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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0089
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Einleitung

53. Große Kirchenordnung 30. April 1582 (Text Vorrede S. 460)
Die Große Kirchenordnung von 1559 wurde gut 20 Jahre nach ihrem Erscheinen als Ganzes wieder aufge-
legt, da zahlreiche Exemplare der Erstauflage an andere Landesherren verkauft worden waren oder die
Zeitläufte Veränderungen einzelner Bestimmungen erforderlich gemacht hatten.
Aufbau und Inhalt der Ordnung von 1582 folgen der Erstauflage, Veränderungen wurden lediglich bei
einzelnen Punkten vorgenommen454. In der Neuauflage ist erstmals ein in Planung befindliches Kirchen-
gesangbuch erwähnt, in dem sämtliche mit der württembergisch-lutherischen Lehre konformen Kirchenlie-
der versammelt sein sollten. Dieses sogenannte Kleine württembergische Gemeindegesangbuch erschien
1583, fast 50 Jahre nach Einführung der Reformation, als erstes Gesangbuch für das Herzogtum. Bereits
1591 wurde eine Neuauflage dieses Gesangbuchs herausgegeben, von der ein einziges Exemplar, angebunden
an eine Ausgabe der Kirchenordnung von 1589, überliefert ist455. Der Hinweis auf ein Kirchengesangbuch
erscheint auch in der Ausgabe der Gottesdienstordnung von 1602, wobei er sich hier auf das Große Gesang-
buch beziehen muss, das 1595/96 erschien. Dieses umfasst die 108 Lieder der Ausgabe von 1583, ist jedoch
großformatig und prächtiger ausgestattet456. Die Neuauflage der Gottesdienstordnung von 1615 erwähnt
sowohl das Kleine als auch das Große Gesangbuch457.
Die politische Visitation, die in der Großen Kirchenordnung 1559 angeordnet worden war, wurde seit
1580 nicht mehr durchgeführt und der entsprechende Abschnitt erschien daher 1582 nicht mehr in der
Ordnung. Dafür wurde das „Bekenntnis der württembergischen Theologen zum Abendmahl“, das 1560 im
Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Bartholomäus Hagen formuliert worden war (Nr. 43),
vollständig in die Neuauflage aufgenommen. Herzog Ludwig hatte die Zahl der Klosterschulen von drei-
zehn auf zehn verringert458. Für diese entwarf er in der Neuauflage der Großen Kirchenordnung 1582 eine
detaillierte Regelung der humanistischen Lehrinhalte, die den Text von 1559 beträchtlich erweiterten.
Neben dieser Neuauflage der gesamten Großen Kirchenordnung von 1559 initiierte Herzog Ludwig 1589
auch eine Neuauflage ausschließlich der Gottesdienstordnung (Nr. 29), die am 30. April 1589 im Druck
erschien.

54. Ehegerichtsordnung 21. Mai 1586 (Text S. 462)
Bei der Ehegerichtsordnung handelt es sich um einen eigenständigen Text, der nicht auf die Eheordnung
von 1552 (Nr. 30) zurückgeht. Anders als bei dieser, die das grundlegende Eherecht regelte, befasst sich die
Ehegerichtsordnung ausschließlich mit den strafrechtlichen Belangen, die aus der Missachtung des Ehe-
rechts resultierten. Die Strafen bei Ehebruch wurden um peinliche Strafen sowie um die Todesstrafe im
Wiederholungsfall erweitert459. Brenz hatte bereits 1536 in seinem Entwurf zur Eheordnung drastische
Maßnahmen gefordert460. Die Todesstrafe beim viermaligen Ehebruch erscheint auch schon in den würt-

454 Zu den Veränderungen innerhalb der Gottesdienstord-
nung siehe Nr. 29 S. 42ff.
455 Pfarrbibliothek Metzingen, vgl. Reformation in Würt-
temberg, S. 146. Zu Entstehungsgeschichte und Inhalt
siehe Bossert, Gesangbuch, S. 58-63; Rössler,
Gesangbuch-Geschichte, S. 44-76; ders., Gesangbuch,
S. 94-109, 127-133; ders., Kirchengesangbuch,
S.190-206.

456 Vgl. Rössler, Gesangbuch-Geschichte, S. 76-82; ders.,
Gesangbuch, S. 133-139.
457 Vgl. Reformation in Württemberg, S. 146f.
458 Ehmer, Humanismus, S. 129f.; Lang, Klosterschulen,
S. 80ff.
459 Erbe, Ehescheidungsrecht, S. 108.
460 Siehe Nr. 5; vgl. Köhler, Ehegericht II, S. 249f.; ders.,
Anfänge, S. 299f.; Hesse, Ehescheidungsrecht, S. 70;
Stälin, Wirtembergische Geschichte IV/2, S. 819.

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