Herzog Albrecht V. (1550-1579) war zunächst im Gegensatz zu seinem Vater Wilhelm IV. in
kirchlichen Fragen weniger streng, dabei aber doch sehr mißgestimmt über die schweren Mißstände unter
den Geistlichen seines Landes. So konnte die evangelische Bewegung neu aufleben. 1556 erklärte er die
Spendung des Laienkelches staatlicherseits für straffrei. Dann bemühte er sich sehr ernsthaft auf dem
Konzil in Trient auch um kirchliche Freigabe des Laienkelches und der Priesterehe. Unter dem Einfluß
seines Kanzlers Simon Thaddäus Eck, des eifrigen Gönners der Jesuiten, war Albrecht spätestens seit der
entscheidungsvollen, ganz persönlichen Aussprache am 10. Mai 1561 mit seinem evangelischen Hof-
marschall Pankraz von Freyberg3, der sie herbeiführte, um endlich Klarheit zu schaffen, der Mann der
damit beginnenden Gegenreformation. Auf dem Landtag zu Ingolstadt im April 1563 verschloß er sich
allem Drängen der evangelischen Kreise. Er wurde dadurch vielmehr noch in seiner neuen Haltung
versteift4.
So schritt jetzt Graf Joachim, bestärkt durch Nikolaus Gallus in Regensburg, dem Berater des
evangelischen Adels in Baiern, zur Tat. Er hatte bisher mit Rücksicht auf den schwebenden Prozeß
darauf verzichtet, von seinem durch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 festgelegten Recht auf
freie Bekenntnisentscheidung für sein Gebiet Gebrauch zu machen. Er hatte lediglich 1560 von seinem
Pfarrverweser verlangt, daß er, wo ihm dieser Wunsch entgegengebracht werde, den Laienkelch reiche
und die Taufe deutsch vollziehe. Seiner Suche nach einem geeigneten Geistlichen begegnete das Stellen-
gesuch des Cölestin, der sich in seinen Erwartungen in der Grafschaft Haag enttäuscht sah. Johann
Friedrich Cölestin5 war ein Anhänger des Matthias Flacius6 . Das war damals für den Grafen wohl nicht
von Bedeutung, ist aber im Blick auf dessen späteren Übergang zum Kalvinismus eine nicht uninteres-
sante Tatsache. Cölestin also hielt jetzt in Anwesenheit der gräflichen Familie am 3. Okt. 1563 in der
Schloßkapelle zu Neu-Ortenburg7 den ersten evangelischen Gottesdienst. Acht Tage später folgte ein
weiterer. Am 17. Okt. wurde ein evangelischer Gottesdienst mit Abendmahlsfeier in der Kirche auf dem
Marktplatz in Ortenburg - einer der zahlreichen Nebenkirchen der Pfarrei Steinkirchen - gehalten. Das
Allerheiligste wurde aus ihr entfernt, die Messe in ihr verboten. Nach einem weiteren solchen Gottesdienst
acht Tage später berief Graf Joachim für Mittwoch, 27. Okt., nachmittags die ganze Gemeinde auf den
Marktplatz. Hier teilte er ihr die Einführung der Reformation mit, worauf der gräfliche Sekretär eine
von Cölestin im Auftrag des Grafen verfaßte und schon am 25. Okt. ausgefertigte Erklärung8 als Doku-
ment dieser Maßnahme verlas. Darauf bedankte sich die Gemeinde für diesen Schritt des Grafen. Die
Erklärung wurde schließlich an verschiedenen Stellen öffentlich angeschlagen. In ihr betonte er stark die
religiösen Beweggründe seines Handelns. Klar verwies er auf sein Recht als Reichsstand. Entschieden
3 Riezler 4, 491-541. - Götz-Theobald Nr. 10. 14.- Konrad Preger, Pankraz von Freyberg ( = SchrVRG 40).
Halle 1893, bes. 19f. - Simon, EKGB 238 (mit Bild bei S. 272).
4 Riezler 4, 522—525. — Theobald, Einführung 13—25.
5 Aus Plauen. Geb. um 1535. Nach Lehrertätigkeit an verschiedenen Orten Frankfurt a. d. Oder Dr. theol., (1557?)
Jena Professor der griechischen Sprache, 1562 bei der Beseitigung des strengen Luthertums des Flacius entlassen,
Theusing in Böhmen (Pfarrer?), 1563 Haag in Oberbayern Hofprediger, 1563 Ortenburg Pfarrer, 25. Febr. 1564
von Baiern gewaltsam entfernt, 1564 Lauingen Professor am Gymnasium, 1568 Jena (nach Wiedereinführung der
flazianischen Richtung) Professor der Theologie, 1572 bei erneutem theologischem Umschwung entlassen, seit 1573
anscheinend ohne feste dauernde Stellung in Österreich — † 1578. - 1564 erschien von ihm eine „Christliche verma-
nung, lehr- und trostschrift an die armen, bedrengten und geplagten Kirch[en] in den ... grafschaften Ortenburgk,
Haag und Newburgk am ln im“ Bayerlandt (ADB 4, 389f. — Theobald, Einführung 33f. u.ö. - Rud.Hermann,
Thüringische Kirchengeschichte. 2 [Weimar 1947] 163. 166f. 171. - NDB 3, 308f. [Lit.]).
