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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0587
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VI 1 Christliche Instructio des Thomas Stieber von 1574

pfarrhern und diener göttliches worts auf die ge-
melte kürchenordnung treulich gewisen, sonder wer-
den auch viler anderer nötiger punkten erinnert, so
zu besserlicher pflanzung und erhaltung der ange-
stelten kürchenordnung seer dienstlich und fürder-
lich sein. Ist derhalben unsers genedigen herren ernst-
licher befehl, daß ein jedlicher pfarrher und diener
göttliches wort, [so] in ihrer genaden herrschaft wo-
net, solcher instruction neben der getruckten uber-
gebenen kürchenordnung treulich well nachsetzen
und beden, im lehren und leben, derselben sich gehor-
samlich verhalten, damit nicht absönderung oder
trennung, auch große ergernus und anderer unrat
unter ihnen und ihren pfarrkindern entstehe und vil-
feltige ursach, das heilige ministerium zu verachten,
gegeben werde. Dieweil nun ein jedlicher kürchen-
diener solches zu tun schuldig ist, so will sichs ge-
büren, daß er solche instruction sambt der getruck-
ten kürchenordnung fleißig lese, betrachte und ste-
tigs für augen habe, welche auch von unserm genedi-
gem herren allermaßen genedigst confirmirt worden
in allen artikeln und punkten, wie volget.
Von gemainer ordnung der pfarrhern und
ihren privilegien.
Erstlich soll hinfürt ein jedlicher pfarrherr und
kürchendiener, so von unserm genedigen herren zu
kürchendiensten soll angenommen werden, zuvor,
ehe er die pfarr besitzt, examinirt und verhört wer-
den, auch ein probpredig tun. Darnach, so er tüchtig
erkannt wird, so soll er zu Pierpaumb3, da unser
genediger her hof helt, nach christlichem, apostoli-
schem brauch ordinirt werden .
Zum andern soll dieselbige person durch den
superintendenten der gemain, dahin er verordnet,
in einer öffentlichen predig commendirt werden in
beisein eines weltlichen befelshabers, welchen unser
genediger herr darzu verordnen wird. In solcher
predig soll der superintendens handlen vom kür-
chenampt und das volk zum fleißigen kürchgang
und gottesdienst, auch, umb erhaltung rainer lehre

zu bitten, bestes fleiß ermanen. Doch sollen in sol-
cher investitur die pfarherrn nicht mit großem ubrü-
gen4 uncosten beschweret werden.
Zum dritten soll aller pfarrhern jar an- und aus-
gen auf Cathedra Petri [22. Febr.] und alle rechnung
in abwechslung oder enderung der pfarren auf sol-
chen termin angestelt und gerichtet werden. Was
aber das pflugrecht und den ausgesetzten samen be-
langt, das soll ein jedlicher pfarrher nach erkantnus
der obrigkeit jedes orts seinem antecessori zu be-
zalen schuldig sein.
Zum vierten soll ein jedlicher pfarherr, wann
er sein pfarr zue endern [vorhab], seinen dienst ein
vierteljar zuvor aufsagen, damit solche pfarr bei zeit
mit einem tüchtigen seelsorger versehen werde.
Hergegen, wo unser genediger herr einen pfarhern
nicht lenger dulden könt, soll ihme solche pfarr auch
ein vierteljar zuvor aufgesagt werden, damit er sich
weiters versehen könne.
Zum fünften: So ein pfarrherr mit tod wurde
abgehen, damit die arme witwe sambt ihren waisen
nicht geling5 verstoßen werde, so soll aus christ-
licher genediger vergönstigung unsers genedigen
herren das einkommen eines vierteljars der witwe
und auch den verlassenen waisen, wo sie nicht ver-
möglich sein, volgen und zuegelassen werden. In-
dessen sollen die nechst benachbarten pfarrheren
aus christlicher lieb solche erledigte pfarr gratis ver-
sehen der armen witwe und verlassenen waisen zum
besten, bis nach ausgang des vierteljars die pfarr
widerumb mit einem seelsorger versehen werde.
Zum sechsten soll aus genediger befreiung un-
sers genedigen herren kain kürchendiener weder von
pflegern und andern amptleuten ohne ihrer genaden
vorwissen gewaltsamer tat zugegriffen und gefenk-
lich eingezogen werden. Wo sich aber ein irrung mit
einem kürchendiener wurde zuetragen, so soll auch
das heilige ministerium also befreit sein, daß ein
pfarrherr nicht schuldig sein soll, sein sach und han-
del für weltlichem gericht auszutragen, dieweil sich
in solchen sachen mancherlai zutragen, so dem hei-
ligen ministerio zum ergsten gedeutet werden, son-

3 = Pyrbaum. 5 = jählings.
4 = übrigen, überflüssigen.

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