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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0539
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III 22 Konsistorialordnung von 1588

weitleufigkeit und langwührigen processen nicht auf-
gehalten noch beschwert werden.
Sonderlich aber sollen sie keine ehesachen mut-
willig aufziehen lassen, sonder zu verhütung be-
schwerung der gewissen und anderer daraus erfolg-
ten ungebührlichen sachen, jederzeit den proceß be-
fürdern und den parteien endlichen, gebührenden
bescheid widerfahren lassen.
Die sentenzen aber und urteil, besonders aber in
sponsalibus, gradibus cognationis, divortiis und,
was denen mehr anhengig, sollen nach der heiligen
schrift, nach den gemeinen rechten, sofern sie der
h[eiligen] schrift nicht zuwider sind, auch nach dem
brauch der andern kirchen augspurgischer con-
fession, da consistoria17 sind, gefellt werden.
Wann aber, besonders in ehesachen, bei dem con-
sistorio umb dispensation angesucht wurde, sollen
sich die consistorialen derselben nicht mächtigen,
sonder solches jederzeit an ein erbarn rat gelangen
lassen und ihrer weish[eit] fernern beschaids erwar-
ten.
Cap. 14.
Von der jurisdiction des consistorii und, wer des-
selben ordentlichen erkantnus underworfen sein
solle.
Dieweil dis consistorium, wie anfangs vermeldet,
die ganz christliche, evangelische18 kirchen zu Re-
genspurg repräsentiren [!], die von Christo disen ge-
walt empfangen, Matth. am 18. cap. [18]: Was sie
auf erden binde, das soll im himmel gebunden sein
und, was sie auf erden löse, das soll im himmel ge-
löset sein usw., welche gewalt die drei stände disem
consistorio gegeben, so soll es auch dermaßen von
der ganzen christlichen gemein und den dreien stän-
den derselben darfür angesehen und in solcher auto-
rität gehalten werden.
Demnach auch menniglich, wes standes oder we-
sens er seie, niemands ausgeschlossen, in denen hir-
oben ausgetruckten und dergleichen fällen und con-
sistorialsachen demselben underworfen sein und alle
und jede personen in jeztbemelten fällen und sachen

a-a In der Vorlage steht hier infolge eines Konstruk-
tionswechsels: leisten.

vor dem consistorio auf vorgehende ladung zu er-
scheinen, clegers oder des beclagten statt zu halten,
daselbsten christlichs, rechtmeßiges und billichs er-
kantnus und beschaids zu gewarten schuldig sein
soll bei straf, welche von dem consistorio nach ge-
legenheit des verbrechenden und ungehorsamen
teils zuerkannt und unnachleßlich exequirt und voll-
streckt werden solle.
Cap. 15.
Von execution der urteil und des proceß, so im
consistorio ergangen.
Darmit das consistorium bei der burgerschaft sein
autoritet gebürlich erhalten und, was die assessorn
desselben handlen, verabschiden, erkennen, spre-
chen und mandirn, von den personen, welche solche
sentens, urteil und beschaid betreffen, gehorsame
und bürgerliche folge ageleistet werdea, haben ein er-
bar cammerer und rat mehrgedachten consistorialen
macht geben, wann einer oder mehr darinnen sau-
mig, arctiora mandata mit betrohung der geldstra-
fen, fisco pauperum applicandarum, gefenknussen
oder dergleichen - doch mit vorwissen und verwilli-
gung eines erbarn cammerer und rat - zu decerniren.
Wann sich aber die parteien widersezen und nit
gehorsamen wurden, sollen die consistorialn solches
alsbald an ein erbarn rat gelangen lassen, darauf ihre
weish[eit] zur endlichen execution die gebühr fürzu-
nemen wissen werden.
Doch behalten ein erbar cammerer und rat ihrer
weish[eit] hirmit bevor, dise consistorialordnung in
allen und jeden puncten und articuln nach gelegen-
heit der sachen und vorfallender not, wie ihr weis-
heit jederzeit für nüzlich und der kirchen heilsamb
ansehen wird, zu ercleren, zu mehren und zu min-
dern.
Actum den neunzehenden monats Januarii nach
Christi, unsers lieben Herrn und Seeligmachers, hei-
liger geburt 1588 jahre.
[Siegel.]
17 wie in Pfalz-Neuburg, Württemberg, Brandenburg-
Ansbach-Kulmbach, Kurfürstentum Sachsen.
18 „Evangelisch“ ist hier natürlich nur eine bekräfti-
gende Wiederholung von „christlich“ (Simon,
Beiträge 21f.).

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