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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0080
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5. Kirchenordmmg 1553

[5.] Von der beycht und absolutionn

Die beycht der christen ist zwayerlei, ein gemaine
und ein sondere haymliche.

Die gemaine beycht, darvon auch der 32. psal. [5]
redet, soll geschehen alle tag, ja alle stund Gott,
dem Herren, das wir bekennen und beyachtzen 57,
das wir arme sunder seind, mit dem armen sunder
im tempel, Luc. 18 [13], und elende menschen vol-
ler sunde, Ro. 7 [14. 24], Solche beycht geschicht
etwa deheyrn durch das teglich gebet oder in der
gemaind an offentlicher predig, daruf dan auch ge-
hort die offentliche absolutionn sampt dem evange-
lischen trost 58.

Die sondere oder heymliche beicht geschicht vor
dem pfarher in gehaym, da man die sunde bekennet
und absolutionem privatam empfehet. Solche beycht
soll man in der kirchen halten nicht als muß man
darinnen alle sunde offenbaren und erzelen, dann
Gott allein der hertzkundiger, und einem menschen
unmuglich ist, alle sunde zu erzelen, wie der 19.
psalm [13] sagt - darumb auch die erzelung der sun-
den einem yeden frey sein soll -, sondern umb der
bloden gewißen 59, auch der jugent, einfeltigen, un-
erfarnen und des rohen volks willen, damit sie
sich ierem pfarher anzeigen und von ime verhort
werden,

[l.] 60 ob sie auch clie zehen gebott, die articul des
clrristlichen glaubens und das Vatter unser wißen
und erzelen konnen 61. Wo sie dann nicht konnen
betten und glauben, sollen sie nicht zum sacrament

h A ursprünglich: beyderley.

57 = bejahen.

58 Die Vermahnungen vontluberinus (Nr.3, S. 37f.) ent-
halten Formulare.

59 Vgl. Augsburger Konfession Art. 25 (BSLK 97-100).
Blöd = furchtsani verzagt.

60 Die folgenden Fragen sind gegenüber Brand. KO
1533 (Sehling 11, 186) wesentlich erweitert.

61 Selbst diesen - gegenüber den Forderungen der KO
1578 bescheidenen — Grrundbestand konnte der
Pfarrer von I-Iollenbach, Johann Durst, bei der Yi-
sitation von 1556 nicht aufsagen.

62 Nach der Abgrenzung gegenüber Zwinglianern und
„Schwärniern“ in der 2. Frage folgt jetzt die Aus-
einandersetzung mit der noch verbreiteten Spen-
dung sub una speciei. Huberinus hatte 1545 ver-
öffentlicht:

gelaßen werden bis das sie es zuvor wol gelernet und
erzelen konnen.

Und sollen also die pfarher niemand zum sacra-
ment des altärs geen laßen, er hab sich dan zuvor
ytztgehorter maßen seinem pfarher angezeygt und
clie absolution empfangen.

[2.]. Es soll auch ein yeder pfarher seine beycht-
kinder ferner fragen, ob sie auch wißen, was in der
hostien und kelch geraicht und empfangen werde,
nemlich der ware leyb und das ware blut Jesu
Christi, und sie also underrichten, was das sacra-
ment des altars, und warumb es eingesetzt sey.

[3.] Item, wie man solch sacrament recht prau-
chen, wirdighch nießen und empfahen soll, nemlich
mit guttem fursatz, das leben zu beßern, von sun-
den absteehn und in einem waren glauben an der
trostlichen zusagung cler wort Christi im sacrament:
Fur euch gegeben und vergoßen zur vergebung der
sunden etc. vestiglich hangen und claran gar nicht
zweyfeln soll.

[4.] Das sie auch wollen ieren feinden von hertzen
verzeyhen und keinen neid mher tragen.

[5.] Ob sie zuvor in einer ocler beder gestalt das
sacrament empfangen haben und ob sie es auch fur
recht halten und erkennen, das es in beyder h ge-
stalt recht und gottlich sey 62. Und sollen die seel-
sorger das volk nicht allain in cler beicht, sonder
auch uf der cantzel mit vleis underrichten, das beede
teyl dises sacraments allen Clmisten zu empfahen
recht, christlich und catholisch 63 sei, wie es dan

Sibendtzig Schlußred, das beide teil des Sacra-
ments, allen gleubigen Ohristen, gereichet soll wer-
den. (Franz, Huberinus - Rhegius - Holbein, Nr.
18. 1). In These 12 heißt es: ,,... und ausserhalb Grot-
tes wort nichts glauben noch halten in sachen, die
säligkeit belangend.“ These 61 f.: „Dieweil wir dann
vor uns haben den offentlichen befelch Grottes, Chri-
stum, sein wort, die apostel und die heilige kirch zü
Corintho ... so solle uns ye billich Got der Ilerr sel-
ber, sein wort und die apostel mer sein und gelten,
dann alle menschen auf erden.“ Die Gewährung
beider Gestalten cles Abendmahls im Interim war
für IJuberinus eine Voraussetzung der Annahme.
Er erreichte, daß Graf Georg von Hohenlolie-Wal-
denburg 1550 die Spendung nach der Einsetzung
Christi gestattete (Acta in Sachen 347—53).

63 Die Kirchen der Reformation verstanden sich als
„katholische Kirche“.

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