6 Aus Illyrien, daher Illyricus. 1520-1575. In zahlreichen theologischen Kämpfen der Verfechter eines von ihm für
das allein rechte gehaltenen Luthertums (Preger. — Schottenloher 6322—6372. — RGG 23 971. — Siehe oben
S. 379!).
7 Heute: Hinterschloß (bürgerliche Gemeinde Ortenburg).
8 Unsere Nr. IV 1.
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kirchlichen Fragen weniger streng, dabei aber doch sehr mißgestimmt über die schweren Mißstände unter
den Geistlichen seines Landes. So konnte die evangelische Bewegung neu aufleben. 1556 erklärte er die
Spendung des Laienkelches staatlicherseits für straffrei. Dann bemühte er sich sehr ernsthaft auf dem
Konzil in Trient auch um kirchliche Freigabe des Laienkelches und der Priesterehe. Unter dem Einfluß
seines Kanzlers Simon Thaddäus Eck, des eifrigen Gönners der Jesuiten, war Albrecht spätestens seit der
entscheidungsvollen, ganz persönlichen Aussprache am 10. Mai 1561 mit seinem evangelischen Hof-
marschall Pankraz von Freyberg3, der sie herbeiführte, um endlich Klarheit zu schaffen, der Mann der
damit beginnenden Gegenreformation. Auf dem Landtag zu Ingolstadt im April 1563 verschloß er sich
allem Drängen der evangelischen Kreise. Er wurde dadurch vielmehr noch in seiner neuen Haltung
versteift4.
So schritt jetzt Graf Joachim, bestärkt durch Nikolaus Gallus in Regensburg, dem Berater des
evangelischen Adels in Baiern, zur Tat. Er hatte bisher mit Rücksicht auf den schwebenden Prozeß
darauf verzichtet, von seinem durch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 festgelegten Recht auf
freie Bekenntnisentscheidung für sein Gebiet Gebrauch zu machen. Er hatte lediglich 1560 von seinem
Pfarrverweser verlangt, daß er, wo ihm dieser Wunsch entgegengebracht werde, den Laienkelch reiche
und die Taufe deutsch vollziehe. Seiner Suche nach einem geeigneten Geistlichen begegnete das Stellen-
gesuch des Cölestin, der sich in seinen Erwartungen in der Grafschaft Haag enttäuscht sah. Johann
Friedrich Cölestin5 war ein Anhänger des Matthias Flacius6 . Das war damals für den Grafen wohl nicht
von Bedeutung, ist aber im Blick auf dessen späteren Übergang zum Kalvinismus eine nicht uninteres-
sante Tatsache. Cölestin also hielt jetzt in Anwesenheit der gräflichen Familie am 3. Okt. 1563 in der
Schloßkapelle zu Neu-Ortenburg7 den ersten evangelischen Gottesdienst. Acht Tage später folgte ein
weiterer. Am 17. Okt. wurde ein evangelischer Gottesdienst mit Abendmahlsfeier in der Kirche auf dem
Marktplatz in Ortenburg - einer der zahlreichen Nebenkirchen der Pfarrei Steinkirchen - gehalten. Das
Allerheiligste wurde aus ihr entfernt, die Messe in ihr verboten. Nach einem weiteren solchen Gottesdienst
acht Tage später berief Graf Joachim für Mittwoch, 27. Okt., nachmittags die ganze Gemeinde auf den
Marktplatz. Hier teilte er ihr die Einführung der Reformation mit, worauf der gräfliche Sekretär eine
von Cölestin im Auftrag des Grafen verfaßte und schon am 25. Okt. ausgefertigte Erklärung8 als Doku-
ment dieser Maßnahme verlas. Darauf bedankte sich die Gemeinde für diesen Schritt des Grafen. Die
Erklärung wurde schließlich an verschiedenen Stellen öffentlich angeschlagen. In ihr betonte er stark die
religiösen Beweggründe seines Handelns. Klar verwies er auf sein Recht als Reichsstand. Entschieden
3 Riezler 4, 491-541. - Götz-Theobald Nr. 10. 14.- Konrad Preger, Pankraz von Freyberg ( = SchrVRG 40).
Halle 1893, bes. 19f. - Simon, EKGB 238 (mit Bild bei S. 272).
4 Riezler 4, 522—525. — Theobald, Einführung 13—25.
5 Aus Plauen. Geb. um 1535. Nach Lehrertätigkeit an verschiedenen Orten Frankfurt a. d. Oder Dr. theol., (1557?)
Jena Professor der griechischen Sprache, 1562 bei der Beseitigung des strengen Luthertums des Flacius entlassen,
Theusing in Böhmen (Pfarrer?), 1563 Haag in Oberbayern Hofprediger, 1563 Ortenburg Pfarrer, 25. Febr. 1564
von Baiern gewaltsam entfernt, 1564 Lauingen Professor am Gymnasium, 1568 Jena (nach Wiedereinführung der
flazianischen Richtung) Professor der Theologie, 1572 bei erneutem theologischem Umschwung entlassen, seit 1573
anscheinend ohne feste dauernde Stellung in Österreich — † 1578. - 1564 erschien von ihm eine „Christliche verma-
nung, lehr- und trostschrift an die armen, bedrengten und geplagten Kirch[en] in den ... grafschaften Ortenburgk,
Haag und Newburgk am ln im“ Bayerlandt (ADB 4, 389f. — Theobald, Einführung 33f. u.ö. - Rud.Hermann,
Thüringische Kirchengeschichte. 2 [Weimar 1947] 163. 166f. 171. - NDB 3, 308f. [Lit.]).
6 Aus Illyrien, daher Illyricus. 1520-1575. In zahlreichen theologischen Kämpfen der Verfechter eines von ihm für
das allein rechte gehaltenen Luthertums (Preger. — Schottenloher 6322—6372. — RGG 23 971. — Siehe oben
S. 379!).
7 Heute: Hinterschloß (bürgerliche Gemeinde Ortenburg).
8 Unsere Nr. IV 1.
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