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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0462
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32. Kirchen- und Schulordnungen 1582

nembiich clie schuelmeister achtung geben uncl ihre
schueler auf solche maß weisen, das sie die meuler
auch nit weit aufsperren oder zu stark schreien, son-
cler mit mittelmesiger stim singen sollen m.

Verners wöllen wir, clas in allen pfarrkirchen, fur-
nemblichen aber in den stetten, an sonn- und feyer-
tagen nach mittag ein viertel oder halbe stund zeit-
licher zum catechißmo geleutet und dieselbige zeit
allein mit psalmensingen zugebracht bis die precligt
oder das exercitium des catechißmi angehet, uf das
der jugend das gesang etlichermaßen eingebildet 11,
auch lernen uncl gewonen mögen.

Uncl clamit sie solche soviel als der mehr begreifen,
sollen die kirchendiener und schuelmeister sich be-
fleisigen, das sie gemeine 16 und wolbekante, leichte
psalmen und geist-liche lieder singen, die dem volk
bißhero bekand gewesen, bis sie cler newen geseng
auch gewonen uncl mitlerzeit eines nach dem andern
lernen kennen 0. Inmaßen wir dann unsern kirchen-
diener zu Oringew albereit bevelch geton, aus Pden
psalmen- und gesangbuchern p einen auszug zu
machen, was fur geseng uf jeden sonn- und feyertag,
hohe fest uncl freytag (< vor und nach den predigten
cles morgens und zu mittag und also das gantze jar
aus nutzlich und leichtlich zu singen seien, clie sie
auch furters einem jeden superintendenten zusen-
den 17, welcher volgencls solche seinen anbefohlenen
pfarrherrn, kirchenclienern und schuelmeister zu-
stellen und, das sonsten keine andere in den kirchen
gesungen werden, mit vleis daruber halten.

m Entsprechender Absatz wurde bei Prot. 1581,
Art. 21 zugefügt.

n Bis hier der Absatz entsprechend Prot. 1581, Art.
21, Abs. 2, aber dort nur: in den stetten.

0 Dieser Abschnitt entsprechend Prot. 1581, Art. 21,
Abs. 3, dort: mit der zeit. Der folgende Abschnitt
bis ,,zu singen seien“ in Prot. 1581, Ai’t.21 entspre-
chend am Rande zugefügt.
p-p Prot. 1581: dem psalmenbuch, verbessert: den
psalmenbuchern.

q-q prot. 1581: und also alle predigten.

r Bis hierher erweiterteBearbeitung von Prot. 1581,
Art. 21, Abs. 4: Zum 4. möcht auch die obrigkeit
dem jungen gesind ernstlich getrawet [gedrohet]
werden, kein dantz zu gestatten, biß sie das ge-
sang gelernet, so in der kirchen gebreuchlich und
auf beraumbte zeit ihnen zu lernen mocht bevol-
hen werden.

Eß sollen auch unsere amptsdiener in iren anbe-
fohlenen emptern an unser statt verkunden und ge-
bieten laßen, das sich die undertanen, alte und junge,
knecht und mägd, im gesang vleisig uben, sich deßen
nicht schemen, sonder lernen sollen. Dann da claßel-
big nicht beschehe uncl uns zur nechsten visitation
wider clag furkommen solte, seien wir endlich be-
dacht, inen das dantzen, kleinother 18 und andere
kurtzweil nit mehr zu gestatten r, sonderlich denen,
die in der kirchen gar nicht singen tetten. Alßdann
auch unser endliche meinung uf solchen fall dem-
selben nachzusetzen, auch wo vonnotten andere
ernstliche mittel gegen clen ungehorsamen zu ge-
brauchen.

sDeßgleichen sollen sie in den kunkelstuben und
vorsitz 19, so sie im winter halten, keine andere lie-
der, dann psalmen uncl geisthche Ueder singen, bey
unserer straff. Da sie dann sonclerlich in den stetten
und clörfem einen jungen knaben aus den schuelen,
so des psalmensingens fertig, woll dartzu gebrau-
chen kende R darumb dann auch unsere amptsdiener
den wechtern ernstlichen uflegen und in ir pflicht
einbinden sollen, vor denen heusern, darinnen also
vorsitz gehalten, vleisige achtung zu haben und, da
sie hören wurden, das man andere lieder dann geist-
hche singen, clas sie inen solches dennechsten 20
antzeigen. Es sollen auch die eheleut oder hausvätter
und -mutter, da sie vorsitz halten, ein solches nicht
gestatten oder selbsten daran sein, clas nur geist-
liche psalmen gesungen werden.

s In A (hellere) Klammer (als Zeichen für die Strei-
chung des folgenden).

4 Bis hierher Abschnitt entsprechend in Prot. 1581,
Art. 21, Abs. 5. Das folgende neu.

16 = gewöhnliche, allgemein bekannte.

17 Die Fassung im Befehl für Öhringen (Nr. 31, § 1 8)
entspricht eher den Yerhältnissen.

18 Kleinod = Preis im Wettkampf (Schießen, Wett-
rennen u.a.) (Fischer 4, 480).

19 Kunkelstube = Spinnstube als Ort der abendlichen
Zusammenkunft der Spinnerinnen und jungen Bur-
schen im Winter, auch diese Zusammenkunft selbst
(Fischer 4, 848). Vorsitz, Vorsez = abendliche Zu-
sammenkunft, besonders auch in der Spinnstube
(Fischer 2, 1672f.).

20 = den nächsten, unverzüglich, sogleich.

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