Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0590
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Herrschaft Wolfstein

sambt den quaestionibus, welches für allen dingen
von nöten ist, desto besser der jugent einzubilden.
Es sollen auch die pfarrherrn fleißig vermanet
sein, daß sie mit höchstem fleiße bei ihren pfarkin-
dern den catechismum treiben und pflanzen wöllen;
dann, wie hoch solchs von nöten, ist nicht auszure-
den.
Zum achten sollen alle pfarhern am freitag in
der wochen ein predig tun und sollen ihre textus
heiliger, göttlicher schrift für sich nehmen, so zu
nötigen unterricht und trost aller menschen dienst-
lich und fürderlich sein. Wan auch in der wochen
solche täg der heiligen gefallen, die man nicht feiret
und doch ihre historien nutzlich und in der heiligen
schrift gegründet sind, als da ist der tag Conversio-
nis Pauli20, Mariae Magdalenae21, Decollationis Jo-
annis Baptistae22 etc., so sollen die pfarhern solche
historien auf den freitag in derselben wochen, in
wölcher solche täg gefallen, predigen und handlen.
Wo aber im winter wolte die zeit zue kalt sein, mag
man auf den freitag die predig unterlassen und ein
capitl lesen aus heiliger schrift sambt den summa-
rien Viti Theodori23 oder, wo im sommer die feld-
arbait so gar nötig, kann solcher actus dieselben zeit
gar unterlassen werden.
Wenn man an solchen freitagenpredigt, so sollen
vor und nach der predigt deutsche psalm und geist-
liche lieder gesungen werden, damit sie dem volk
bekant und die herzen dadurch zum gebet und herz-
licher danksagung bewegt werden.
Wo aber in der wochen ein feiertag fürfellet, daran
man predigt, so soll die freitagpredig hergegen ab-
gehen und in derselben wochen unterlassen werden.
Zum neunten: Wo in der wochen ein hochzeit
fürfallen wurde, weil gemeinlich dazumal vil volks
zusammen kombt, so sollen die pfarhern ein predig
tun vom heiligen ehestand. Hergegen soll dieselbe
wochen die freitagpredig auch abgehen und unter-
lassen werden.

20 25. Januar (Ap.G. 9, 1-19).
21 22. Juli. - Als Evangelium dafür galt - freilich zu
Unrecht - die Geschichte von der großen Sünderin
(Luk. 7, 36-47).
22 24. Juni. - Matth. 14, 1-12; Mark. 6, 17-29. So ähn-
lich auch das Agendbüchlein (Sehling 11, 538).

Zum zehenden sollen auch die pfarhern bei der
begrebnus der verstorbenen, sonderlich zu diser ge-
ferlichen zeit, ein predig auswendig recitirn oder aus
dem buech lesen, damit ein jedlicher, so zum begreb-
nus versamlet, seines kurzen lebens und tods, auch
des jüngsten gerichts erinnert und zue wahrer christ-
licher buß und besserung des lebens, auch, Gott umb
ein seligs end und fröliche urstend zue bitten, er-
mahnet werde. Wo aber große kelt oder ander gele-
genhait solche predig nicht leiden wollt, sollen doch
die pfarhern ein kurze christliche vermahnung dem
volk fürlesen, wie dann ein forma solcher vermah-
nung in unser kürchenordung begriffen24 und ein
andere gleiches inhalts diser instruction angehengt
ist.25
Zum eilften sollen alle pfarhern in der fasten
den passion, die historia des leidens und sterbens
Jesu Christi, für sich nehmen, dieselben zu handlen
und zue erkleren. Damit solche historia dem volk
wol eingebildet werde, so soll man in der ersten
wochen der fasten solche historiam des passions an-
fahen, damit man zeit hab, alle stuck fleißig zu
handlen und zue betrachten. Diewiel aber am Grü-
nen donnerstag und Palmtag gemeinlich vil volk
zum abentmal gehet, so soll man am Grünen don-
nerstag vom fußwaschen Christi predigen, damit
die communicanten zue brüderlicher lieb und einig-
kait durch Christi gebot und exempel ermahnet
[werden]. Desgleichen solle man am Palmtag, die-
weil ohne das im jar die historia des einzuchs
Christi gehen Hierusalem sonst gehandelt wird26,
vom hochwürdigen abentmal unsers Herren Christi
predigen, damit die leut zu würdiger nießung dises
sacraments erweckt und beraitet werden.
Zum zwelften sollen die pfarhern an hohen fe-
sten zu mittag ein festpredig tun. Dagegen soll die
predig und tractation des catechismi unterlassen
und bis auf den andern folgenden tag oder nechsten
sontag aufgeschoben werden.

23 Siehe oben S. 287 Anm. 24!
24 In der brandenburgischen Ordnung (Sehling 11,
203) und in Dietrichs Agendbüchlein (Sehling 11,
528).

570
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften