser lieber Herr Christus, da er gen himel
gefahren, unser gefengnis gefangen gefüret hat
(Psal. 68, [19], Eph. 4, [8-10]), also, weil wir umb
diese zeit7 das gedechtnis dieses herrlichen siegs und
triumpfs in der kirchen itzt begehen, so lasset uns
unter anderm dem Herrn auch dafür danken, das er
uns von dieser last des mosaischen und antichristi-
schen jochs, so wir mit den schwachen bisher lange
genug wissentlich getragen haben, itzt gleich ein-
mal mit erlöset. Der wolle uns hinfort also bei
warem, reinen gottesdienst unbefleckt für und für
erhalten, auch andern armen, bedrangten christen,
so herzlich verlangen dazu haben, gleicherweis gne-
diglich helpfen! Amen.

4 das Superpelliceum (siehe oben S. 77 Anm. 34!). - 6 = fortgehen, weglaufen. — Das geschah aber erst
Das Chorhemd wurde in Regensburg ärmellos getra- 1799 (Dollinger, Evangelium 375).
gen (Bild: Dollinger, Evangelium 455). 7 Himmelfahrt war 1554 am 3. Mai.
5 = etwas (Schmeller 1, 30).

28 Sehling Bayern III

433
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften