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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0044
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2. Liederliste der Öhringer Stiftskirche
(ab 1544/1546)

Die Liederliste wnrde vom Öhringer Schulmeister Johannes Ruthenus übersandt. Im Begleit-
schreiben heißt es: Salutem in Christo servatore nostro. Fui heri finitis vespertinis precibus apud
consulem. Conveni illum, et quod a Vestra Praestantia in mandatis habui, ita ut debui, fideliter
sum executus... Mitto etiam Vestrae Praestantiae psalmos, quos hucusque cum populo in templo
cantavi et quia sic ab antecessore meo accepi, sine causa et extra mandatum nequicquam mutare
volui. Vestra Praestantia autem hic judica.bit, quid perpetuae concordiae conveniat, quid non.
Quamobrem, quam possum unice oro, ut probanda probet reliquiis abiectis, et si quid praetera
visum fuerit ad ecclesiae aedificationem facere, adiiciat. Quo omnia ordine et contra sciolos constanter
fiant, Vestrae Praestantiae in omnibus mandatis me libenter et prompte subiico. Valete. Vestrae
Praestantiae subditus Ioannes Rutenus.

Wie ein weiteres Schreiben mit derselben Anrede zeigt, war es an D. Ägidius Stemler, der die
Aufsicht über Schule und Kirche in Öhringen hatte, gerichtet 1. Die Anrede ,,Vestra Praestantia“,
einmal auch ,,Vestra Excellentia“, ist keine feste Kanzleiform, sondern eine bloße Ehrenformel, die
einem Rat, aber auch einem Grafen zukommen konnte 2. Anlaß war anscheinend eine Beschwerde
von Stiftsherren gegen das Singen lutherischer Lieder und die Reform der Schule. Ein Bote sollte
zum Bischof nach Würzburg geschickt werden. Ruthenus nennt ,,Poliscriba Ci (Vielschreiber) und
Rublein; sie sind vielleicht die ,,scioli“ (Halbwisser). In dem weiteren Schreiben nennt Ruthenus
die ,,Leoninos cc, ,,malevolos et sciolos, qui nihil praetermittunt, quod scholae obesse possit cc. Ruthe-
nus übersandte den Entwurf einer Schulordnung, der vor allem einen Lehrplan enthielt, nach dem
Ruthenus ,,tenella illa ingenia in primis literarum rudimentis cc unterrichten wollte. Erhalten ist erst
ein Entwurf von 1549 (Nr. 4).

Ruthenus, 3. 5. 1544 inWittenberg Magister, wurde im Juli 1546 im Zusammenhang mit der
Gottesdienstreform als Schulleiter an der Lateinschule angenommen 3. Er hatte sich geweigert, ,,daß
er den chor versehe, wie die nehern vor ihm geton“, nämlich wie seine Amtsvorgänger bei der Messe
und anderen Gottesdiensten der Stiftsherren im Chor zu singen. Auch lehnte er ab, das Salve Re-
gina zu singen. Stemler konnte zusammen mit Huberinus bei Ruthenus erreichen, daß er wie seine
Vorgänger an den Feierabenden (Vesper vor Feiertagen), Sonntag und Feiertagen mit den Schülern
im Chor den Gottesdienst versehe 4. Der Vorgänger von Ruthenus, der schon lutherische Lieder sin-
gen ließ, ist nicht bekannt. Huberinus schrieb am 12. 1. 1544, daß er einen Schulmeister aus Augs-
burg mitbringen könne, der imWittenberger Land ein Schulmeister gewesen sei und den Chor regie-
ren könne 5.

1 „Tua Excellentia“. PA 93, 3, 6. Wibel 3, CD 359f.
Zu Stemler siehe oben Nr. 1 Anm. 14.

2 Auskunft von Archivcürektor Prof. Dr. Eckhart G.
Franz, Darmstadt, der auch den Text durchgesehen
hat.

3 Ruthenus stammte wohl aus Burgkunstadt („Gno-

stipolitanus“). 1554 Diakon, 1556 his zum Tode
1565 1. Diakon in Öhringen. Autor von: Locorum

veteris et novi testamenti communium tabulae. In:

Johannes Spangenberg: Explicationes evangeliorum
et epistolarum. Basel 1555 (vhd. UB Tübingen) und
öfters. I-Ierausgeber von Thomas Linacer: Corpus
emendatae structurae latinae sermonis. Basel 1554
(vhd. Staatsbibl. München).

4 Befehl Graf Albrechts v. 20. 6. 1546 und Ivonzept-
zettel Stemlers. Konzepte PA 93, 3, 6. Druck Wibel
3, CD 349-351.

5 PA 93, 3, 6. Wibel 3, CD 310.

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