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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0102
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6. Polizeiordnung 1556

und wollen wir, das denselbigen weder umb lutzel 14
oder vil, eß sey pfenning, heller, gelt oder geltz-
wert, zu spilen gar nit zugelaßen, sonder verbotten
sein.

Es soll auch ein jeder den andern hierin bei seinen
pflichten und ayden anzugeben und zu ruegen 15
schuldig sein, dergleichen die schulthaißen und but-
tel ein besonder aufsehens darauf haben, diejenigen,
so solchs uberfaren und nit halten, gestracks an-
zaigen und straffen, alles bei ircn pflichten und ay-
den.

[4.] Von hochzeiten

Nachdem bißhero vast an allen orten uf den hant-
straichen 16 und hochzeiten ein sehr großer uber-
schwenklicher uncosten, muhe und unruhe ge-
braucht worden, welches nit allein den preutvöl-
kern 17, sondern zun zeiten auch den geladenen ge-
sten nachtaihg und beschwerlich, darzu dem gemai-
nen nutz verderblich und unfurdersam, setzen, ord-
nen und wollen wir hiemit ernsthch gepiettend, das
hinfuran xhemants, wer der seye, one unsern oder
unserer ambtleut und bevelchhabern vorwißen kain
hochzeit halten oder furnemmen soll. So aber ainer
oder mehr bei der herschaft amtleuten derwegen an-
suechen wurde, dem sollen hiemit vier besetzter
disch mit geladnen gesten und uf jeden tisch funf
zimmhcher trachten oder richt 18 nach deß hauß
vermögenhait, ufzusetzen und zu geben und daruber
nit vergunt oder zugelaßen sein. So aber einer wider
dises unser gebott handeln und mehr disch halten
oder mehr dann funf trachten geben wurde, der
soll unnachleßhch umb zehen gulden gestrafft wer-
den.

14 = wenig.

16 = anzeigen, besonders bei den Rüg- oder Selboten-
gerichten (siehe S. 592, Anm. 1).

16 Heiratsabrede (die rechtsgültige Eheschließung),
Verlobungsfeier (Fischer 3, 1132).

17 = Brautleuten.

18 Tracht = richte (fem.) = Gang beim Essen (Fischer
5, 327). Ziemlich hier = angemessen. Im Kampf
gegen die Völlerei gewinnt das Wort die Bedeutung
„mäßig, einfach, bescheiden“ (Grimm 15, 1120).

19 Die Taufe fand sofort nach der Geburt ohne die
Mutter statt. Es folgte bald der Taufschmaus im

[5.] Von kindbethhöven oder
kindsschenken 19

Dieweil wh auch in gnugsame erfarung kommen,
mit was unordnung und uberflußigem, unnotwen-
digem costen bißher die kindstauf und kindbeth-
hove oder kindsschenken dem gemainen mann zu
höchstem nachtail und schaden gehalten worden,
demselben furzukommen und den armen under-
tonen zu wolfart und guettem, auch furderung ge-
maines nutz, ordnen und wollen wir, das hinfuran,
wo und an welchem ort ein kind erporn und getauft
wurdet, den hebammen und wer zu dero erfordert,
ungeverlich aine oder ufs maist zwo trachten oder
richt und dann uf der kindsschenk oder kindbeth-
hove drei zimmlicher trachten oder richt, wie un-
geverhch das hauß vermag, gegeben werden sollen.
Und wollen auch hiemit das unordenlich zulaufen
(als da etwan zun zeiten die nachpeurin uncl andere
unerfordert und ungeladen fur sich selbst uf die
kindbethhove kommen) gentzhch abgestrickt 20,
und darbei jeder meniglich 21 gebotten haben, das
niemantz uf dergleichen kindßtauf oder kindßschenk
gehn oder kommen soll, cheselbigen seyen dann son-
derhch darzu geladen, berueffen und gebetten.
Deren auch mt uber zehen personen darzu beruffen
oder gebetten werden sollen, bei straff funf gulden.

[6.] Von den kirchweyhen

Als sicli auch biss anher vonwegen der kirchwey-
hungen und dergleichen gastungen 22, bei denen sich
der maiste tail die hievor angezaigte puncten mit
spilen, zutrinken, gottslestern und dergleichen,
zank, hader, auch allerhand mutwillen und un-

Hause. Kindsschenke hier nicht die Gaben ins Wo-
chenbett, sondern das Festessen (Fischer 5, 775).
Vgl. H. Höhn, Mitteilungen über volkstümliche
Überlieferungen in Württemberg. In: Württ. Jahr-
bücher für Statistik und Landeskunde 1909, be-
sonders S. 264 f.

ao = verboten. 21 = jedermann.

22 Neben der allgemeinen Kirchweih im Herbst, bei der
viel gegessen, getrunken und getanzt wurde, gab es
noch iokale Feste. K.Wagner, Kirchweih in Fran-
ken: Studien zu den Terminen und deren Motiva-
tionen. Erlangen-Nürnberg, Phil. Diss. 1971.

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