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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0526
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Reichsstadt Regensburg

[9.] Zum neunten: Es sollen sich die kirchendiener
keiner weltlichen händel, besonders deren, so im
rechten anhengig, annemen, so allein der obrigkait
und ihrem erkantnus zugehören, und also nicht in
ein frembd ambt greifen, sonder sich derselben ent-
schlagen und mit Christo sprechen: Wer hat mich
zwischen dir und deinem bruder zum richter gesezt?
[Luk. 12, 14].
[10.] Zum zehenden: Da sich begeben sollte, daß
ein person unser confession mit einer andern, so
nicht derselben religion, verehelicht und bei unser
kirchen ihr ehe bestettigen lassen wollten, sollen sie
nicht abgetrieben, sonder zugelassen werden auf
hoffnung, daß durch gehör Gottes worts die unglau-
bige person bekert werden möge.
[11.] Zum ailften: Weil niemands zum gebrauch
des heiligen sacraments zu zwingen, auch an ihm
selbst papistisch, hierzu den leuten ein gewisse zeit
zu bestimmen, sollen die kirchendiener dis orts nie-
mand sein gewissen beschweren, besonders junger
leut vor den hochzeiten, daraus hernach auch aller
unrat erfolgen mag, daß solches mehr aus zwang
dann christlicher und gebührlicher andacht bescheh.
[12.] Zum zwölften: Dergleichen soll auch gegen
denen personen gehandlet werden, so umb ihres er-
gerlichen lebens willen durch die obrigkeit gestraft
und vor dem consistorio sich bußfertig erzaigen,
welche auch nicht zwungen werden sollen auf ein
gewisse, bestimbte zeit das heilige abendmahl zu
empfahen, sonder in continenti1*absolvirt und mit
der kirchen, so durch das consistorium repraesen-
tirt, versöhnet werden und solcher person der zeit
halben frei gelassen, nach derselben andacht wider-
umb zu beichten und zu communicirn, gleichwol
darzu fleißig vermahnet werden soll, dasselbig nit
lang einzustellen.
[13.] Zum dreizehenden: Da sich zutragen solt,
daß ein person lange zeit das heilige abentmahl nicht
empfangen, dasselbig aber in seinem todbett be-
geren wurde, sollen dergleichen personen nicht auf-
gehalten, auch bei der gesezpredig nicht allein blei-

= sofort.
2 Das Tuch, mit dem (vor der allgemeinen Verwendung
von Särgen) die Leiche auf dem Weg zum Grabe be-
deckt wurde. Es wurde vielfach auch dem Geistlichen,
der den letzten Dienst am Sterbebett tat und dann

ben und der trost des evangelii hinterhalten werden,
bis sie gestorben, sonder hierin gute discretion hal-
ten und dem exempel Christi nach gegen dem
schecher [Luk. 23, 42-43], mit dem er nicht lang dis-
putirt, wann sie ein bußfertige bekantnus von sich
geben, sie mit Gottes wort trösten und dem teufel
solche seele aus dem rachen reißen.
[14.] Zum vierzehenden: Die leichtücher2 belan-
gend, so mehrerteils den armen, dürftigen leuten
verschafft, soll es in eines jeden burgers freien willen
bleiben, wem er will, solch leichtuch zu geben, und
kein kirchendiener macht haben, so die leichpredig
getan, solches anzufordern.
[15.] Zum funfzehenden: Es sollen sich auch die
kirchendiener in ihren leichpredigen hüten, daß sie
die abgestorbene nicht erst bei der begrebnus übel
ausrufen, sondern, da sich ein solche ergerliche per-
son befunden, daß besonderer erinnerung zum volk
vonnöten, sollen sie sich deshalben beschaids bei
dem pfarrer erholen, so im consistorio hievor be-
griffen, und darüber nicht geschritten werden.
[16.] Zum sechzehenden: Wann in wichtigen sachen
ratschleg von der regenspurgischen kirchen erfor-
dert werden, welche nicht alle zeit mere ecclesiastica,
sonder auch zum teil politica antreffen und demnach
auch politische personen erfordern, soll der pfarrer
- unwissend des consistorii - mit seinen collegen sol-
che sachen nicht vornehmen, sonder zuvorderst bei
dem consistorio anbringen und desselben beschaids
erwarten, weil gemainer statt und einem erbaren rat
- allerlei verweis zu verhüten -, da es gleich pure ec-
clesiastica weren, nicht wenig daran gelegen, was
im namen der regenspurgischen kirchen ausgebraitet
wird.
[17.] Zum siebenzehnden: Wann kirchendiener aus
Österreich oder andern orten, da die kirchen un-
billigen zwang leiden müssen, zur ordination gen
Regenspurg geschickt3, da dieselbige in der lehr rain
und tüchtig und ihres lebens gute zeugnussen haben,
soll fürnemblich hierauf gesehn und liederlichen ur-
sachen halben ihnen die ordination nicht versagt
die Beerdigung hielt, vermacht. In den Nürnberger
Beerdigungsbüchern findet sich darüber mancher
Eintrag.
3 dazu vgl. S. 378!

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