III 19 Kirchenordnung (von 1567?)
und seiner gemein, wie sie sich selb durch offentlich
sünde haben abgesondert, also dafür gegenwertig-
lich unter augen auch erklert werden.
Nu hat Christus den proceß hierin selb auch fein
fürgeschrieben, eben an dem ort, da er von schlüs-
seln redet und sie den jüngern befielet. Die aposteln
und erste kirch haben ihm auch also gevolget, wie
die exempel beweisen, on was der schand, mis-
brauch und verkerung, wie fast aller ding mehr, un-
ter dem bapsttum dawider eingerissen, und ist der
proceß Matth. 18 [15-17] in diesen worten:
Sündigt dein bruder an dir, so gehe hin und strafe
ihn zwischen dir und ihm allein! Höret er dich, so
hastu deinen bruder gewonnen. Höret er dich nit,
so nim noch einen oder zween zu dir, auf das alle
sache bestehe auf zweier oder dreier zeugen munde!
Höret er die nit, so sage es der gemeine! Höret er die
gemeine nit, so halt ihn als einen heiden und zölner!
Aus dem ingemein soviel wird verstanden, das es
eben mit der straf und mit dem bann alles auch zu
tun sei umb die besserung der sünder und das darzu
neben der warnung erst gleich ein heimlicher bann
sol gebraucht werden, darnach auch der öffentliche,
wo der vorige nit helfen wil. Darzu der Herr auch
seine wichtige ursachen gehabt, vernünftiglich al-
lein zu bedenken, als das danach seine kirch in ihrem
ampt etwa ein execution hab, one die, so er der Herr
selb zu tun pflegt mit heimlichen strafen und entlich
tun wird am jüngsten tage, das etliche dadurch
auch noch mögen gewunnen werden oder nit; das
dannoch das evangelium und die andere kirch von
feinden darumb nit möge gelestert werden.
Wiewol nu dies die ordnung und der kirchen not-
turft ist, das die ergerlichen christen also auch ihre
furcht und ihren zwang für der kirchen haben müs-
sen, aber ingemein in unsern kirchen nit on sünde
und on großen schaden zum mehrer teil gefallen, one
gemeine, vieler kirchen vergleichung und zutun nit
wol mag wider genzlich in brauch gebracht werden
(on was etliche der proceß halben noch disputieren
wöllen), so hat ein ehrbar rat sich mit ihren dienern
der kirchen und die diener mit einem rat hinwider
verglichen, das dannoch in unser kirchen alhie an-
derer etlicher exempel40 nach etwa ein anfang ge-
macht würde.
Und sind die sachen darauf gestelt:
erstlich, das den dienern ihr ampt nit gespert
werde, sondern sollen, welche sie gewis wissen in of-
fentlichem, ergerlichem leben liegen, von absolution,
abentmahl und gevatterschaft bei der tauf, wo sie
darzu komen wurden, bescheidentlich abweisen und,
wo sie also ungebüßet dahinsterben, mit christlichen
ceremonien, gesang und leichpredig nit zum begreb-
nis helfen.
Darnach, wo andere personen sind, deren sünde
nit so öffentlich sind noch beweislich, dieselben zu
erfordern und erstlich zu vermanen und warnen;
darnach den kirchendienern mit namen zu vermel-
den und gleich den vorigen mit ihnen zu handeln,
sind in sonderheit die censores41 verordnet, christ-
liche, verstendige personen, zween von der obrikeit,
zween von kirchendienern und zween von der ge-
mein, damit die kirchendiener auch nit den last gar
allein dürfen auf sich laden, zuweilen auch nit zu
weit schreiten oder jemand leichtlich zu kurz ge-
schehe.
Do dann die sach weiter dermaßen befunden,
wirds gleicher gestalt der oberkeit vermeldet, welche
neben der kirchenstraf dann auch ihre straf übet
nach gelegenheit, sonderlich auch gegen den bäpsti-
schen, so unser kirchenstrafe sonst verachten.
Wirket aber die kirchenstraf bei der unsern je-
mand soviel, das er sich bekeret, wie er durch die
verordneten ordentlich ist in bann erklert, also wird
er ordentlich durch sie davon wider absolviert, so er
darumb ansucht, wie solchs und anders in eins ehr-
baren rats ordnung weiter zu lesen.
41 Gemeint ist doch wohl einfach das so zusammen-
gesetzte Konsistorium, das (oben S. 448 f.) auch
diese Aufgabe hat.
40 Pfalz-Neuburg (S. 178-187), Memmingen (Sehling
12, 249), Nördlingen (Sehling 12, 332f.), Veit Diet-
richs Agendbüchlein (Sehling 11, 524f.). Die
schöne kurpfälzische Presbyterii-Ordnung (oben
S. 350-359) lag damals wohl nicht irgendwie im
Gesichtskreis der Regensburger Geistlichen.
