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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0281
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2. Kap. Vom Kirckengesang

mag man die alten kurtzen kirchengeseng 9 singen.
Darnach, wie auch ausser den hohen festen 8, bete
man das Vatter unser. Auf das gebet lese der pfarrer
oder prediger 10 das gewöhnhche evangelium, wel-
chem folge sobald ein christliche außlegung 11. Und
soll der pfarrer sein predigt nit auf scheltwort, rach-
girigkeit und dergleichen, auch nicht auf spitzige,
hohe, scharpfe sachen oder fragen, vil weniger auf
fabeln oder sonst kindische ding, sondern auf die
ehr Gottes, auf der kirchen 12 nutz und fruchtbarkeit
auf das einfeltigest und verstendigest richten.

Es sollen aber die predigten auch auf die sontäg
und feyertäg auf dreyviertel stund, und aufs mein-
ste uber ein stund nit verzogen werden 13, damit die
leut nicht mit der vile und lenge uberschütt und
verdrüssig werden, dieweil je des gemeinen mannes
verstand sich nit dermassen auf einmal, so vil mit
lust zu fassen, auftun mag, sondern mit im v * * * * x gleich-
sam einem kranken zu handeln, dem man oft, aber
wenig auf einmal, fiirstellen muß.

[4 b] Nach der predigt geschehe das gemein gebet
für die not der gantzen christenheit auf nachfol-
gende weise:

v D: ihm. A: in.

w Der folgende Absatz so in A; in D auf Zettel von

Meder, vorher (aus Hanauer KO 1573, S. 5): Liehen
freund Christi. Dieweyl wir heyeinander versamm-

let sind und G ottes wort gehört hahen, so wöllen

wir ihm für solche una alle andere woltaten von
hertzen lob und dank sagen und ihm ferner auf sein
befelch in unserm gemeinen gehet die not der
gantzen christenheit fürtragen. Sprecht derohal-
ben auß wahrem glauben mit mir also:

x In Stuttgarter Ex. am Rand hs. Ermahnung zur
Beichte, offene Beichte und Absolution.
y Statt ,,die not der gantzen“ in D (von der Hand
Meders): die gantze not der.
z In Ruppertshofener Ex. am Rande: Precatio, die
solis finita concione.

a In Stuttgarter Ex. hs. Zufügung: und wir.

9 Die alten Leisen. Nach Bericht von Mögner in Lan-
genburg 1588 sind es Weihnachten: Ein kindelein
(so löbelich, Dies est laetitiae deutsch, EKG 18.),
Ostern: Christ ist erstanden etc. (EKG 75) und
Pfingsten: Nun hitten wir (den Heiligen Geist, EKG
99).

10 ,,oder prediger“ fehlt Hanauer KO 1573.

11 Dies wurde in der KO 1582 (Nr. 32, § B 9) einge-
schärft. Mögner hatte am 2. und 3. Weihnachtstag

wErstlich, wann nicht communicanten vorhan-
den sind (dann wo derselben vorhanden, soll solches
vor dem altar geschehen, wie im 7. capitel vom
abendmal zu sehen ist), soll der prediger oder
pfarrer dem volk die gemeine und offne beicht
sampt der absolution darauf vorsprechen x14, dar-
nach, nach der offnen beicht, alsbalden die ange-
henden eheleute verktindigen und für die kranken
personen oder andere sonderbare anhgen, so deren
vorhanden, bitten, und dann nach sölchem allen
das gebet verrichten wie volget: Erhebet ewre
hertzen zu Gott, tragt im dise und die not der gant-
zenA christenheit für und sprecht mit mir auß
warem glauben und hertzlichem vertrawen also:

Gemeine gebet z15

Allmechtiger, barmhertziger, ewiger Gott und
vatter 16, ein herr himels und der erden. Wir bitten
dich hertzhch, du wöllest dein heilige kirch mit
ihren dienern sampt uns 17 durch den Heiligen Geist
regieren, auf das sie a bey der rechtschaffnen weid
deines allerheiligsten und ewigen worts, 18sampt

1587 zwar die verordneten (altkirchüchen) Evange-
lien mit den Summarien gelesen, aher üher die Weih-
nachtsgeschichte Lukas 2 gepredigt. 1586 in Langen-
hurg und seit 3 Jahren in Weikersheim seien Weih-
nachten und Neujahr die Evangelien nicht gepredigt
worden.

12 Llanauer KO 1573: + und hesonders der zuhörer, so
in dieselbige pfar gehören.

13 Meinste = häufige Nehenform zu meiste. KO 1582,
§ B 9 wurde eingeschärft, daß die Predigten nach der
KO auf die Ehre Gottes, das einfeltigste usw. ge-
richtet sein sollten und daß der ganze Gottesdienst
nicht länger als eine Stunde dauern dürfe.

Yeit Mögner in Langenburg wurde am 5. 1. 1588 he-
schuldigt, trotz Ermahnung regelmäßig länger zu
predigen. Er rechtfertigte sich, daß die Sanduhr an
der Kanzel nur eine % Stunde anzeige. „Weil ich nun
ires ablaufens erwarte, mainen sie, ich hab die stund
nie ohserviert.“ Graf Wolfgang hahe gesagt: „ein
stund zu predigen gehe wol hin.“ Es sei „nit so
plumps abzübrechen und dem H. Geist ein maul-
korh anzulegen“. Das Volk habe Christus drei Tage
lang zugehört (Mk 8, 2)!

14 Text in Kapitel 7.

15 Das nachfolgende Gebet aus Württ. KO 1559 (Bl.
82h 83a).

16 Württ. KO 1559: + unsers herrn Jesu Christi.

17 „sampt uns“ fehlt Württ. KO 1559.

18-is Fehlt württ. KO 1559.

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