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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0593
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VI 1 Christliche Instructio des Thomas Stieber von 1574

mit nun die leut, ehe sie zum abentmal gehn, ver-
höret und vilerlai unrichtigkait vermiten, ist es von
nöten, daß die pfarheren am sambstag studiren und
nach mittag vesper halten und ihres beichthörens
warten und daran kainen fleiße sparen. Wo aber kain
pfarherr im dorf wohnet35, da sollen die leut des
morgens, wan der pfarher dahin kumbt, verhöret
werden.
Zum dritten sollen die pfarhern die leut ver-
manen, daß sie in anfechtungen die heilige absolu-
tion suchen und gebrauchen, auf daß des Teufels an-
fechtung und lüst offenbar werden und die ange-
fochtene herzen mit Gottes wort getröstet und eins
für das ander bitten könne.
Zum vierten soll man die leut freundlich- unter
richten, daß sie sich nicht beschweren, dem kirchen-
diener sich anzuzaigen, wie in unser kirchenordnung
vermeldet wird (pag: 145).36
Zum fünften sollen die pfarhern bei den leuten
in der beicht fleißig forschen
erstlich, ob sie das Vaterunser, den glaubn, die
zehen gebot und einsetzung, der heiligen sacrament
beten und recitirn können,
darnach, ob sie recht vom sacrament halten und ob
sie wissen, was für frücht sie vom höchwürdigen
sacrament haben,
item, ob sie auch gegen jemand neid oder feind-
schaft tragen (Brand[enburgische] K[irchenord-
nung] pag: 146;37 Agenda Viti Theodori 84).38
Zum sechsten:Wo aber die pfarhern wissen
solche leut, die eines guten verstands und christ-
lichen wandels sind, alda ist solch forschen unvon-
nöten (Brand[enburgische] K[irchenordnung] 146;
Viti. Agenda 84). Doch sollen sich solche leut nichts
desto weniger anzaigen und den trost der heiligen
absolution nicht verachten.
Zum sibenden sollen die pfarhern niemand
zwingen, alle sünde mit ihren umbstenden zue er-

35 also bei Tochterkirchen (wie Rocksdorf, Hofen und
Mühlhausen). Gerade diese Stelle läßt annehmen,
daß damals nicht nur eine einzige Pfarrei eine Toch-
terkirche zu versehen hatte (siehe oben S. 562!).
36 Sehling 11, 186.
37 Sehling 11, 186.
38 Sehling 11, 529f.
39 Sehling 11, 186.
40 Sehling 11, 528. 41 Sehling 11, 187.

zelen (Brand[enburgische] K[irchenordnung] 147)39,
sonder sollen sich benügen lassen, wan sie von
einem kranken oder gesunden hören, daß er sich für
einen armen sünder bekennet und genade begeret
und zusagt, er welle sich forthin bessern (Vide
agenda Viti Theo[dorici] pag: 80).40
Zum achten sollen die pfarhern und kirchen-
diener, wen sie absolviren wellen, ein christliche
form der absolution gebrauchen (Brand[enburgi-
sche] K[irchenordnung] 150)41; dann im babstumb
hat man vil unchristliche absolutiones gebraucht,
wie dan dise in actu sacerdotali42 gelesen wird: Per
passionem Domini nostri Jesu Christi et intercessio-
nem gloriosae Virginis Mariae et merita omnium
sanctorum misereatur nostri Deus; dann die heilige
absolution soll in kaines menschen namen verkün-
digt werden. Auch sollen die leut nicht gewisen wer-
den, ad merita sanctorum vel intercessionem Mariae,
auch nicht auf ir eigene werk, beicht, reue und leid
etc., sonder, daß sie allain sehen auf das verdienst
Christi und auf die tröstlichen wort Christi, so in der
absolution gehöret werden.
Zum neunten sollen die pfarhern den leuten, so
die absolution suchen und begeren, kaine satisfac-
tion, dadurch sie ihre sünde sollen büßen und dafür
genugtun, auflegen; dann wir kaine andere satis-
faction für unsere sünde haben noch wissen den das
verdienst und die bezalung unsers Herrn Jesu Chri-
sti, Joan. 1 [29]; 1. Joan: 2 [2] (Brand. K. 149).43
Zum zehenden sollen die pfarhern die heilige
absolution kainen gottlosen, unverstendigen leuten
mittailen, es sei dann, daß sie ihr unrecht erkennen
und zuesagen, daß sie sich mit hilf unsers genedigen
Gottes in ihrem leben bessern wellen, damit das heil-
tumb nicht für die hunde und die perlein für seue
geworfen werden (Brandenburg. K. pag. 151).44
Zum eilften :Wo sich zutrüge, das jemand seinen
pfarhern ohne zwang dise oder jene sünde bekante,
42 Einen Druck mit dem Titel Actus sacerdotalis kann
ich nicht nachweisen, wohl aber solche mit dem Titel
Actus sacerdotales, aber auch nicht für die Diözese
Eichstätt. Es handelt sich dabei aber um ein gleiches
Werk wie das sonst Agenda genannte. z.B. Agenda
... secundum ... dioecesim Bambergensem. Bam-
berg 1491 (NLA Een. IV. 40 179]. Dort finde ich
eine solche Stelle nicht.
43 Sehling 11, 187. 44 Sehling 11, 187.

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