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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0510
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32. Kirchen- und Schulordnungen 1582

Dieses buch wurd nutz sein, wan die kirchen- und
schuldiener bey der herrschaft umb dienst anhalten,
das solches alles von inen befragt und aufgeschrieben,
ehe sie zue diensten aufgenommen werden, darin man
iderzeit irenthalben sich daraus berichtes erholen, wan
solcher personen meldung beschehe oder etwas ein-
fallen möchte.

[5.] Von immunitatibus und freyheiten
der kirchendiener * 1

Und darmit unsere kirchendiener sich vor und neben
unsern undertanen desto weniger zue beschweren, aber
wol ires ambts zue getrösten und zu erfrewen 2, und
anfenglich, woefern sie zuegleich andern unsern under-
tanen in sachen, ire person belangend, actionibus per-
sonalibus, vor den gerichten, da sie der kirchen dienen,
zue recht stehen sollen, ihnen und ihrem ambt dar-
durch vercleinerung ervolgen möchte:

so ordnen und wollen wir demnach, wofern sich
zwischen unsern ambtleuten, 3gerichtspersonen oder
undertanen, einen oder mehr 3, gegen einem pfarrer,
prediger oder diacon 4 spenn oder wiederwillen zue-
truge, das anfengklich die sach und parteyen durch den
superintendenten desselbigen orts neben dem ambts-
diener 5, wofer derselbige nicht ein part oder sonsten
der sachen verwandt ist, oder auch zweyen gerichts-
personen 6 güetlich verhöret, auch understanden werde,
sie mit wissenden und billichen dingen zu verainigen.

Da aber uber solche underhandlung und angewanten
vleiß sie einander rechtlicher forderung nicht erlassen
wolten, soll der superintendens mit dem ambtman 7 an
unsere 8 consistoriales zue hove 8, was sie zwischen inen
gehandlet, wie alle sachen geschaffen und an weme die
guetligkeit erwunden 9, [berichten?]. Daselbsten durcli
sie die consistoriales der parteyen spenn und sachen, so-
vil müglich, guetlich und ohne weitleuftigkeit, auch,

a A: + und.

1 Dies Kapitel erscheint hier als Anhang zur Visita-
tions- und SynodalO. Es stammt aus der Sächs. KO
1580 (Sehlincj 1, 383-385), das in diesem Stück aus
derWürtt. KO 1559 (Bl. 110a-112a, Richter 2, 203f.)
übernommen ist. Es können nur bedeutsamere Ab-
weichungen vermerkt werden.

2 Sächs. KO 1580: + so haben wir sie mit nachfolgen-
den freiheiten begabet. (Fehlt Württ. KO 1559.)

3-3 Sächs. KO (wie Württ. KO): einem oder mehr
unser untertanen.

4 Statt ,,oder diacon“ in Sächs. KO (wie Württ. KO):
diacon oder subdiacon.

5 Sächs. KO: amptman, gerichtsherrn oder collatorn.
Württ. KO: amptman.

6 Sächs. KO 1580: schöppen oder kirchenveter. Württ.

KO 1559: des gerichts.

da die güte nicht statfinde, durch recht, doch ohne lan-
genproceß summarscherweise entscheidenwerden solle.

Was aber ire und ihrer weyber angefallene oder er-
kaufte aigentumbliche erbguetter und dergleichen
actiones reales, spruch und forderung betrifft, sollen
unsere kirchendiener an orten, da andere unsere under-
tanen schuldig sein, recht ze geben und zu nhemen, a
deren austrag gewarten. Aber der hohen frevel und
malefitz halber wollen wir selbsten jedesmals beschei-
den, wie dargegen zu handlen und furzunhemen 10.

Woe sich dan durch schickung des Allmechtigen be-
gebe, das ein pfarrer, diacon, kirchendiener 11 bey
seinem bevholenem und geordnetem ambt sich trew-
lich und vleissig gehalten und in leibskrangheit ge-
fallen oder in ein solch alter geraten wurde, das er
selber sein ambt bey der kirchen nicht verrichten
möchte, soll einem solchen nichtsdestoweniger seine
verordnete besoldigung werden und bleiben, doch
druch den superintenden[ten] diese verordnung be-
schehen, das mit den nechsten ministris die kirchen,
wie deßhalben unser ordnung 12 vermage, versehen
werde.

Dargegen solcher kranker oder alter von seiner be-
soldigung demjenigen, so ine also vertrit, zimbliche
ergötzung 13 nach gelegenheit der sachen und superin-
tendenten erkandnus geben solle.

Im fahl aber die krankheit sich dermassen in die harr
verweylen wolte, das nicht zu verhoffen, 14solcher
diener wider aufkommen 14, und also ohne nachteil der
kirchen dieselbige pfarr, predicatur oder diaconat in
die lengde durch die benachbarten mit notturft nicht
versehen werden möchte, soll derselbige kranke, vleis-
sige und getreue diener 15auf erkantnus unser con-
sistorialn, doch mit unserm vorwissen und verord-
nung 15, mit einem zimblichen leibgeding sein leben
lang bedacht und versehen werden.

Zuedem, woe ein kirchendiener, welcher sich bey

7 Sächs. KO: + erb oder gerichtsherrn. Württ. KO:
+ und zweien vom gericht.

8-8 Sächs. KO: consistorium. Württ. KO: kirchenrat.

9 Erwinden = ermangeln. Vgl. bis hierher Konsisto-
rialO. 1579, Nr. 27, Tit. 6, deren Abschnitt auch auf
die Württ. KO 1559 zurückgeht.

10 Vgl. KonsistorialO. 1579, Tit. 6.

11 Statt „diacon, kirchendiener“ in Sächs. KO 1580
(wie Württ. KO 1559): prediger oder diacon.

12 Sächs. KO (wie Württ. KO): unser nachfolgend
superintendenzordnung. Siehe KO 1582, Nr. 32,
§ C fO Art. 4 (S. 471).

13 = angemessene Entschädigung.

14“ 14 Sächs. KO 1580: daß solcher ... aufkomme.

15-15 Sächs. KO 1580: auf erkentnis des svnodi. Württ.
KO 1559: von unsern kirchenräten.

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