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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0488
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Reichsstadt Regensburg

böse verbeut. Wers auch nit tut als wie ihm selb,
gegen dem feind sowol als gegen dem freund, der tut
abermals diesem gebot und tafel noch kein genügen.
Doch wie Gott vor den menschen, gehet die liebe
Gottes für der liebe des negsten, die erste tafel für
der andern, das geistliche und ewige für dem leib-
lichen und zeitlichen, also gehen die glaubensgenos-
sen für den frembden, gemeiner nuz und schade für
dem eignen. Das neher nach natürlicher, göttlicher
verwantnis gehet für dem fernern, das grösser gut
für dem kleinern usw., wenn es kumpt zu erzeigung
des gehorsams und austeilung der dienste aller in
der maßen, wie Gott solchs in seinem wort selb er-
kleret.
Quartum praeceptum.
Das viert gebot redet von gemeinem nuz und
höchsten gut zu forderung und erhaltung zeitlichs
und ewigs lebens unter den menschen, nemlich von
regimenten, macht, und bestetigt darin unter dem
namen vatter und mutter alle unterscheid der per-
sonen, stende und ämpter, welcher Gott in seinem
wort hat drei verordnet, als nemlich vatter- und
mutterstand oder regiment im hause gegen kind
und gesinde; weltlicher oberkeit stand und regiment
gegen untertanen; geistlicher oberkeit stand und
regiment gegen christlicher gemeine. Leret dis gebot
also weiter, was in allen diesen dreien als heiligen,
göttlichen stenden und regimenten (im griechischen
darumb hierarchias genant), der untern gegen ihren
obern und hinwider der obern gegen ihren untern,
eines jeden gegen dem andern ampt und werk sei.
Fassets alles in ein einiges, rechtes wort, das die un-
tern ihre obern sollen ehren, die obern sich hinwider
der ehren gegen den untern gemes erzeigen, in und
nach eins jeden ampts maße.
So heist nu die obern ehren an untern eigentlich
soviel als wahrhaftig erkennen, das Gott die obern
in jedem stand selb hat uber uns gesezt, uns an seine
statt in diesem leben zu regieren und ihnen derhal-
ben in allen göttlichen, ehrlichen geboten umb des
Herrn willen als ihm selb von herzen gehorsam sein,
nit allein aus furcht ihrer straf, sondern auch umb
gewissens willen und furcht der göttlichen straf,
beide - zeitlicher und ewiger.

Dargegen heist an den obern, sich der ehre gegen
ihrem untern gemes erzeigen, soviel als auch erken-
nen, das man alda an Gottes stat in der oberkeit
sitze, deswegen mit vernunft und ernst nach Gottes
wort die untern regiere und wisse, das man Gott
als dem oberherrn solcher regierung hier und dort
werde hinwider müssen rechenschaft geben.
Hierauf erfordert nu dis gebot in specie von vatter
und mutter - in ihrer hausoberkeit - in summa so-
viel, das sie ihre kinder neren, nit allein zu diesem,
sondern auch zu dem ewigen leben auferziehen, da-
mit sie Gott, ihnen selb und menschen nütz sein
mögen, den ungehorsamen strafen mit worten und
mit der ruten.
Von königen, fürsten, amptleuten, bürgermei-
stern in der weltlichen ihrer oberkeit forderts erhal-
tung und forderung göttlichs worts, gerichts und
rechts, dadurch der untertanen seel, leib, weib, kind,
ehre und gut beschützt und gebessert, die wider-
wertigen aber mit leibszwang bis zum schwert ge-
straft werden.
Von bischoven und lerern in ihrer geistlichen ober-
keit forderts, Gottes wort rein leren, sacrament rei-
chen nach seinem befehl, den busfertigen sünde ver-
geben durch die absolution, den unbusfertigen dar-
gegen durch den bann ihre sünde behalten, auch alles
bedenken, was in diesem allem zu zucht und ord-
nung dienen mag.
Aus dem erscheint, das sünde ist wider dieses ge-
bot aller ungehorsam der untern gegen ihren obern
und beide - untern und obern - gegen Gott selb, in
allerlei regimenten, es geschehe mit tun oder lassen,
eußerlich oder innerlich; ist also dis gebot ein weit-
leuffig gebot, darin alle regiment mit ihren gesetzen
und ordnungen begriffen sind.
Quintum praeceptum.
Dis gebot sampt den volgenden macht unter den
menschen widerumb gleich, was das vorige hat un-
gleich gemacht, redet von der vierten hierarchia,
dem gemeinen stand christlicher liebe, dadurch
einer den andern, on unterschied der personen in
seinen nöten von Gottes wegen zu dienen verbunden
ist. Gehet dis gebot insonderheit auf die höchste not
und auf das höchste gut, so der mensch negst nach
Gott, Gottes wort und seiner selen seligkeit und

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