Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0347
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vermahnungen vom Abendmahl

lebendigen trost[204b]brunnens uein notwendige
und köstliche 11 gabe Gottes 12, dardurch die er-
schlagnen 13 hertzen in den allerschweresten leib-
lichen und geistlichen anfechtungen, am allermei-
sten aber von wegen der sünd, des Teufels, tods und
hellenangst, ein warhaftige und gnugsame labung
haben. Sonderlich aber 14, weil der Teufel mit sol-
chen versuchungen und geistlichem durst auch die
gotseligen on unterlaß antastet und peimget, so ist
derwegen 15 vonnöten, daß der brunn des geistlichen,
lebendigmachenden wassers für und für in der kir-
chen laufe, daß alle geengstigte gewissen in iren
nöten darzu laufen und sich damit laben mögen und
in dem allerheftigsten leyden nicht verzagen.

Xun ist aber das heilig nachtmal ein solche geist-
liche speiß und trank, dardurch der mensch, so ers
recht nach der reinen lehr des evangelii braucht,
in allem geistlichen hunger und durst, das ist, in
allen anfechtungen mög reichen trost und er-
quickung haben. Dann hierinnen haben wir nicht
allein ein bloß gotteswort, sondern auch ein sichtbar-
lichs wort Gottes, wie alle sacrament sein, das ist
eusserlich, sichtbarlich wein und brod, so mit Gottes
wort verbunden sein, auch nach desselben warheit
Christi leib und blut, und das, so er mit solchem leib
und blut erworben hat, das ist, das leben und ver-
gebung der sünden 16. [205]

3. Neben dem sol man umb der jungen welt willen,
die täglich herzu wechst, weil 17 die alten abgehn und
sterben 18, die lehr vom nachtmal für und für lassen
im schwang gehen, auf daß die christliche lehr (im
nachtmal begrieffen) von kindern auf kindskinder
und also für und für biß an jüngsten tag erhaiten

11-11 Hofmann: ist weit ein andere notwendigere und
köstlichere.

12 Joh 4, 14.

13 = zerschlagen, niedergeschlagen. Hofmann: zer-
schlagenen.

14 Statt „sonderlich aber“ bei Hofmann: Und.

15 Fehlt Hofmann.

15 Hofmann (S. 91): + Wer wolt nun mebr zweifeln an
der gnade Gottes, leben und vergebung der sünden,
der solcher güter aller durch die teuwre hohen under-
pfand deß beiligen leibs und bluts Christi versichert
ist.

17 Hofmann: ob schon.

18 Hofmann: zum alten haufen ziehen.

19 Hofmann fehlerhaft: todt (bs. verbessert).

20 = Berufung, Bestimmung.

werde. Dann wie wir nicht allein für uns bawen,
pflantzen und andere werk außrichten, sondern auch
unsern kindern und nachkommen zu gutem, wie
auch unsere eltern gegen uns getan haben, also soll
ein jeder fleiß brauchen, sovil an im ist, das auch
die reine lehr vom heiligen evangelio und heiligem
sacrament des nachtmals erhalten werde umb der
nachkommen willen, auf daß wir unserm Herrn
Gott, wenn wir absterben, andere leut auf erden
lassen, die im dienen und verehrn nach seinem
wort 19 und gestiften sacramenten.

4. Und zwar solches ist nit allein umb unserer
nachkommenden willen, sondern auch unserer selbs
halb gantz notwendig. Dann wo man die reinen lehr
vom christlichen glauben und sacramenten nicht
immerzu treibet und ubet, so hats der Teufel bald
auß unserm hertzen gerissen, als solche ding, die
unser vernunft und verstand aller ding unbegreiflich
sein.

5. Es ist auch unser beruff 20, daß wir in christli-
chem glauben und leben sollen je lenger je mehr zu-
nemen [205 b] und gesterkt werden. Darzu dienet
und ist notwendig die reine lehr und rcchte ge-
brauch des heiligen nachtmals. Dann gleich wie man
wolriechender blumen kraft sovil sterker reucht 21,
je neher man zu inen kompt, dieselben angreift,
truckt und zureibt, also auch, je mehr wir uns mit
dem rechten gebrauch des heiligen nachtmals und
lehr des evangelii, welches summa denn im heiligen
nachtmal begriffen ist, uben, je sterker wir im glau-
ben und verstand des christlichen wesens werden.

22 6. So wissen wir uber das alles, wie grewlich der
Teufel diß sacrament mit mißbrauch und mißver-

21 Flexion: ich rieche, er reucht (Grimrn 8, 910). Hof-
mann: schmeckt.

22-22 j-Iofmann (S. 93-96): Demnach so last uns mit al-
lem gehürlichem fleiß die lehr vom heiligen nachtmal
zum oftermal anhören, tief zu hertzen führen und
darnach dasselbig gebrauchen, damit wir nicht
allein Gott ehren, unsern nachkommen dienen, son-
der auch unsern glauben sterken und im christlichen
leben gebessert werden, durch Jesum Christum
unsern herrn, welchem sey sampt dem Vatter und
Heiligen G-eist lob, ehr und preiß in ewigkeit. Amen.
Secunda conciuncula. De coena Domini.

Ihr geliebten im herrn Christo. Wiewol in eusser-
lichen ceremonien und kirchengebrengen, welche für
sich seibst unserer seligkeit nichts geben noch neh-
men, nicht allerding in den christlichen versamb-

329
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften