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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0596
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Herrschaft Wolfstein

ten und verrichten, wie unser kirchenordnung aus-
weiset, sollen nicht neues erdichten oder aus eignem
gutdunken endern oder nach alter gewonhait etwas
darzu setzen, damit gleichait nit allain mit andern
kirchen, sondern auch unter uns, die wir unter einer-
lai herrschaft wohnen, gehalten werde.
Zum sechzehenden soll solcher actus - die
communion und abentmal - deutsch gehalten wer-
den; den es ein spöttisch und ungereimbt ding ge-
wesen ist, daß man die leut so hart verstrickt hat,
täglich meß zu hören, davon sie doch nichts ver-
standen haben. Doch ist hiemit nit verboten, das
man, wo schulen seind, nicht dörfe das lateinische
Kyrie, Et in terra, Credo und ander geseng aus hei-
liger, göttlicher geschrift in der kirchen gebrauchen.
Aber das gedechtnus und die verkündung des tods
Christi, desgleichen die danksagung, offenbar gebete
und segen sollen alweg deutsch sein, damit die zue-
hörer solches verstehen können, als Paulus lehret,
1.Cor. 14 [9].66
Zum sibenzehenden. Dieweil die elevatio aus
gutem und wüchtigem grund in vilen kirchen und
landen abgelegt und aufgehoben ist67, so soll sie auch
bei uns unterlassen werden, auf das wir niemand in
seiner alten, gewonten abgötterei sterken und durch
ungleichait ein gezenk und hader anrichten und er-
wecken.
Zum achtzehenden soll niemand zum heiligen
abentmal gelassen werden, er hab dan zuvor seinem
pfarhern seines glaubens halben rechenschaft und
bericht geben, auf das nicht durch unser versaumnus
etliche unwürdig und zur verdamnus zum heiligen
sacrament gehn.

66 Siehe oben S. 62. 78. 282. 461. 462 u. ö.!
67 Diese Elevation, die auch in der Pfarrkirche zu
Wittenberg Bugenhagen erst am 4. Juni 1542 be-
seitigte (Germann W., Joh. Forster [Meiningen
1894] 359. - WA Br 10, 86f.), wurde in Nürnberg
am 21. Dezember 1543 durch Veit Dietrich abge-
schafft, weil während der im Sommer dieses Jahres
herrschenden Pest die Gemeinde aus Angst vor An-
steckung den Gottesdienstbesuch auf die Zeit der
Konsekration mit Elevation beschränkt hatte
(Waldau, Vermischte Beiträge 2 [1787] 297-324. -
Klaus, Dietrich 225ff.)
68 In engem Anschluß an die Brandenburgische Ord-
nung (Sehling 11, 188ff.), bzw. an Veit Dietrichs
Agendbüchlein (Sehling 11, 495).

Ordnung,
wie es mit dem heiligen abentmal in öffentlicher
versamlung soll gehalten werden.68
Zum ersten, wenn der priester zum altar kumbt,
mag er das Confiteor oder, was ihn sein andacht er-
innert, beten etc.
Darnach soll man singen den introitum, so er der
heiligen schrift gemeß ist, oder dafür einen deutschen
psalm, doch das, wo schulen seind, die lateinische
sprach in der kirchen mit dem gesang geübet werde.
Darnach soll man das Kyrie eleison und Et in
terra lateinisch oder deutsch oder dafür einen deut-
schen psalm singen.
Alsdan kere sich der priester gegen dem volk und
sprech oder singe:
Dominus vobiscum, oder: Der Herr sei mit euch.
Darauf antwortet der chor:
Et cum spiritu tuo! oder: Und mit deinem Geist!
Dem volget dan eine oder mehr collecten nach gele-
genhait der zeit etc. und dieselben sollen deutsch und
nicht lateinisch gesprochen oder gesungen werden.
Darauf soll die sontägliche oder festes epistel sambt
den sechs haubtstucken christlicher lere dem volk
fürgelesen werden.69
Alsdan solle man widerumb ein Alleluja, gradual
etc.70 oder dafür einen deutschen psalm singen und
darauf ein capitel aus den heiligen evangelisten
oder Geschichten der aposteln und, wo die zeit zu
lang, nur ein halbes lesen71,
alsdan anfahen das Credo. (Das mag man, wo
schulen seind, lateinisch oder aber umb des gemai-
nen volks willen den glauben deutsch72 wie ge-
breuchlich) und
69 Diese Einfügung der sonst dem bloßen Predigtgottes-
dienst überlassenen Katechismusstücke in den rei-
cher gestalteten Abendmahlsgottesdienst ist eine
Besonderheit. Sie stammt aus Veit Dietrichs An-
weisung (Sehling 11, 498. 500).
70 Ein Vers, der ursprünglich auf den Stufen (gradus)
des zur folgenden Verlesung des Evangeliums be-
stimmten Lesepultes (des Ambons) gesungen wurde
(Braun 126. - Jungmann 1, 553).
71 Diese als fortlaufende Lesung zu denkende Übung
stammt aus Veit Dietrichs Agendbüchlein ( Sehling
11, 498).
72 Das Lutherlied: ,,Wir glauben all...“ oder das Apo-
stolische Glaubensbekenntnis nach der Weise Zahn
8625.

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