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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0139
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a. Yisitations- und Kirchenordnung 1558

II.

[5.] Wieviel er an cl feir- und sontagen, auch in der
wochen predige, zu welcher stund und zeit. Auch
was er auf vollendte predigt vor und nach der pre-
dig für deutsche lobgeseng niit gmainer kirchen
halte. Ob auch die gmain kirch mitsinge.

[6.] Item, wie ers mit dem catechismo und under-
weisung, auch frag der kinder, wan und wie oft,
halte. Mit was fleiß die kinder und auch die alten
und bsunder die amptleut die predig und catechis-
mum besuchen.

[7.] Item, mit was ordnung, weiß und form er die
haihgen sacramenten darreiche, und furnemlich
das hailig abendmal Jesu Christi in publico, auch
die privatexploration und absolution halte.

[8.] Item, ob er auch die kranken und sterbende
leut, mit was fleiß und ordnung er sie besuche,
tröste und inen das hailig nachtmal raiche.

[9.] Item, wie sich die schulmaister und mesner
in irem ampt und wandel halten 18.

Die ursachen aber, darumb das examen in visi-
tatione allweg möchte ghalten werden, seind diese:
Nemlich, das man sehe, was sich die kirchendiener
seit dem examine 19 gebeßert haben. Item, das den
farleßigen ameitzung gegeben werde, ire biebel und
locos communes 20 fleißig zu lesen, und, so sie dieser
puncten niht richtigen verstand hetten, denselbigen
von dem superattendenten begerten.

d A: am.

Wittenberg, besonders den Streit zwischen Georg
Major (1502-1574) und Johannes Flacius Bericht
erhalten (GA 14, 18). Major hatte eine von Luther
mißbilligte Formel Melanchthons, daß gute Werke
zur Seligkeit notwendig seien, wiederaufgenommen.
(O. Ritschl, Dogmengeschichte des Protestantismus.
2. Leipzig 1912, 376-398. - R. Bring, Das Yerhält-
nis von Glauben und Werken in der lutherischen
Theologie. München 1955, 92-106.) Bei den Sakra-
menten war eine Abgrenzung gegen Katholiken,
Zwinglianer und Calvinisten notwendig. Zum adia-
phoristischen Streit siehe KO 1553 (Nr. 5, § 1),
Ritschl a. a. O. 2, 328-370.

18 Frage 5-9 entsprechend in Württ. KO 1559 (Bl.
232b-233b), z.B.: Item ob er auch die heiligen
sacramenten und andere ceremonien unser außge-
gangnen kirchenordnung gemeß und sonderlich die
privatexploration und absolution der ordnung nach
halte. - Frage 8 wörtlich wie Württ. KO. - Frage 9
(an späterer Stelle): Item wie sich auch die teutsche
schulmeister und meßner an jedem ort in der schul,
kirchen und sonst nach unser ordnung halten.

[2.] Von den predigten

Es sollen die kirchendiener, baide in stetten und
flecken, alle sontag zwo predig tun und frue das
dominicale evangelium oder de tempore 21 und zu
mittag den catechismum außlegen.

Und mag der text, den man furhat, zu beßerer
versicherung der gwißen wol aus dem buch gelesen
werden. Aber die außlegung gleicherweiß auß dem
buch 22 zu lesen, soll man niemand, den allain den
uralten (mit welchen der superintendens dispen-
siren mag) gestatten.

Und soll der superintendens besehen, obe der
kirchendiener bucher der augspurgischer confeßion
niht zuwieder seien, auch inen bevelhen, das sie
sich kurtzer und guter, ordenlicher predigten be-
fleißen.

Es soll sich auch der kirchendiener befleißen,
alle kirchengesang zu yeder zeit nach seiner predig
zu richten und das volk mitzusingen vermahnen 23.
Es soll auch der superintendens allen kirchendie-
nern ain gleiche form aines gepets, allweg nach der
predig zu brauchen 24, stellen.

[3.] Von der catechismuspredig

Es soll kain anderer catechismus, dann der, un-
sers gnedigen herren kirchenordnung eingeleibt,
ghalten werden. Und sollen die kirchendiener ire

19 Examen in Öhringen Juni 1556 (unsere Nr. 8b).

20 Philipp Melanchthon, Loci communes. Die letzte
Ausgabe von 1559 in: Melanchthons Werke in Aus-
wahl. 2, 1.2, hrsg. v. H. Engelland, Gütersloh 1952-
1953.

21 Das (sogenannte altkirchliche) Sonntagsevangelium,
das sich nach dem Kirchenjahr richtet, im Unter-
schied zur fortlaufenden Auslegung einer Schrift, wie
sie sich in Brand. KO 1533 (Sehling 11, 194 f.) findet.

22 Für die Evangelien eine Postille, für den Katechis-
mus die Brandenburg-Nürnbergschen Kinderpre-
digten 1533 (Sehling 11, 206-282), deren Verlesung
erst in der KO 1578 vorgeschrieben wurde.

23 Der Gesang wurde von Schülern getragen; das Mit-
singen der Gemeinde war noch nicht selbstverständ-
lich. Die Lieder die sich nach der Predigt und damit
nach dem Kirchenjahr richten sollten, sollten nach
der Predigt gesungen werden (Erwähnung der KO
von ca. 1556 im Testament Ludwig Casimirs 1564,
Nr. 16, § 5.)

24 Das gemeinsame (Fürbitten-)Gebet aus der Württ.
KO 1553/1559 (Bl. 82b 83a) wurde in die hohenl.
KO 1578 (S. 236f.) aufgenommen.

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