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und seiner gemein, wie sie sich selb durch offentlich
sünde haben abgesondert, also dafür gegenwertig-
lich unter augen auch erklert werden.
Nu hat Christus den proceß hierin selb auch fein
fürgeschrieben, eben an dem ort, da er von schlüs-
seln redet und sie den jüngern befielet. Die aposteln
und erste kirch haben ihm auch also gevolget, wie
die exempel beweisen, on was der schand, mis-
brauch und verkerung, wie fast aller ding mehr, un-
ter dem bapsttum dawider eingerissen, und ist der
proceß Matth. 18 [15-17] in diesen worten:
Sündigt dein bruder an dir, so gehe hin und strafe
ihn zwischen dir und ihm allein! Höret er dich, so
hastu deinen bruder gewonnen. Höret er dich nit,
so nim noch einen oder zween zu dir, auf das alle
sache bestehe auf zweier oder dreier zeugen munde!
Höret er die nit, so sage es der gemeine! Höret er die
gemeine nit, so halt ihn als einen heiden und zölner!
Aus dem ingemein soviel wird verstanden, das es
eben mit der straf und mit dem bann alles auch zu
tun sei umb die besserung der sünder und das darzu
neben der warnung erst gleich ein heimlicher bann
sol gebraucht werden, darnach auch der öffentliche,
wo der vorige nit helfen wil. Darzu der Herr auch
seine wichtige ursachen gehabt, vernünftiglich al-
lein zu bedenken, als das danach seine kirch in ihrem
ampt etwa ein execution hab, one die, so er der Herr
selb zu tun pflegt mit heimlichen strafen und entlich
tun wird am jüngsten tage, das etliche dadurch
auch noch mögen gewunnen werden oder nit; das
dannoch das evangelium und die andere kirch von
feinden darumb nit möge gelestert werden.
Wiewol nu dies die ordnung und der kirchen not-
turft ist, das die ergerlichen christen also auch ihre
furcht und ihren zwang für der kirchen haben müs-
sen, aber ingemein in unsern kirchen nit on sünde
und on großen schaden zum mehrer teil gefallen, one
gemeine, vieler kirchen vergleichung und zutun nit
wol mag wider genzlich in brauch gebracht werden
(on was etliche der proceß halben noch disputieren
wöllen), so hat ein ehrbar rat sich mit ihren dienern
der kirchen und die diener mit einem rat hinwider
verglichen, das dannoch in unser kirchen alhie an-
derer etlicher exempel40 nach etwa ein anfang ge-
macht würde.
Und sind die sachen darauf gestelt:
erstlich, das den dienern ihr ampt nit gespert
werde, sondern sollen, welche sie gewis wissen in of-
fentlichem, ergerlichem leben liegen, von absolution,
abentmahl und gevatterschaft bei der tauf, wo sie
darzu komen wurden, bescheidentlich abweisen und,
wo sie also ungebüßet dahinsterben, mit christlichen
ceremonien, gesang und leichpredig nit zum begreb-
nis helfen.
Darnach, wo andere personen sind, deren sünde
nit so öffentlich sind noch beweislich, dieselben zu
erfordern und erstlich zu vermanen und warnen;
darnach den kirchendienern mit namen zu vermel-
den und gleich den vorigen mit ihnen zu handeln,
sind in sonderheit die censores41 verordnet, christ-
liche, verstendige personen, zween von der obrikeit,
zween von kirchendienern und zween von der ge-
mein, damit die kirchendiener auch nit den last gar
allein dürfen auf sich laden, zuweilen auch nit zu
weit schreiten oder jemand leichtlich zu kurz ge-
schehe.
Do dann die sach weiter dermaßen befunden,
wirds gleicher gestalt der oberkeit vermeldet, welche
neben der kirchenstraf dann auch ihre straf übet
nach gelegenheit, sonderlich auch gegen den bäpsti-
schen, so unser kirchenstrafe sonst verachten.
Wirket aber die kirchenstraf bei der unsern je-
mand soviel, das er sich bekeret, wie er durch die
verordneten ordentlich ist in bann erklert, also wird
er ordentlich durch sie davon wider absolviert, so er
darumb ansucht, wie solchs und anders in eins ehr-
baren rats ordnung weiter zu lesen.
41 Gemeint ist doch wohl einfach das so zusammen-
gesetzte Konsistorium, das (oben S. 448 f.) auch
diese Aufgabe hat.
40 Pfalz-Neuburg (S. 178-187), Memmingen (Sehling
12, 249), Nördlingen (Sehling 12, 332f.), Veit Diet-
richs Agendbüchlein (Sehling 11, 524f.). Die
schöne kurpfälzische Presbyterii-Ordnung (oben
S. 350-359) lag damals wohl nicht irgendwie im
Gesichtskreis der Regensburger Geistlichen.
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