Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0081
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5. Kirchenordnung 1553

nach der einsatzung Christi nicht anders sein kann
oder mag.

Man soll auch dem beichtkind vleyssig und ernst-
hch einbinden, das es furtan sich von beeder gestalt
nicht bewegen noch tringen laßen wolle, sonder eher
ein zeitlang gar stilsteen, wo es das sacrament in
beyder gestalt nicht bekhomen mag, uf das es sein
gewißen nicht unruig mache am totbeth, da sich
dan boß gewißen enthch ündet.

[6.] Item, ob das beychtkind nicht etwa hge in
offentlicher sunde, ergernus oder bann 64 etc. Dann
welche in offenhchen sunden, lastern und erger-
hchem leben verharren, denen soll das sacrament
nit geraycht werden, sie wollen dami darvon ab-
stehn und buß ton.

[7.] Und damit solcher offenthchen sunde und
lastern halben kain betrug geschehe, soll das beycht-
kind vom pfarher auch gefragt werden, ob es in der
herschaft oder in semer rechten pfar daheym sey.

[8.] Letzhch, ob es die trosthche absolutionn be-
gehre zu empfahen und derselben gentzlich glauben
wohe.

Nach solchem absolvire man das beychtkind irn
namen des Vatters sampt einem trostspruch aus dem
evangeho 65.

Aber mit denn starken und erfarnen, so zuvor
ethch mal verhort worden seind, kan man dester
kurtzer hindurch gehn und weniger fragens geprau-
chen, sonder die evangehsche absolutionn anbieten
und mittaylen.

Solche und dergleychen ursachen mher sollen uns
bewegen, das wir die heymhche beycht und abso-

64 ,,Kleiner Barm“ als Abmahnung vom Abendmahl
bei öffentüchen Sündern und Wiedertäufern (z.B.
in Langenbeutingen).

65 Die Trostsprüche in den Vermahnungen von Hube-
rinus (Nr. 3, S. 37. f.) konnten natürlich auch für die
Privatabsolution verwendet werden.

66 Das Einzelverhör der Kommunikanten wurde nicht
nur von Sektierern abgelehnt. 1556 war in Hohen-
lohe das gemeinsame Verhör verbreitet.

67 Von der Messe handeln die §§ 6-10. § 6 enthält nur
die Inhaltsangabe der einleitenden §§ 7 und 8.

68 Gutachten Hertels 1552/53: Mein guttbedunken,
auch mein mainung von der missa sol E.G. [Graf
Ludwig Casimir] nach laut der gelerten leut auch
kurtzlich vernemen. Missa, wie sie im bapstum ge-
halten ist worden und noch an etlichen orten gehal-
ten würd, ist ein grewel von wegen der grewlichen

lutionem privatam nicht wie rottengeyster verach-
ten 66, sonder solche absolution, dieweyl sie vom
ampt der schlußel herkompt, hoch und wert halten
wie alle andere empter der christhchen kirchen.

[6.] Von der meß oder abentmal des
Herren 67

Ersthch ist vleyssig zu bedenken und warzunem-
hen, was die rechte christenliche, apostolische und
cathohsche meß sey der ersten anfahenden und alten
kffchen und der recht grund und whkung derselben.
Dann dieweyl sie der furnembsten gottesdienst einer
ist under dexm Christcn, so muß man wißen denn
rechten christenlichen prauch, bevelch und einsat-
zung und was notwendig zu der substantz der meß
erfordert werde, auch was darneben und bey der
meß nach christhcher ordnung angerichtet worden
sey, so Gottes wort gemeß und nicht zuwider ist.

Zum andern soll man auch vleyssig erwegen und
betrachten, was fur mißbreuch bey der meß seind
eingeschhchen, welche offenthch der ersten einsat-
zung Christi und Gottes wort widerstreben, uf das
man dureh solche mißbreuche nicht ursach gebe zur
abgotterey und gotzlesterung.

[7.] Vom rechten prauch der meß 68

Das heyhg abentmal des Herren hat mancherley
namen m der christenhchen kirchen bekommen
nach den dreyerley sprachen, in welchen die kirch

mißbreuch und yrtumb, welche die menschen der
meß Christi und der aposteln haben hinzugeton.
Derhalben wir das beß wollen hinwegtun und das
gutt behalten. Dan das wort und die ordnung Gottes
sollen von den menschen nit geenderet werden, vil
weniger soll etwas wider das wort und ordnung
Gottes in der kirchen, als ein gottesdienst aufge-
richtet werden. Man hat auch ubelgeton, das man
geleert hat, die meß sey ein sollich opfer, in welchem
der Son Gottes täglich dem Vatter werde aufge-
opfert für die sünd der lebendigen und der toten ...
Uber das sündopfer opfert die christenheit auch
ietzt biß an jungsten tag dankopfer für die erlösung
in Christo und für alle gütter Gottes, also opfern
wir teglich ein zerknirst demutig hertz, lob und
dank und alles, was wir guttes wirken unser leben
lang auß reynem glauben. Daneben aber hat uns

65

5 Sehling, Bd. XV, Württemberg I
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften