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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0460
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32. Kirchen,- und Schulordnungen 1582

zur straff geben, iren ältern herrn, meister uncl
frawen angefordert, die aucli solche jedesmals un-
weigerlich zu erlegen schuldig sein sollen.

Wurden aber die kinder, junge gesellen oder mägd
in gerten oder sonsten uf dem veid den leuten zu
schaden befunden, so sollen dieselbige neben gebuer-
lichem abtrag des schadens und nach gelegenheit
deßelben darzu mit dem narrenhaus 6 gestraft wer-
den.

Und wöllen wir hiemit einem jeden amptsdiener
bey seinen pflichten 7 und aiden, auch unserer straff,
uferiegt haben, in seinem ampt die anstellung zu
tun, das daruf gute achtung gegeben und vleisig er-
kundigt werd, aus welchem haus diese unsere ord-
nung uberdretten und ihre kinder und gesind böß-
lich und fursetzlich die catechißmipredigten nicht
besuchen. Welche obvermelte straff auch er, unser
amptsdiener, dennechsten 8 erfordern uncl einziehen,
denjenigen, so iemand anzeigt, clas halbteil darvon
erstatten und, was clie hausvätter und hausmuter
fur ihre ehehalten betzalen, sie inen solches an irem
lohn wider abrechnen, und unsere amptsdiener nie-
mand nichtzit daran nachlaßen sollen f, sonder das
ander halbteil straffgelts in das almusen legen oder
sonsten den heiligenpflegern 9 geben, das in ihre
rechnung einzuschreiben, in ihre ausgab zu ge-
brauchen oder under die kinder in catechißmo aus-
zuteilen haben, welches unser verbott auch jerlichs,
so oft es die notturft erfordert und den pfarrherr
gutbedunkt oder begert, wicler ernewert und mit
allem ernst daruber gehalten werden solle.

f Prot. 1581, Art. 17 hat nur den kurzen Schluß:
Deßwegen dan jeder orts obrigkeit wol die anord-
nung zu tun wurt wißen, darmit man erkundige,
in welchem hauß solche ordnung uberdretten, das
von denselbigen die straff unnachleßlich einge-
zogen mocht werden.

e Der Abschnitt beruht auf entsprechenden Yor-
schlägen in Prot. 1581, Art. 38.

h Prot. 1581, Art. 38: Nachdem auch die kirchen-
diener bericht begert, wann der liebe Gott ein
gutte ernd oder herbst gegeben oder sonst in ge-
mein gesegnet, ob sie nicht dörften auch mit einer
besondern form ein offendliche danksagung der
kirchen Gottes furlesen... Der folgende Satzteil
bis „aufgemundert“ aus Prot. 1581.

6 Polizeigefängnis für leichte Delikte, für Weiber und

Unmündige (Fischer 4, 1952).

7 = Eiden.

[2.] Vom gebett bey dem catechißmo und
wann reiche ernd oder herpst werden g

Nachdem nit allein löblich und nutzlich, sonder
auch in anderer furnehmen reichstenden kirchen
gebreuchlich, das bey der kinderlehr nach endung
derselben ein christlich gebett, so furnemblich uf die
liebe jugend und derselben lehr gerichtet, gespro-
chen 10, dergleichen christlich und löblich, das dem
allmechtigen Gott fur die reuliche ernten und
herpst dank gesagt hu, als dardurch Gott zu mehrern
guttaten gegen uns gereitzt und das volk zu noch
mehrer dankbarkeit aufgemundert, so haben wir
unsern kirchendienern zu Oringew bevelch geton,
mit einhelligem rat eine gemeine gebuerende, doch
kurtze form zu begreifen uncl den superintendenten
zuzuschicken, die hernacher solche iren under-
gebenen pfarrherrn zustellen, deren sich furters alle
kirchendiener in der gantzen grafschaft gebrauchen
sollen, auf das nit ein jeder etwas besonders aus
seinem kopf machen tue.

[3.] Vom gottslestern uncl andern grewlichen
gemeinen lastern

Nachdem wir auch aus den gehaltenen visitatio-
nibus befunden, das die offendliche erschreckhche
laster, furnemblich aber das gotslestern, fiillerey,
untzucht und dergleichen, an vielen orten heftig
einreißen, und darumb nit unbillich der allmechtige

8 = den nächsten (weg), unverzüglich, sogleich.

9 = Verwalter des Heiligen, des Kirchenvermögens.

10 Z.B. Württ. KO 1559, Bl. 47b. - Von der Walden-
burger Herrschaft wurde ein Gebet aus der Postille
Musäus’ vorgeschlagen fNr. 25, S. 272, Anm. t). Im
Elpersheimer Es. der KO 1578 findet sich unter dem
Übergabevermerk (16. 11. 1578) ,,Ein schön gebett
fur die christliche jugend etc. D. J. Avenarii.“ Jo-
hann Avenarius (IJabermann, 1516-90) gab „Christ-
liche Gebeth für allerley Not vnd Stende der gantzen
Christenheit außgetheilet auf alle Tage in der Woche
zu sprechen“ heraus, eines der weitest verbreite-
ten luth. Gebetbücher. (RGG 3, Sp. 7.) Das Gebet
beginnt: Barmhertziger Gott, ewiger Vatter, der du
die kinder liebest...

11 Dergleichen = und ebenso; reulich = reichlich.
Mögner in Langenburg berichtete 1588 (Lang LXXI
30, 1), es sei früher von Neuenstein u.a. ein Gebet
,,für reichen segen“ zugeschickt worden.

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